Unbegrenzt ist auch der Eismarkt. Castagnotto hat Filialen in
Venezuela, Amerika, Mallorca, Deutschland und natürlich in Italien.
Wie bei vielen Italienern führte der Weg nach Mallorca über
Deutschland. Schon seit 30 Jahren stellt er selbst Eis her. Berühmt
ist er 1995 geworden, als er offiziell das Joghurt-Eis aus der
Taufe gehoben hat, „das vor allem Frauen lieben, weil es weniger
Kalorien hat”. Verstehen kann er die Angst um das Gewicht nicht:
„Vor allem hier auf Mallorca isst man fett und viel. Aber beim
Nachtisch zieren sich die Leute plötzlich und essen kein Eis, weil
das dick machen könnte.” Zu Unrecht, denn „Eis ist der beste
Verdauungsschnaps. Nichts tut dem Magen so gut wie ein tolles
Zitronensorbet”, so Castagnotto.
Für Luigi Dinunni, Betreiber eines Eiscafés in Peguera, ist auch
klar, dass das in Eigenfabrikation hergestellte Eis nicht zu
schlagen ist. Eine Sünde ist es schon gar nicht: „Konditoreis macht
nicht dick, weil es aus Milch besteht. Das Industrieeis besteht aus
Sahne, weil das Eis so länger haltbar ist und bei höheren
Minustemperaturen gelagert werden kann.” Auch Dinunno war erst 32
Jahre in Deutschland, bevor er nach Mallorca kam. Schon sein Vater
eröffnete 1922 in Berlin eine Eisdiele. Dinunnis Produkte wurden
mit vielen Preisen ausgezeichnet. Dieses Jahr hat sein
Mandarinen-Eis auf der italienischen Eismesse in Lagarune
(Dolomiten) den dritten Platz gemacht. Seine besten Kunden: „Die
Deutschen.” Dinunni und seine Frau Anna arbeiten von morgens bis
nachts, er macht das Eis, sie steht hinterm Tresen. Ihre
Spezialität sind bunte, phantasievolle Becher wie die „Copa
Venecia” oder die „Copa Amore”. Jeweils vier Kugeln, Früchte, Likör
und Waffeln zu 600 Pesetas. Eine Kugel in der Waffel kostet 150
Pesetas, Sahne 100 Pesetas extra. Die gleichen Preise hat das
„Dolce Freddo”. Die teuerste Copa bei Dinunni kostet 1175 Pesteas,
da wird alles in einer frischen Ananas serviert.
In Dinunnis Küche steht eine gigantische Pasteurisiermaschine.
Hier hinein wird die frische Milch gegeben und auf 85 Grad erhitzt,
um die Bakterien abzutöten. Danach, zwei Stunden später, kommt die
Masse in die Eismaschine. Am Tag produziert Luigi 60 Liter
Milchspeiseeis und 20 Liter Früchteeis.
Er hat 38 Eissorten und 40 Eisfächer, das Eis lagert bei minus
18 Grad. Lagerungstemperatur, und die Auflage, dass nur
pasteurisierte Eier verwendet werden dürfen, sind die einzig
strengen Vorschriften für die Eisproduktion in Spanien. Im
allgemeinen geht es lockerer als in Deutschland zu. Dinunni: „Wir
hatten zwei unangekündigte Kontrollen. Aber als sie sahen, wie
sauber das hier alles ist, haben sie ein bißchen probiert und sind
wieder gegangen.” Die Eisfabriken verfügen über eigene Labors, um
eine ständige Qualitätskontrolle zu gewährleisten. Enrique Esteve,
Geschäftsführer von „La Menorquina”, einer führenden Eisfirma auf
den Balearen, erzählt: „Bei uns kommt das Gesundheitsamt schon
öfter und auch unangemeldet vorbei. Aber die Eisproduktion ist
computerüberwacht, passieren kann nicht viel. Statt Früchte zum
Beispiel, deren Geschmack man schlecht voraussagen kann, müssen für
das Industrieeis natürlich künstliche Produkte verwendet werden”,
so Esteve.
Die Konditoren verzichten größtenteils auf künstliche Zutaten.
Um ihr Eis schmackhaft zu machen, kaufen sie häufig im Ausland ein.
Wie Dinunni auch: „Man muss in der ganzen Welt suchen, um das beste
Eis zu machen. Was hier nicht wächst, muss ich importieren”, so
meint auch Miguel Solivellas, Besitzer von Can Miguel, einer der
bekanntesten Eisdielen Palmas.
Mallorca ist ein Eisparadies. Ohne den Tourismus würde dieser
Markt aber gar nicht bestehen. Die Mallorquiner, aber auch die
Spanier im allgemeinen sind dem Eis wenig zugetan. Nicht nur, weil
sie sich figurbewusster wähnen. Vielmehr, weil Eiscreme nur im
Sommer Tradition hat. „In den nördlichen Ländern Europas isst man
Eis das ganze Jahr über. In Zahlen: 18 Liter im Jahr ist der
Prokopfverbrauch im Norden, nur sechs Liter in Spanien. Vor allem
die Deutschen sind verrückt danach. Die Spanier haben es noch nicht
so entdeckt. Wenn es heiß wird, gehen sie mal in die Eisdielen,
aber zu Hause greifen sie im Sommer zum Nachtisch eher zu
Früchten”, behauptet Esteve.
Die wichtigsten Kunden für seine Firma „La Menorquina” sind die
Deutschen. Die schlecken das Eis am Stiel oder holen sich mit
Vorliebe die großen Portionen aus dem Supermarkt. „30 Prozent
verkaufen wir auf den Balearen an die Deutschen. Es wäre ein
Wahnsinn, wenn der Tourismus einbräche”, so Esteve. Neben „La
Menorquina” gibt es an Speiseeis, das auf Mallorca produziert wird,
noch „Bellver”, „Jop” und „Fet a Sóller”. „Frigo” und „Camy” zum
Beispiel agieren europaweit. Nach Deutschland exportiert keine
balearische Eisfirma im großen Rahmen. Der Geschäftsführer von
„Jop”, Jaime Pamar, dessen Betrieb in Campos schon seit 40 Jahren
besteht, erklärt: „Die Deutschen kaufen hier unser Eis, zu Hause
wohl nicht.” Esteve sieht das anders: „Die Deutschen lieben
Mallorca, Eis von hier würde sicher laufen, aber wir wissen noch
nicht, wie wir vorgehen könnten”, so Esteve.
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