Wenn der smarte Herr in Frack und Zylinder klingelt, wird es für
viele schwierig, sich elegant aus der Affäre zu ziehen – denn der
„Cobrador del frac“, der Kassierer im Frack, ist ein
Geldeintreiber. Und der wird wiederkommen, so lange, bis alle
Schulden beglichen sind. Erfolgsquote: laut Firmenangaben 70
Prozent.
Galt bislang generell die Zahlungsmoral in Spanien als nicht
sehr gut, so hat die Krisensituation ein Übriges getan: Die Branche
der Schuldeneintreiber boomt. „Wir haben einen Zuwachs von 50
Prozent“, sagt Juan Carlos Granda, kaufmännischer Direktor im
Hauptsitz von Marktführer „Cobrador del frac“ in Barcelona, zehn
Mitarbeiter seien für die Balearen abgestellt – Tendenz
steigend.
Und warum die Verkleidung? Das öffentliche Bloßstellen des
Schuldners, der so augenscheinlich unangenehmen Besuch bekommt,
soll diesen schneller dazu bringen, die ausstehende Summe zu
begleichen. Der elegante Frackträger ist hier sogar noch die
unauffälligste Variante. Andere Firmen lassen Clowns vorfahren,
stellen laut trällernde Minnesänger ab oder schicken Boten mit
Megaphonen, um ihre Forderungen lauthals vorbringen zu können.
Immer mit dabei: Ein Köfferchen und ein Firmenwagen mit dezentem
Großaufdruck „Schuldeneintreiber“. Das Unternehmen „El zorro
Cobrador“, das in Palma eine Dependance betreibt, schickt sogar
Männer im Zorro-Kostüm.„Ursprünglich kommt die Methode aus Holland,
dort waren es Männer mit einer spitzen Tüte“, erinnert sich Werner
Hoyer, „in Deutschland gelten solche Mittel aber nach einem Gesetz
des Bundesgerichtshofes als Nötigung und sind verboten. In Spanien
scheint man liberaler zu sein – und vor allem scheint diese Masche
viel Erfolg zu haben.“ Der 59-Jährige betreibt seit 2002 das
„Moskau Team“, früher „Inkasso Team Moskau“. Er und seine Männer
würden dann eingreifen, wenn ein Inkasso-Unternehmen gescheitert
sei: „Die schreiben ja meist nur ein Briefchen.“ Die Arbeit seines
Teams sei mit der eines Detektivbüros zu vergleichen, „wir haben
schon angeblich Arbeitslose auf dem Bau angetroffen oder bei
Mittellosen eine Lebensversicherung aufgetan“.
Rund alle drei Monate hat das Unternehmen mit Zentrale in
Hannover einen Einsatz auf der Insel. „Viele setzen sich hierher
ab, weil sie sich auf Mallorca sicher fühlen. Das hat den Vorteil,
dass sie meist so überrumpelt sind, dass sie schnell zahlen.“ Die
Erfolgsquote liege bei rund 80 Prozent. Das Vorgehen des Teams ist
dezenter, ein offizielles „zum Affen machen“, was auch verboten
wäre, gibt es nicht. „Meine Männer wissen sehr gut Bescheid, was
man darf und was man nicht darf“, betont Hoyer.
Respekteinflößend jedenfalls sehen die kahlgeschorenen
muskelbepackten Männer, teils aus Russland, England oder dem Iran,
„meist aus dem Sicherheitsgewerbe“, durchaus aus. „Man sieht ihnen
jedenfalls an, dass sie nicht ängstlich sind.“ Den großen Boom
spüre Hoyer aufgrund der Krise noch nicht, allerdings sei bereits
abzusehen, dass der sich anbahne. Auch Ramon Ademes, Leiter der
Detektei und Inkasso-Firma „TST“ in Köln, bietet aufgrund der
wachsenden Nachfrage – er spricht von 30 Prozent Zuwachs, seine
Dienste mittlerweile auch auf der Insel an. Wie er vorgeht, möchte
er nicht verraten – allerdings distanziere er sich von sämtlicher
„Angstmache“, setze vor allem auf Recherche. Muss aber gleichzeitig
einräumen: „Es gibt durchaus Leute, bei denen wirkt nur die andere
Methode.“ Ihn kontaktieren vor allem geschädigte Privatleute, oft
handelt es sich um Schulden im Informatikbereich.
Laut Juan Carlos Granda sind die Aufträge des „Cobrador del
Frac“ auf den Balearen meist geschäftlicher Natur – vor allem aus
dem Baugewerbe.
Auch viele deutsche Schuldner und Gläubiger seien darunter: „Wir
haben einige Mitarbeiter, die Deutsch sprechen – ansonsten geht es
mit Englisch. Aber glauben Sie mir, wir sind noch immer verstanden
worden ...“
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