Poppig und zugleich archaisch und maskenhaft wirkt der Kudu auf der Fotografie von Norbert Schäfer. | Norbert Schäfer

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Wenn ein renommierter Fotograf seine Bilder in einem Restaurant ausstellt, muss er einen besonderen Grund haben. Norbert Schäfer hat einen guten Grund. Am Samstag, 8. September, wird im Restaurant Nou Segle 12 in Capdepera (Plaça Orient 1) eine Ausstellung mit seinen Werken eröffnet. Über die Wahl des Ortes sagt er: „Das Nou Segle ist viel mehr als nur ein Restaurant. Es ist vor allem ein Treffpunkt und gibt uns Künstlern in Capdepera eine Heimat.”

In seiner Kunst richtet Schäfer den Fokus auf das selektive Sehen. „In Wirklichkeit sehen wir nur einen winzigen Ausschnitt unseres Gesichtsfeldes scharf. Die Augen machen gewissermaßen eine Kamerafahrt, und das Gehirn setzt viele Einzelbilder zu einem Gesamteindruck zusammen“, erklärt er.

Diesen Prozess der zerebralen Bildverarbeitung versucht er zurückzudrehen, indem er Momente des wahren Sehens einfriert. Jetzt hat der Düsseldorfer Fotograf mit Zweitdomizil in Cala Rajada einen weiteren Schritt getan. Standen seine „Urban Animals” noch gestochen scharf von verwischten grauen Wolkenkratzern, hat sich der Hintergrund nun in abstrakte Farbmuster verwandelt, und die wilden Tiere wurden ebenfalls zu Trägern von ebenfalls bunten Farbkombinationen. Bei einer weiteren neue Linie hat Schäfer „popartigen” Porträts nicht weniger poppige Kudus hinzugefügt.

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Von beiden neuen Serien präsentiert Schäfer jeweils ein Bild. Mit ihnen schafft er eine Melange von Archaik und Pop-Art – gewissermaßen ein zeitgenössisch-urbanes Zurück zu den magischen Wurzeln der Menschheit.

Auf die Spitze treibt der Fotograf dies mit einer Krampus-Maske des österreichischen Schnitzers Miguel Walch. Auch hier hat es Schäfer nicht bei der reinen Fotografie belassen, sondern menschliche Augen in die Maske montiert und auch hier wieder Farben ins Spiel gebracht. So meint der Betrachter nicht nur, von einem lebendigen Rauschebart mit Dämonenhörnern und Satyr-Ohren angeschaut zu werden, er wähnt auch eine einzigartige Kreuzung von Pop-Art und urtümlicher Volkskunst vor sich. Alle drei Bilder der neuen Schaffensetappe werden wechselweise in einem Rahmen mit Hintergrundbeleuchtung hängen.

Den Begriff Pop-Art hört Schäfer im Zusammenhang mit seiner Kunst freilich nicht gern. Zu besetzt ist dieser Begriff mit einer ganzen Phalanx von Marilyn-, JFK- und Elvis-Motiven. Mit Blick auf deren Autoren sagt er: „Sie benutzen Fotos von anderen, um ihre Kunst zu machen. Ich schaffe meine bunte Welt mit meinen Arbeiten.”

Während der Ausstellung, die bis 8. Oktober läuft, wird sich Schäfer noch öfter als sonst im Nou Segle 12 aufhalten. Seine Anwesenheit wird nicht nur an einer Tafel am Eingang des Lokals angekündigt. Ein weiteres untrügliches Zeichen ist zumindest abends, dass ein Beamer von hinten 30 bis 40 Fotos auf ein Bild mit weißem Grund projiziert, das sich auf dem Balkon des Restaurants befindet.