Wer an Mallorca und das Thema Schmuck denkt, dem kommen
unweigerlich die Perlenketten der Firma Majorica in den Sinn. Beim
Bummel durch Palmas Einkaufsstraßen oder beim Durchblättern der
hiesigen Medien begegnen einem dann vielleicht noch die Läden
bekannter, mehr oder weniger teurer internationaler Marken. Dass
auf der Insel eine wachsende Zahl von kreativen Goldschmieden lebt
und arbeitet, ist (noch) weitgehend unbekannt. Dabei sind ihre
kleinen Geschäfte und Werkstätten Fundgruben für originelle,
einzigartige Schmuckstücke.
In der neu eröffneten Schmuckgalerie „Nura” in der Calle
Esglesia de Santa Eulàlia werden die Arbeiten von mehr als zehn
„Schmuckautoren” präsentiert. Der Begriff des „Autors” komme aus
der Goldschmiedekunst, sagt Ladeninhaber Tomeu Porcel Pons. Daraus
habe sich der Begriff der „Autorenküche” entwickelt. Bei der
Eröffnungsausstellung sind Stücke des Berliner Goldschmieds Klaus
Wurzbacher zu sehen. „Er war einer der Ersten in Europa, die auf
den künstlerischen Wert des Schmuckstücks gesetzt haben”, so Tomeu
Porcel.
Wurde Schmuck in vergangenen Jahrzehnten häufig nur als
Investitionsobjekt oder Statussymbol betrachtet, so wächst nun die
Zahl derer, die auch die künstlerische Ausdruckskraft eines
Schmuckstücks schätzen, um sich von ihren Mitmenschen
abzuheben.
Die Welt des Schmucks sei eine Welt voller Philosophien, sagt
Tomeu Porcel. Jeder Designer und Goldschmied finde im Laufe der
Zeit seine eigene Linie: „Es gibt da keine Mode.” Schon eher
Stilrichtungen. Im Mittelmeerraum seien die Goldschmiede eher
beeinflusst von den Kulturen der Ägypter, Römer und Griechen als
etwa die Deutschen. Der Schmuckdesigner Majoral, der auf Formentera
und in Katalonien zu Hause ist, benutzt Formen aus der Natur wie
Posidoniablätter oder Eidechsen für seine Entwürfe.
Klare Linien und ein wenig Kälte werden häufig modernen
deutschen Designern unterstellt: „Ein Vorurteil”, wie der
Schmuckhändler meint. Wer sich die Arbeiten von Klaus Wurzbacher
anschaut, wird ihm Recht geben. Seine Ketten und Ringe sind
phantasievolle Kreationen, die aus einem zauberhaften Märchen
stammen könnten. Daneben haben andere Designer aus verschiedenen
Ländern ihren Platz.
Eine Vitrine ist dem deutschen Edelsteingestalter Friedrich
Wilshaus gewidmet. Mit seiner Firma Philipp Becker gehört der
Deutsche mit Wohnsitz Mallorca zu den wichtigsten Vertretern seiner
Zunft in Europa. „Die ganze Kreativarbeit passiert hier auf der
Insel”, sagt Wilshaus. Seine Werkstatt hat er in einer Finca bei
Santa Eugènia, Büros unterhält er in Palma und Idar Oberstein,
einem der wichtigsten Umschlagplätze für Edelsteine weltweit.
„Mit unserer Schleiftechnik haben wir vor 18 Jahren alles
revolutioniert und die Branche inspiriert”, sagt Friedrich
Wilshaus. Er ging dazu über, die Natur in die Schliffe mit zu
integrieren. Was bis dahin mitunter als Unreinheit im Stein
betrachtet wurde, betont er bewusst, oder er lässt Teile des Steins
ungeschliffen. „Jeder hat versucht, uns zu kopieren, und der Markt
wurde mit Billiganbietern überschwemmt. Mittlerweile geht der Trend
eher wieder zurück ins Konservative.” Er kenne „etliche
Goldschmiede auf der Insel”, manche davon sind seine Kunden.
Werbung macht er nicht. „Man kennt sich in der Szene und findet so
zusammen.” Wenn Friedrich Wilshaus einen ungeschliffenen Edelstein
zur Hand nimmt, weiß er vorher nicht, was daraus entstehen wird.
„Die Form entsteht beim Machen”, sagt er.
Das gilt auch für manchen Goldschmied: „Das Material entscheidet
über seine Form”, sagt Pepa Bonín. Der Designer müsse nur „die
Sprache des Goldes” verstehen und interpretieren. Sie ist eine der
wenigen mallorquinischen Goldschmiede. Wer dieses Kunsthandwerk
erlernen will, muss sich auf das spanische Festland oder ins
Ausland begeben. Pepa Bonín hat zum Beispiel in Barcelona und Paris
gelernt. Sie hat beobachtet, dass manches Kunsthandwerk, das dem
Goldschmied zuarbeitet oder Teilfunktionen übernimmt, auf der Insel
allmählich ausstirbt.
Die deutsche Gold- und Silberschmiedin Ully Wagner hat ihre
Werkstatt in Palma geöffnet. Sie gibt Kurse für Laien, zeigt
Techniken und will Verständnis wecken für die Früchte ihrer Arbeit
und der ihrer Kollegen. Einer ihrer Schwerpunkte sind Schmuckstücke
für Schwule und Lesben. Außerdem fertigt sie Auftragsarbeiten an
und stellt ihre Schmuckstücke und Skulpturen in Galerien aus.
„Viele Leute wissen nicht, was zu ihnen passt. Dabei ist die Wahl
eines Schmuckstücks so schwierig wie die einer Brille.” Bei jeder
Arbeit gebe sie einen Teil von sich dazu. Zusammen mit der
Persönlichkeit des Trägers ergibt das im besten Fall ein
Gesamtkunstwerk.
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Klaus Wurzbacher ist für mich einmalig in seiner Kunst, Schmuck zu gestalten. Klaus Wurzbacher is unique to design modern jewellery.