Eine kreative Kooperation und gegenseitige Inspiration: Norbert Schäfer und Barbara Radinger im Atelier der Künstlerin.


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Sigmar Polke hat es gemacht. Gerhard Richter und Anselm Kiefer taten es auch. Sie und andere Künstler haben ihre Fotografien übermalt. Bei Barbara Radinger ist das anders. Die Künstlerin, die im Berchtesgadener Land und in Artà lebt, übermalt nicht ihre eigenen Werke, sondern die des Mallorca-affinen Düsseldorfer Fotografen Norbert Schäfer.

Schäfer richtet den Fokus seiner Arbeit auf das selektive Sehen. „In Wirklichkeit sehen wir nur einen winzigen Ausschnitt unseres Gesichtsfeldes scharf. Die Augen machen gewissermaßen eine Kamerafahrt, und das Gehirn setzt viele Einzelbilder zu einem Gesamteindruck zusammen“, erklärt er. Diesen Prozess der zerebralen Bildverarbeitung dreht er zurück, indem er Momente des wahren Sehens einfriert. Da Kunst bekanntlich immer auch im Auge des Betrachters liegt, könnte man über diesen Prozess sagen: Schäfer malt mit Kamera und Photoshop.

In Barbara Radinger traf er auf ein experimentierfreudiges Gegenüber. Was ihr zuerst beim Anblick von Schäfers Werken durch den Kopf ging? „Ihrer Farbigkeit sprach mich stark an“, erzählt sie. „Meine Bilder sind ja auch sehr farbig, das unterstreicht ihren expressionistischen Charakter.“ Und noch etwas haben beide Künstler gemeinsam: In den Bildern Radingers ist der Mensch ein zentrales Sujet, und auch Schäfer sagt: „Mich interessieren Menschen, sie haben Priorität für mich.“

Während Radinger bei ihren sonstigen Arbeiten in Serien zu malen pflegt, sind es bei der Zusammenarbeit mit Schäfer Einzelwerke, die sie aussucht. Nach welchen Kriterien sie dabei vorgeht? „Die Bilder treffen bei mir einen Nerv. Dazu fällt mir gleich etwas ein.“ Bei ihren Serien verwendet sie meist die gleiche Technik. Bei der Übermalung von Schäfers Fotografien geht sie dagegen vom Motiv aus: Mal greift sie zum Spachtel, mal zu Pinsel und Aquarellfarbe, mal wird sie gegenständlich, dann wieder eher abstrakt, mal überdeckt sie die Vorlage völlig, mal verändert sie den Charakter mit subtilen Pinselstrichen oder der Auswahl der Farbe. Oder wie es Schäfer formuliert: „Barbara lässt sich von meinen Fotos inspirieren und ich von ihrer Malerei. Jeder lebt zwar weiter in seiner eigenen kreativen Welt, aber gemeinsam schaffen wir auch eine neue.“ Und Radinger meint ganz pragmatisch: „Ich lauere schon auf das nächste Bild.”

Noch bis Anfang September werden Werke der beiden Künstler in der Galería GT10 in Artà ausgestellt. Da die Galerie an der Plaça de s’Aigua 10 dann wegen Renovierung schließen wird, empfiehlt sich vor dem Besuch ein Anruf bei Galeristin Heike Propst (0049-1575-6151136). Weitere Werke von Radinger und Schäfer kann man mittwochs von 10 bis 14 Uhr nach telefonischer Vereinbarung (679-235459) im Atelier der Künstlerin besichtigen.