Nina Heidenreich: Natürlich tut es mir sehr, sehr leid, weil da vor 14 Jahren alles angefangen hat. Von musikalischer Seite habe ich mich dort immer extremst wohlgefühlt, wie zu Hause. Ich bin dort sehr gerne aufgetreten, und wir wurden von der Eigentümer-Familie Rigo-Bonet immer herzlichst aufgenommen.
MM:Warum dann der Abschied?
Heidenreich: Die Zahlen stimmen einfach nicht. Aus finanzieller Sicht sind die Konzerte im Rahmen des Festivals leider nicht mehr tragbar. Da wir eine sehr kleine Organisation sind, müssen wir uns auf zwei Spielstätten konzentrieren, die funktionieren. Außerdem ist Macià Batle in Santa Maria del Camí für uns logistisch einfacher. Darüber hinaus mehren sich die Stimmen, dass wir noch eine gute Location in Palma brauchen. Es gibt ein paar Angebote und Ideen, über die ich aber noch nicht sprechen kann.
MM: Wer wird beim letzten Konzert in Ca’n Bonico spielen?
Heidenreich: In der ersten Hälfte spielt der Pianist Antonio Ortiz Werke von Chopin, Debussy und Albéniz. Antonio Ortiz ist Professor an der Musikhochschule Reina Sofía in Madrid. Das ist die renommierteste Musikhochschule in Spanien, von der viele großartige Musiker kommen. Wir wollten anfangs ein komplettes Klavier-Rezital machen, aber dann kamen Anfragen, ob ich nicht wieder spielen könnte. Deswegen werden wir in der zweiten Hälfte die César-Franck-Sonate spielen. Ich habe sie selbst schon vor mehr als 20 Jahren beim ORF aufgenommen. Das ist für mich ein schöner Abschluss, um noch einmal Danke zu sagen und mich von dem Haus, dem Saal und unserem Publikum dort zu verabschieden.
MM: Eine ganz andere Situation bietet sich bei den Konzerten in der Bodega Macià Batle in Santa Maria del Camí, zu der die Weinkellerei und MM laden. Sie sind durchweg eine bis anderthalb Wochen vorher ausgebucht. Gewöhnt man sich daran?
Heidenreich: Nein, das tut im Herzen weh, weil wir teilweise Konzerte zweimal verkaufen könnten. Ich muss teilweise schon zehn Tage vorher Leuten absagen. Kammermusik ist die intime Nische der klassischen Musik, und es ist sehr schwierig, mit ihr die Säle zu füllen. Und da tut es schon sehr weh, Leuten abzusagen und sie teilweise an der Tür nach Hause zu schicken, obwohl dieses Geld ja auch an die Amics de la Infància gehen würde. Aber wir können die Konzerte nicht zweimal verkaufen, wir haben einfach nicht die Kapazitäten dafür. Deswegen, es bleibt exklusiv, bitte vorher immer reservieren.
MM: Wie viel Arbeit steckt in der Organisation des Festivals?
Heidenreich: Dieses Jahr haben wir uns weit aus dem Fenster gelehnt. Insgesamt veranstalten wir zehn Konzerte, davon neun bei Macià Batle. Natürlich sind es kleine Konzerte und sie finden in einer Bodega statt, also nicht in einem reinen Konzertsaal. Sie sind als Event mit Weinverkostung und Tapas gedacht, und in Ses Salines gab es auch immer Wein und Gespräche in der Pause. Solche intimen Konzerte wollte ich immer machen und der Erfolg bei Macià Batle gibt uns jetzt recht. Natürlich steckt sehr viel Arbeit dahinter. Die Musiker müssen nicht nur während der Konzerte, bei denen ich ja manchmal auch selbst spiele, betreut werden. Sie sollen sich von vorne bis hinten zufrieden fühlen, da sie für uns sehr günstig spielen, weil es ja Benefizveranstaltungen sind. Das kostet sehr viel Energie und Zeit, aber es ist absolut erfüllend.
