Als Jaume II., der Sohn des Erobererkönigs von Mallorca, Jaume I., 1276 König wurde, da gab er sogleich neue Festungsbauten in Auftrag. Der bekannteste von ihnen ist das Schloss von Bellver, das in luftiger Höhe auf dem Bergrücken über Palma thront. Ein Wahrzeichen der Stadt, das jedes Jahr von abertausenden Touristen besucht wird. „Der Bau war durch seine außergewöhnliche Rundform einzigartig in seiner Zeit. Jaume ließ Bellver als herausragendes, symbolisches Unterscheidungsmerkmal errichten”, sagt die Kunsthistorikerin Marta Fernández. Sie hat jüngst eine Doktorarbeit vorgelegt über die „Königlichen Residenzen des Königreichs Mallorca”. Diese unabhängige Monarchie existierte unter den Nachfolgern von Jaume I. von 1276 bis 1349, bevor sie gewaltsam in die Krone von Aragon eingegliedert wurde.
Bauauftraggeber Jaume II. (1243-1311) wollte mit der Burg von Bellver als Alleinstellungsmerkmal Zeichen setzen. „Sicher hatte die Festungsanlage eine Verteidigungs- und eine Wächterfunktion, aber sie wurde auch gebaut, um von allen, die auf dem Seeweg sich der Stadt näherten, und von den Einwohnern selbst, gesehen und bewundert zu werden”, sagte Fernández der Tageszeitung „Ultima Hora”. Es ist die erste Forschungsarbeit dieser Art seit den 1960er Jahren.
Das gilt nicht minder für die weiteren Burgen und Festungen, die von den Monarchen bewohnt wurden, wie etwa der umgebaute Almudaina-Palast, der noch von den besiegten maurischen Herrschern herrührte, als auch die Königspaläste in Sineu und Valldemossa. Auf dem Festland besaßen Mallorcas Könige zudem Schlösser in Perpignan, Montpellier und Cotlliure, Orte nördlich der Pyrenäen, die damals Teil ihres Reiches waren. Auch dort entfalteten Jaume II. und seine Nachkommen eine eifrige Bautätigkeit. Laut Fernández leitete Jaume eine Politik ein, die darauf abzielte, ein eigenes prestigeträchtiges Ensemble an Residenzen zu schaffen und an die nächste Generation weiterzureichen. „Es handelte sich um eine neue Monarchie und eine neue Dynastie – und der König versuchte, seine Eigenidentität zu bekräftigen sowie architektonisch mit seinen mächtigen Nachbarn – Aragonien und Frankreich – gleichzuziehen.”
Weiter hat die Forscherin herausarbeiten können, dass die königlichen Residenzen unterschiedliche Funktionen zu erfüllen hatten. „Charakteristisch für diese Räume ist, dass sie polyvalent und durchlässig waren. Sie konnten zu Wohn-, Repräsentations- und religiösen Zwecken genutzt werden, indem man die Räume anpasste, wie es in der Palastarchitektur jener Zeit üblich war. So konnten die großen Säle der Almudaina und des Königspalastes in Perpignan sowohl für den Empfang von Botschaften, Huldigungen, Audienzen, Hofversammlungen und religiösen Zeremonien als auch für Bankette genutzt werden. Hinzu kam, dass die Palastkapellen nicht einzig für religiöse Zeremonien genutzt wurden.”
Marta Fernández bedauert, dass der Almudaina-Palast oder das Bellver-Schloss bei den Palmesanern selbst nur wenig bekannt seien. Die Bauwerke werden fast immer als Monumente für Touristen angesehen. Die Forscherin hofft, mit ihrer Arbeit zu einer besseren Kenntnis dieses mittelalterlichen Kulturerbes beizutragen: „Denn es ist nicht nur für die lokale Bevölkerung von Interesse, sondern hat Bezüge für ganz Europa”.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.