Beim Kochen nimmt der Panzer der Tiere die für Krebse so typische orange-rote Farbe an.

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Sie liebt seichte Gewässer, Fluss- und Torrentmündungen und mag schlammige, sandige Böden: die Blaue Schwimmkrabbe. Gerade ist Fangsaison für die Krebse mit den blauen Beinen. Und davon besitzen sie gleich zehn! Dabei haben sich zwei von ihnen im Laufe der Evolution zu Scheren entwickelt. Die Wasserbewohner gehören zur Ordnung der Zehnfußkrebse. Ganz schön groß sind sie. Ihr Rückenpanzer bringt es auf beträchtliche Ausmaße: Er ist bis zu 20 Zentimeter breit und zehn Zentimeter lang. Erwachsene Tiere können fast ein Kilo auf die Waage bringen.

Kräftig gebaute Wesen also, durchaus aggressiv und zupackend. Das nützt ihnen aber wenig, wenn Angler wie Alejandro Fernández mit Rute, Kescher und Hähnchenschenkeln unterwegs sind, um die Blaukrabben in der Albufera nahe Alcúdia aus dem Wasser zu fischen. Hähnchenschenkel? „Ja”, Fernández lacht, „die lieben sie, da beißen sie an und binnen zehn Minuten ist der Eimer voll!” Allerdings darf nicht jeder die Tiere fangen. Dazu benötigt man eine Lizenz. Und diese erhalten ausschließlich Hobbyangler. Verkaufen dürfen sie ihren Fang nicht. Der ist ausdrücklich nur für den Eigenverbrauch bestimmt.

Die Blaukrabbe, hierzulande „Cangrejo azul” genannt, gehört eigentlich nicht nach Mallorca. In balearischen Gewässern ist sie eine gebietsfremde, also nicht einheimische Art. Ihr wissenschaftlicher Name lautet Callinectes sapidus – eine Bezeichnung, die auf das Altgriechische zurückgeht. Sie bedeutet soviel wie „schöner, schmackhafter Schwimmer”. Ursprünglich ist die Blaukrabbe im westlichen Atlantik beheimatet. Doch nach und nach zog es sie in andere Gefilde. Und so wanderte sie auch in Europa ein. Erstmals hat man sie Anfang des 20. Jahrhunderts an der Westküste Frankreichs entdeckt. Doch mittlerweile ist sie unter anderem auch in der Nord- und Ostsee, an der Adria und eben im Mittelmeer anzutreffen.

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Neozoen nennen Wissenschaftler solche „Invasoren“, die sich neue Lebensräume erschließen und in ungewohntem Terrain auftauchen. Breiten sie sich stark aus, machen sie ansässigen Arten oft Konkurrenz. Etwa, wenn es um die Nahrung geht. Blaukrabben sind ihres Zeichens Allesfresser, haben Appetit auf Muscheln, kleine Krebsarten, Fische. Dazu verzehren sie Pflanzen und Aas. Unter Umständen können solche Neuankömmlinge ganze Ökosysteme verändern und einheimische Spezies verdrängen.

Fernández war es, so sagt er, der eine der ersten Blaukrabben auf Mallorca gesehen hat. Das war im Jahr 2017 an der Playa de Muro. Zunächst sollten diese Sichtungen von Blaukrabben nur den Behörden gemeldet werden. Doch mittlerweile wollen die balearische Landesregierung und der Inselrat von Mallorca ihre Ausbreitung kontrollieren. Daher vergeben sie Fanglizenzen an Hobbyangler – momentan nur auf Mallorca, die Schwesterinseln werden möglicherweise folgen. Die Angler sind dabei verpflichtet, den Behörden binnen eines Monats die Zahl der Tiere zu melden, die ihnen ins Netz gegangen sind. Die blaubeinigen Krebse tauchen mittlerweile bereits in Gewässern der Gemeinden Alcúdia, Muro, Pollença, Llucmajor, Manacor, Santa Margalida, Capdepera sowie in der Bucht von Palma auf.

Von einer Plage allerdings möchte Jaume Tomàs vom Inselrat noch nicht sprechen. „Dadurch, dass wir den Fang erlauben und dabei gleichzeitig kontrollieren, wollen wir verhindern, dass die Tiere überhandnehmen und zu einem echten Problem werden”, sagt der Experte für Fischfang und Jagd.

Die schönen, schmackhaften Schwimmer tragen ihren Namen natürlich nicht umsonst. Sie gelten – wie die Königskrabben – als ausgemachte Delikatesse. Ihr fast süßlich-aromatisches Fleisch verfeinert Reisgerichte und Suppen wie die klassische Caldereta. Oder schmeckt köstlich auf die ganz pure Art: einfach gekocht. Die mallorquinschen Blaukrabben landen aber vorerst wohl erst mal nur in den Töpfen der Hobbyangler. (lk)