Das Caixa Forum zeigt Fotografien aus Anantapur von Cristina García Rodero.

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Das Land der Träume ist bunt. Am Eingang der Ausstellung „Terra de somnis“ im Caixa Forum in Palma fällt der erste Blick auf eine mit Blumen geschmückte Frau in einem gelben Sari. In der Hand hält sie einen Sack, der mit Reis gefüllt ist. Der Begleittext zu dem Foto lässt wissen: Es handelt sich um eine Braut, die der Familie des Bräutigams den Reis als Geste der Vertrauens darbiete, dass es niemals an Essen fehle.

Doch wie alt ist die Braut eigentlich? Sieht sie nur aus wie ein Kind oder ist sie noch eines? Einige Bilder weiter kommt unvermittelt die Antwort: Ein Mädchen wird von ihrer Familie gefeiert. Im Text neben dem Bild wird erklärt, dass die Zehnjährige neun Tage zuvor ihre erste Menstruation gehabt habe und laut Tradition nun im heiratsfähigen Alter sei.

In 80 Fotografien spiegelt „Terra de somnis“ das tägliche Leben der Menschen, vor allem der Frauen, in Anantapur im Bundesstaat Andhra Pradesh wider, einem der ärmsten Gebiete Indiens, in dem die am stärksten marginalisierten und gefährdeten Bevölkerungsgruppen des Landes leben. Sie zeigen ländliche Welt, die einzigartig, aber auch voller sozialer Ungleichheit ist, eine Welt mit Szenarien, in denen sich Vergangenheit und Gegenwart sowie Natürliches und Übernatürliches vermischen.

Eineinhalb Monate hat sich die spanische Fotografin Cristina García Rodero in Anantapur aufgehalten. Mit ihrer Kamera besuchte sie Hospitäler, Einrichtungen zur Aufnahme von misshandelten Frauen, Werkstätten, Schulen und Häuser. Sie tauchte ein in Freude und Leid derjenigen, die mit Farbe und stattlichem Aussehen das Helldunkel ihres Daseins verdecken.

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García Rodero, die 1949 in Puertollano in Castilla-La Mancha geboren wurde, absolvierte ein Kunststudium an der Universidad Complutense in Madrid und war die erste Spanierin, die Mitarbeiterin der renommierte Fotojournalismus-Agentur Magnum wurde. Ihre Arbeiten wurden mehrfach in Spanien und auch international ausgezeichnet.

Mit ihren Porträts verlieh die Fotografin gesellschaftlichen Gruppen eine Stimme, die häufig an den Rand gedrängt werden: Kinder, Behinderte, Frauen. Mütter, Bäuerinnen, Näherinnen, Bräute verschiedener Glaubensrichtungen, Lehrerinnen, Krankenschwestern und Schülerinnen spielen eine führende Rolle in diesem Projekt. Zugleich stellen sie eine der treibenden Kräfte in der Transformation der Gemeinden von Anantapur dar.

Im Ausstellungskatalog schreibt der Literat Manuel Rivas: „Wir sehen diese Blicke und diese Hände. Es sind Blicke, die träumen, ja, aber was noch wichtiger ist: Sie üben das Recht auf Träumen aus. Der Aktivismus der Frauen, die sich in Versammlungen organisieren, ist die wichtigste alternative Energie, die Anantapur verwandelt. Dieses Solidaritätsnetzwerk hat Zentren für den Schutz misshandelter Frauen, Selbstversorgungskooperativen, Gesundheitsfürsorge in allen Haushalten, Wasserversorgung in jedem Dorf, Tausende von menschenwürdigen Wohnungen ermöglicht. Dies in einem Indien, das nicht mehr das vergessene Land ist, sondern Vorbild und Hoffnungsschimmer.”

INFO
„Terra de somnis” läuft bis Sonntag, 13. Mai. Das Caixa Forum ist montags bis samstags von 10 bis 20 Uhr, sonn- und feiertags von 11 bis 14 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.