Mehr als Kunst: Ein Besuch, der Energie für Wochen gibt
Joan Miró – ein Jahrhundertkünstler und immer noch höchst aktuell. Seine Werke und seine Ateliers kann man in der Stiftung Miró besichtigen. MM nahm an einer Führung teil
Als würde Miró nur mal eben eine Kaffeepause machen: Blick ins Atelier Sert mit originalgetreuen Repliken der Werke und den Utensilien, die Miró bei seinem Tod 1983 benutzt hatte. | Gabriel Wolenik
Gabriel WolenikPalma, Mallorca26.01.25 10:40Aktualisiert um 10:47 Uhr
Maria kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: „Der Besuch heute war Nahrung für den Geist. Dieser Vormittag gibt mir Energie für Wochen!” Das Ereignis, das die Schweizerin so begeisterte, war eine Führung der Kunst- und Kulturmanagerin Ingrid Flohr durch die Stiftung Pilar und Joan Miró in Cala Major. Dabei spazierte eine Gruppe von rund 25 Teilnehmern über die Anlage und tauchte unter einmal mehr glänzender Begleitung der spanischen Fremdenführerin Maria Sureda auf Deutsch in die Arbeit von Joan Miró ein.
„Heute geht es um mehr als Kunst”, sagte Sureda gleich zu Beginn, „nämlich um Architektur!” Jene auf dem Grundstück der Stiftung dreht sich in erster Linie um das Moneo-Gebäude, das als Museum für ausgewählte Werke von Miró dient, das Atelier Sert, in dem der Surrealist malte und in dem sich heute noch unvollendete Werke und Werkzeug befinden, sowie das Haus Son Boter, das Miró als Zweitatelier für Malereien, später für grafische Arbeiten diente. „Das Atelier Sert ist atemberaubend”, stellte Maria aus Zürich fest. „Man hat das Gefühl, live dabei zu sein!”
Das Atelier Sert aus dem Jahr 1956 basiert auf dem geteilten Interesse von Joan Miró und Josep Lluís Sert, der das Gebäude entwarf, Kunst und Architektur miteinander zu verbinden. Das Studio zählt einen weiträumigen Arbeitsraum, der Mirós wachsender Sehnsucht nach großen Formaten und Werken für den öffentlichen Raum folgt, eine Hochebene, von der aus der Künstler seine laufenden Arbeiten betrachten konnte, einen handgefertigten Pflasterboden, der Miró den Kontakt mit der Erde ermöglicht. Dazu kommen einige Formen, die sich wie eine Übersetzung der Miróschen Weltanschauung lesen: Zum Beispiel Oberlichter, die sich zum Himmel öffnen, und texturierte Wände, die fest im Boden verankert sind. Sert entschied sich für eine plastischere und skulptur-ähnlichere Linie, die auch in der blau, gelb und rot getupften Fassade deutlich wird. „Es ist die Erfüllung all meiner Träume”, schrieb Miró noch mehr als 20 Jahre nach der Fertigstellung des Ateliers Sert an einen Freund über das Ergebnis.
Resultate fuhr Miró auch in dem Landhaus Son Boter aus dem 18. Jahrhundert ein: Zum Beispiel entstand hier die Skulptur „Femme monument”, die in Palma an der Plaza Reina vor dem Treppenaufgang zur Kathedrale steht, wovon immer noch ein Modell im Eingangsraum zeugt. „Ich bin begeistert”, kommentierte Maria aus der Schweiz. „Miró hat Son Boter im Jahr 1959 von der Baronin von Münchhausen gekauft, die bis dahin rauschende Feste in seiner unmittelbaren Nachbarschaft veranstaltet hatte”, so die Fremdenführerin Maria Sureda aus Mallorca. Fortan diente Son Boter ihm als „Zufluchtsort”. Anfänglich als Malatelier genutzt, fertigte Miró hier später auch selbstständig grafische Arbeiten an. Wie einen riesigen Notizblock benutzte Joan Miró die Wände von Son Boter, indem er darauf mit Kohle erste Skizzen zeichnete oder Titel künftiger Werke schrieb. Seine Inspiration für diese Graffiti erhielt er von Pablo Picasso, mit dem Miró gut befreundet war: „Picasso sagte eines Tages zu mir: ‚Eine kleine Geste an der Wand, das ist die authentische, die reine Kreation’”, schrieb Miró in dem gleichen Brief an den Freund, vor dem er bereits über das Atelier Sert geschwärmt hatte.
Maria Sureda wusste auch etwas über das Moneo-Gebäude zu erzählen: „Die Perspektive auf die Wasserfläche im Außenbereich verbindet sich mit dem Horizont und dem Mittelmeer. Ein Anblick, den Miró jeden Tag genießen durfte, der sich nicht vorstellen konnte, irgendwo ohne den Zugang zum Mittelmeer zu leben.” Im Inneren des Baus laden Rampen, Winkel und Ebenen auf unterschiedlichen Höhen zur Einkehr und zu einem fast andächtigen Flanieren durch die Ausstellungsräume ein. Das Moneo-Gebäude wurde als Gegenentwurf zu den zum Zeitpunkt der Planung bereits existierenden Bauten in dieser Gegend von Cala Major gedacht. Es sollte architektonischen Schutz bieten und neben Ruhe Klarheit stiften. „Mirós organische Formen und diese ein bisschen harte Architektur ergänzen sich super”, fand die Zürcherin Maria.
Die nächste Gelegenheit, Maria Sureda im Rahmen des Angebots von Ingrid Flohr zu erleben, bietet sich am Donnerstag, 30. Januar, bei einer Begehung des bedeutenden Herrenhauses Can Vivot in Palma sowie einer Jugendstilroute durch die Balearen-Hauptstadt am gleichen Tag. Anmeldungen werden unter +34 690 218 709 oder per E-Mail an iflohr.santanyi@gmail.com entgegengenommen.
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