Ein Leben ohne Fleisch ist nicht mehr nur der Spleen einer kleinen Minderheit, sondern wird immer mehr auch in der Mitte der Gesellschaft gepflegt. Nach Schätzungen zum Weltvegetariertag am vergangenen Montag ernähren sich in Deutschland mittlerweile acht Prozent der Bevölkerung fleischlos, bei Jugendlichen geht man von mindestens zwölf Prozent aus. "Die Gewohnheiten sind einfach noch nicht so festgefahren und Jugendliche sind generell offener für Tierschutzthemen", erklärt Sebastian Zösch vom Vegetarierbund Deutschland.
"So hoch dürfte der Prozentsatz in Spanien nicht sein", meint seine mallorquinische Verbandskollegin Carolina Moyà von der Unión Vegetariana Española, die aus Tierschutzgründen für den Fleischverzicht eintritt. Doch belächelt, wie es früher der Fall war, wird eine bewusste Ernährung auch hierzulande schon lange nicht mehr.
Davon zeugen Restaurants wie das Ecovegetarià in Palmas Ausgehviertel Santa Catalina (C/. Conde de Barcelona) oder das Bon Lloc in der Lonja (C/. Sant Feliu), das bereits seit 1978 besteht. Nach schwierigen Anfangsjahren ist es dort mittlerweile manchmal schwierig, einen Platz zu bekommen, zumal Juanjo Ramírez nur noch mittags geöffnet hat. Nicht alle Gäste kommen aus ethischer Überzeugung, manche sind auch Gelegenheitsvegetarier und ansonsten einem guten Stück Fleisch nicht abgeneigt.
Pragmatisch sieht es auch Spitzenkoch Gerhard Schwaiger: "Eigentlich ist alles über vegetarische Küche geschrieben. Sie hat mit Sicherheit ihre völlige Berechtigung im Haushalt oder in der Gastronomie." Dennoch gehört der Tristán-Chef klar der Fleischesserfraktion an: "Verzicht auf Fleisch oder generell Lebewesen zu essen soll oder darf nicht der neue Sport in der Ernährung werden. Wie alles im Leben ausgewogen sein sollte, muss das Verhältnis von pflanzlicher und tierischer Nahrung stimmen. Sicher kann man aber auch aus rein vegetarischen Zutaten komplexe Menüs oder Gerichte kreieren. Wenn gewisse Vorlieben schon bei der Reservierung genannt werden, haben wir die Möglichkeit, perfekt zu reagieren."
Gesundheitlich haben Experten unterdessen keine Bedenken gegen eine vegetarische oder gar vegane Lebensweise, bei der auch Fisch, Milchprodukte, Honig oder Eier verpönt sind. "Allein im Süden Indiens gibt es 400 Millionen Veganer", meint Inselarzt Dr. Dieter Uckermann. Die Mischung, die der dortigen Bevölkerung eine ausgewogene Ernährung ermögliche, bestehe aus Reis, dem Linsengericht Dhal und Gemüse. Proteinmangel, der ansonsten nach Jahren oder Jahrzehnten zu krankhaften Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe führen könne, sei damit ausgeschlossen.
Uckermann hält eine vegetarische Ernährung für darmverträglicher als Fleischkonsum, schon weil sie ballaststoffreicher und weniger konzentriert ist als geballte Fleischrationen - auch wenn der Mensch schon vom Gebiss her eindeutig ein Allesfresser sei, so der Arzt und Chirurg, der sich seit 1989 aus Protest gegen die Zustände in der Massentierhaltung konsequent vegetarisch ernährt. Bekräftigt fühlt er sich in seiner Entscheidung nicht zuletzt durch die jüngst bekannt gewordenen Fleischskandale mit Wachstumshormonen, Antibiotika oder Herzmedikamenten.
Für eine gute Gesundheit ist aber auch eine fleischlose Ernährung keine Garantie, meint Uckermann. Der diese Woche im Alter von nur 51 Jahren verstorbene Komiker und Schauspieler Dirk Bach sei schließlich ebenfalls Vegetarier gewesen.
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