Die Zuversicht der Spanier ist unerschütterlich: 70 Prozent von
ihnen bezeichnen ihre finanzielle Situation als gut oder sogar
hervorragend. Das besagt zumindest der internationale
„Vertrauens-Index”, den das Marktforschungsinstitut AC Nielsen
regelmäßig veröffentlicht. Im krassen Gegensatz dazu stehen
allerdings die beschwörenden Appelle von Finanzexperten und
Verbraucherschützern an die spanische Bevölkerung, sich nicht immer
weiter zu verschulden. Im Juli erst ist die Hypothekenlast der
Spanier auf Rekordhöhe gestiegen: Mehr als 530 Milliarden Euro
schulden sie den Banken allein für ihr auf Pump gekauftes
Eigenheim.
Zu besonderer Sparsamkeit an anderer Stelle führt dies
allerdings nicht: Ein gebrauchtes Auto zu kaufen, ist hierzulande
immer noch unüblich. Dem Neuwagenmarkt geht es hervorragend. 465
Millionen Euro haben die balearischen Konzessionäre der
Automobilhersteller in den ersten acht Monaten 2006 umgesetzt. Kein
Wunder, locken die Banken doch mit immer neuen
Finanzierungsmodellen: Oft ist noch nicht einmal eine Anzahlung
vonnöten, und das Abstottern währt nicht selten länger als ein
ganzes Autoleben.
Wer dagegen hofft, durch den Kauf eines Gebrauchtwagens billiger
davonzukommen, wird oft enttäuscht. Das Angebot ist ungefähr so
dünn wie die Nachfrage, der Markt kleinräumig und schlecht
organisiert – dementsprechend hoch sind die Preise. Genau hier
sehen Ilona Nowak und José Cascajosa ihre Chance. Die beiden
versuchen seit dem vergangenen Frühjahr den ersten
Gebrauchtwagenmarkt Mallorcas auf die Beine zu stellen. Jetzt
verbringen sie ihre Sonntage auf dem Parkplatz am Festival-Park
Marratxí: Gegen eine Standgebühr von 15 Euro darf hier jeder sein
Auto anbieten.
„Wegen des schlechten Wetters ist heute wenig los”, sagt
Cascajosa. Nur vereinzelte Grüppchen haben sich auf das Gelände vor
den Toren Palmas verirrt und mustern das runde Dutzend regennasser
Fahrzeuge. „Man muss die Leute erst an die Mentalität heranführen”,
sagt Cascajosa. Manch einer komme mit völlig falschen Vorstellungen
und biete seinen Gebrauchten zu absolut überzogenen Preisen an. Sie
muss Cascajosa dann erst einmal auf den Boden der Tatsachen
zurückholen. Für 500, aber auch für 40.000 Euro sollen hier schon
Autos ihren Besitzer gewechselt haben.
„In Deutschland sind Gebrauchtwagen wesentlich günstiger als in
Spanien”, sagt Michael Seemeyer, der sein Geld damit verdient,
Autos zwischen Mallorca und Deutschland hin und her zu
transportieren. Bei jeder seiner wöchentlichen Fahrten habe er
Gebrauchtwagen aus Deutschland auf dem Lkw. Meist seien es Autos
aus der Oberklasse mit besonderer Ausstattung, häufig Geländewagen.
„Sogar mit Transportkosten aus Deutschland sind die noch günstiger
als die von der Insel.” Außerdem seien sie meist besser in
Schuss.
Auf Mallorca sind Autos ohne Beule die große Ausnahme. Unter
seinen Kunden sind sowohl Autohändler als auch Privatkunden, sagt
er., fündig würden sie oft bei Autohäusern – wer dort kauft, kommt
in der Regel in den Genuss der EU-weiten Hersteller-Garantie.
Auf den Import von gebrauchten Oberklasse-Autos aus Deutschland
setzt Wolfgang Pink von der Firma Moreac in Santa Ponça.
Preisklasse: zwischen 25.000 und 40.000 Euro. „Hier ist der Bedarf
riesig”, sagt er.
Und so blüht der Import gebrauchter Autos aus Deutschland nach
Mallorca. Kurios, ist doch die Insel eigentlich wie geschaffen für
einen florierenden Gebrauchtwagenmarkt: Immerhin umfasst allein die
Flotte der Mietautos mehr als 20.000 Fahrzeuge, und die Vermieter
pflegen ihren Fuhpark einmal im Jahr komplett auszutauschen. „Das
ist einfach viel mehr, als auf Mallorca verkauft werden kann”, sagt
der Chef eines großen Autovermieters auf der Insel. „Das
potenzielle Angebot gebrauchter Autos übertrifft bei weitem die
Nachfrage.”
Also landet nur ein Bruchteil der ausrangierten Mietwagen-Flotte
Mallorcas auf dem hiesigen Gebrauchtwagenmarkt. Und der Rest? Der
wird exportiert. Wohin? Unter anderem nach Deutschland. Laut der
Statistik des balearischen Handelsministeriums wird nichts in dem
Umfang dorthin ausgeführt wie Autos.
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