Schäfchen weiden unter blühenden Mandelbäumen – gehört dieses
romantische Mallorca-Bild bald der Vergangenheit an? Denn eine
gefährliche Seuche sucht die Paarhufer heim, möglicherweise muss
die gesamte Inselbevölkerung von Ovis aries sterben.
Das bestätigt Tierärztin Sofia-Maria Cohmann gegenüber MM.
,,Die Tiere leiden an der sogenannten Blauzungen-Krankheit. Da es
sich anscheinend um eine besonders tödliche Art des Virus handelt,
ist nicht auszuschließen, dass die meisten der Schafe sterben
werden”, so die Veterinärmedizinierin von der Euro-Tierklinik in
Arenal. Die Tiermedizinerin unterstreicht, dass keine Fälle bekannt
sind, in denen das Virus auf den Menschen übertragen worden
sei.
Die Schafpopulation auf den Balearischen Inseln ist mehr als
300.000 Köpfe stark. Davon sind am Dienstag 2000 betroffene Tiere
von 50 Teams mit je einem Tierarzt eingeschläfert worden.
Von den 3591 Zuchtbetrieben auf Mallorca sind bislang mehr als
80 betroffen. In diesem Betrieben stehen mehr als 20.000 Tiere
unter Quarantäne. Besonders betroffen ist der mallorquinische
Inselosten, und zwar die Gemeinden Capdepera, Son Servera, Sant
Llorenç, Manacor, Felatitx und Petra.
Dort wurden auch Rinder und Pferde unter Quarantäne gestellt,
weil diese Tiere Träger des Virus sein können, trotzdem er ihnen
nichts anhaben kann. Das Landwirtschaftsministerium sagte
vorsorglich ein Trabrennen ab, das am Sonntag in Son Pardo
stattfinden sollte. Von Pferden, die aus den infizierten Gebieten
stammen, sollte das Virus nicht auf Tiere übertragen werden, die
aus anderen Teilen kommen.
Aus der Impf-Bank der EU in Brüssel sollen Spanien 400.000 Dosen
gegen die Blauzungenkrankheit zur Verfügung gestellt werden. Sie
werden nächste Woche auf Mallorca erwartet und sollen so schnell
wie möglich eingesetzt werden.
Cohmann ist sich aber nicht sicher, ob die Maßnahmen ausreichend
sind. Denn ,,das Virus hat die unangenehme Eigenschaft, im
Wirtstier lange zu überleben”. Übertragen wird der BTV
(Blue-Tongue-Virus) von normalen Stechmücken (Culocoides). In den
Insekten lebt der Erreger bis zu einen Monat. Ist das Schaf durch
den Stich eines Virusträgers infiziert, überlebt der BTV bis zu
zwei Monaten. Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen der
Infektion und dem Ausbruch der Krankheit, beträgt drei bis sieben
Tage. Wie viele Tiere bereits befallen sind, lässt sich also noch
nicht sagen. Da der Virus nicht durch den direkten Kontakt zwischen
Tieren, sondern nur durch die Stechmücke übertragen wird, besteht
die Chance, dass kältere Temperaturen die Insekten und damit die
Krankheit vertreiben.
Zumindest für die betroffenen Züchter (die Schafe ohnehin) ist
es dann zu spät. Denn der wirtschaftliche Schaden ist schon jetzt
enorm. Durch die Verunsicherung der Verbaucher, ob Schaffleisch
gefahrlos genießbar ist, sank die Nachfrage und damit der
Kilopreis, den die Bauern erzielen, von durchschnittlich 400 auf
200 Pesetas. Der balearische Landwirtschaftsminister Morro (PSM)
bestätigte, dass der Schaden bis zu einer Milliarden Pesetas
betragen könnte. Er sicherte den Betroffenen schnelle und
unbürokratische Hilfe zu.
Auch mit Unterstützung brauchen die Landwirte einen langen Atem.
Eine Herde zu ersetzen, die der Blauzungenkrankheit zum Opfer
gefallen ist, dauert drei Jahre.
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