MM: Benefizveranstaltung heißt, dass nicht alles in die Kassen von Mallorca Me Suena fließt?
Heidenreich: Die Hälfte aus den Einnahmen geht bei jedem Konzert ohne Abzüge an die Kinderhilfsorganisation Amics de la Infància. Dann muss auch die Extrazeit der die Angestellten von Macià Batle bezahlt werden, die am Sonntag da sind, um die Stühle zu stellen, die da sind, wenn der Klavierstimmer kommt, wenn wir das Klavier ausprobieren und proben. Und natürlich bekommen die Musiker Gagen, die aber sehr gering sind. Alle machen das für den guten Zweck und kommen uns ganz weit entgegen, wenn man mal die Gagen nimmt, die sie normalerweise außerhalb der Insel bekommen.
MM: Was bleibt da noch für die Veranstalterin übrig?
Heidenreich: (Lacht und schweigt) Aber wenn man solche Konzerte des Geldes wegen veranstaltet, dann ist man absolut fehl am Platz. Das ist ein Herzensprojekt. Wir sind ein sehr gutes Team, wenn auch ganz klein, und die Zusammenarbeit mit Ramon (Bodegachef Ramon Servalls; Anm. d. Red.) ist wunderbar. Selbstverständlich kann ich den Aufwand mit anderen Engagements ausgleichen, aber das Festival steht für mich an allererster Stelle. Ich habe noch keine Musiker erlebt, die die Nase gerümpft hätten. Sie kommen gerne, weil die Atmosphäre und das Ambiente stimmen, und wollen auch alle wiederkommen. Selbst große Solisten, die zu fragen ich mich eigentlich gar nicht getraut hätte, wollen unbedingt spielen, obwohl sie große Konzertsäle gewohnt sind.
MM: Dieses Jahr gibt es mit „Young Artists 2.0.” am 23. Juni wieder ein Konzert mit außergewöhnlichen Talenten von 5 bis 20 Jahren, ebenfalls zugunsten von Amics de la Infància. Warum findet es auf Spendenbasis statt?
Heidenreich: Weil die meisten jungen Musiker Kinder sind. Ramon und ich finden es nicht passend, für ein Kinderkonzert Geld zu nehmen. Ich möchte Kindern auch keine Gage zahlen. Sie wissen, dass sie für andere Kinder spielen. Und ich bin überzeugt, dass unser Publikum ordentlich ins Töpfchen werfen wird. Hinterher kriegen die jungen Musiker eine riesige Party von mir. Für sie ist das Konzert, das schon gut gebucht ist, auch eine große Gelegenheit, weil sie teilweise wenige Möglichkeiten haben, aufzutreten.
MM: Immer wieder fragen Konzertbesucher, woher all die guten Musiker kommen.
Heidenreich: Ich kann, Gott sei Dank, aus dem Pool von Musikerfreunden schöpfen, weil ich mit meinem Mann Pablo (Pablo Mielgo, Chefdirigent des Sinfonieorchesters der Balearen; Anm. d. Red.), aber auch durch meine anderen Projekte sehr viele Musiker kennenlerne, ihnen von dem Festival erzähle und sie frage, ob sie bereit wären, auf die Insel zu kommen und unter diesen Konditionen zu spielen. Natürlich schaue ich mir auch genau an, welche Solisten mit dem Orchester spielen und ob sich das mit einem Kammermusik-Konzert drei Tage später verbinden lässt. Meistens klappt das auch ganz gut. Das hat Mallorca einfach einer x-beliebigen Stadt in Deutschland voraus, dass wir auf der schönsten Insel der Welt wohnen und sehr viele Leute hierher kommen wollen oder gerne noch ein bisschen länger bleiben.
Das Gespräch führte
Martin Breuninger
Abschiedskonzert am Sonntag, 21. April, um 12 Uhr im Hotel Ca’n Bonico, Plaça Sant Bartomeu 8, Ses Salines. Eintritt: 25 Euro, Reservierung: 695-266179
(Telefon/Whatsapp)
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