Die Qual der Wahl – welche Schule für mein Kind, und lernt es
dort auch genug – bereitet mitunter in Deutschland Kopfzerbrechen.
Auf Mallorca kann die Entscheidung für deutschsprachige Residenten
zur Tortur werden. Denn das Angebot an privaten, staatlichen und
halbstaatlichen Schulen ist groß. Soll man sein Kind auf eine
deutsche, spanische oder internationale Schule geben?
Die beiden auf Mallorca existierenden deutschen Schulen befinden
sich nach wie vor in der Aufbauphase, sie führen (noch) nicht zum
Abitur. Deutsche Auslandsschulen, wie sie in Madrid, Barcelona und
anderen spanischen Großstädten selbstverständlich sind, existieren
auf der Insel nicht. Bleiben die spanischen und internationalen
Schulen. Dort findet der Unterricht auf Spanisch (wenn nicht sogar
ausschließlich auf Catalán) beziehungsweise auf Englisch statt.
Können deutschstämmige Kinder auf diesen Schulen neben all den
zweifellos vorteilhaften Fremdsprachen auch die eigene
Muttersprache ausreichend in Wort und vor allem Schrift
erlernen?
Die Schulentscheidung auf Mallorca ist neben einer Kostenfrage
auch immer eine Risikoabwägung in bezug auf die spätere Zukunft der
Kinder. MM sprach mit Eltern über ihre langjährigen
Erfahrungen.
Doron Spinner ist dabei längst aus dem Schneider. Seine beiden
Kinder, die 20jährige Ilanit und der 18 Jahre alte Ruven, haben das
Abitur längst in der Tasche, studieren derzeit in den USA und
Großbritannien. Der Unternehmer aus München hatte seine Kinder vor
rund zehn Jahren hier auf einer englischsprachigen Privatschule
eingeschrieben. „Uns war klar, dass unsere Kinder später in den USA
studieren sollten, weil die dortigen Unis spitze sind.”
Im Rückblick lobt Spinner die Schulzeit seiner Kinder auf der
Insel. „Sie gingen hier sehr gerne zur Schule; ohne jeden Stress.
Es war Easy-going. Ganz anders als bei mir früher”, erinnert sich
der Vater. Der Unterricht verlief harmonisch, nahezu
freundschaftlich. „Für unsere Kinder waren das glückliche Jahre.”
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Von ihren Lehrinhalten her
sei die Schule „katastrophal” gewesen. „Die Abschlüsse hier werden
nicht annähernd einem deutschen Abitur gerecht.”
Kritik übt Spinner auch an der Lehrerschaft: Die waren meist
jung (also wenig erfahren und billig), und sie wechselten oft (es
mangelte also an Kontinuität). Andererseits gab es pensionierte
Kräfte, die sich ein Zubrot verdienten („Der Mathelehrer meiner
Tochter war 80 Jahre alt”).
Was also tun? Doron Spinner griff zur Eigeninitiative: Den
mangelhaften Sportunterricht kompensierte er für seine Kinder durch
Tennisstunden und Tauchkurse. Auch musisch erhielten die Kinder
zusätzlich Unterricht. Ebenso gab es Privatlehrer, etwa in
Mathematik. Über Politik, Geschichte und Wirtschaft wurde viel im
Familienkreis diskutiert.
Früh organisierte der Vater auch Praktika für die Zöglinge. „Bei
drei Monaten Sommerferien kein Problem.” Wenn Eltern mitarbeiten
und ausgleichen, was den hiesigen Schulen an Lehrinhalten und Druck
fehlt, so Spinner, dann ist die Schulzeit auf Mallorca für Kinder
phantastisch. Sein Fazit: „Die Vorteile der Schule hier sind so
gut, dass sie die Nachteile ausgleichen – wenn der Einsatz der
Eltern dazukommt.” Einen Fehler räumt Spinner allerdings ein: „Wir
haben zu wenig Deutsch-Schreiben geübt.”
Wie Doron Spinner ist auch Theresa Strasser teilweise aus dem
Schneider. Ihr ältester Sohn studiert seit Herbst in Wien
Maschinenbau. Er durchlief vom Kindergarten bis zum Abitur eine
spanische Privatschule in Magaluf. „Wichtig ist, dass die
Abschlüsse der Schule vom spanischen Staat anerkannt sind. Das ist
bei den internationalen Schulen nicht immer der Fall.”
Die spanische Hochschulreife lasse sich jedoch EU-weit
homologisieren. In Sachen deutscher Rechtschreibung hätte sie ihren
Sohn allerdings noch besser vorbereiten sollen, sagt sie im
nachhinein. Der muttersprachliche Unterricht an der Schule habe zu
kurz gegriffen. „Es ist wichtig, möglichst früh viel Deutsch zu
machen, vor allem eben Orthographie.”
Damit ihre Kinder gut Deutsch schreiben können, schulte Viviane
Borsani ihre Töchter, heute zwölf und dreizehn Jahre alt, auf der
deutschen Schule in Magaluf ein. „Es war mir wichtig, dass sie ihre
Muttersprache richtig lernen, ein Gefühl für sie bekommen.” Jetzt,
nach der Grundschule, gehen aber beide der Mädchen auf eine
englischsprachige Schule. „Wir möchten, dass sie eine
internationale Erziehung und Ausbildung erhalten.” Wert legt die
Mutter auf fundierte Fremdsprachenkenntnisse. „Die Kinder sind
dadurch nicht auf Deutschland fixiert, sind später flexibel, was
das Studium anbelangt.”
Für Ernst Martin wiederum ist eine fundierte Ausbildung in der
eigenen Muttersprache ausschlaggebend. Darum gehen seine Kinder
seit Jahren auf die deutsche Schule in Magaluf. „Dadurch soll ihnen
der Rückweg nach Deutschland offenbleiben. Ihre künftige
Ausbildung, das Studium geht sicherlich in Deutschland weiter.”
Anja und Manfred Hälbig setzten ganz auf das spanische
Schulsystem, als sie ihre Kinder vor acht Jahren ohne jede
Sprachkenntnis in Inca einschulten. Nun wird die Ältere in zwei
Jahren Abitur machen, beide Mädchen sprechen fließend Deutsch,
Spanisch und Mallorquín. „Die Einschulung war gut für ihre
Integration. Sie gehören heute einfach dazu”, sagt die Mutter.
„Mitunter heißt es, Nicola und Julia haben zwar einen komischen
Nachnamen, aber das sind keine Deutsche.”
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