Dass die Polizei auf Mallorca einen Serien-Vergewaltiger
verhaftet – wie jetzt in Palma geschehen –, ist die große Ausnahme.
Denn typisch ist der Fall des Mannes nicht, der in den vergangenen
Tagen sechs Frauen angegriffen haben soll. Laut Guardia Civil sind
mehr als 90 Prozent der Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung
werden, Touristinnen, und meist sind die Täter ebenfalls als
Urlauber auf der Insel.
Oft fängt alles ganz harmlos an, erklärt ein Polizeisprecher in
Palma: Beim Feiern bahnt sich der erste Flirt an, es wird eifrig
gebechert und schließlich endet die unverbindliche
Urlaubsbekanntschaft in einem Horrorszenario.
Allein in den Sommermonaten hat die Polizei 20 Vergewaltigungen
auf Mallorca registriert, wobei die Dunkelziffer deutlich höher
liegen dürfte: Längst nicht jedes Opfer zeigt die Tat auch an. So
haben beim deutschen Konsulat in Palma laut Konsulin Karin Köller
in den vergangenen vier Jahren höchstens fünf betroffene Frauen um
Hilfe gebeten. Dabei gehören laut Polizei vor allem deutsche und
britische Urlauberinnen zu den Vergewaltigungsopfern.
Besonders viele Übergriffe gebe es in den Touristenorten Magaluf
und Palmanova, im Rest der Insel sind vor allem Pollença und
Alcúdia betroffen.
Spanienweit ist die Zahl der registrierten Fälle in den
vergangenen Jahren stark angestiegen: Laut Daten des
Innenministeriums kam es im Jahr 2005 in 7207 Fällen zu
Vergewaltigungen, sexueller Nötigung oder zu sexuellem Missbrauch.
1997 lag die Zahl noch bei 5647. Auf den Balearen hat die Polizei
im vergangenen Jahr 281 sexuelle Übergriffe gezählt, in den Jahren
davor waren es 283 und 281 Fälle.
„Natürlich haben diese Delikte bei uns Vorrang”, sagt der
Polizeisprecher: „Eine Vergewaltigung ist eben etwas anderes als
ein Handtaschenraub.” Viel tun kann die Polizei aber nicht. Oft
geschehen die Übergriffe in Hotelzimmern, und die Beamten sehen
sich bei der Befragung von Opfer und Täter häufig mit
unterschiedlichen Versionen konfrontiert. Und die reichen von der
Beteuerung, beide hätten den Geschlechtsverkehr gewollt, bis zum
Vorwurf der Vergewaltigung.
Auch die Präventionsarbeit der mallorquinischen
Frauenschutzorganisationen kann gegen die sexuellen Übergriffe in
den Touristenorten wenig ausrichten. Sowohl die unabhängige
Organisation „Lobby der Frauen” als auch das Fraueninstitut der
Balearen-Regierung konzentrieren sich auf die Bekämpfung der
häuslichen Gewalt. Laut Daten des spanischen Zentrums zur
Gewaltforschung Königin Sofía sind in Spanien im laufenden Jahr
bereits 37 Frauen von ihrem Lebensgefährten um gebracht worden.
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