Die hohen Preise auf den Balearen, insbesondere auf Mallorca, sind schon länger ein Thema. Nun führen jedoch neue Entwicklungen zu einem weiteren Aufschwung am Immobilienmarkt. Neben der ohnehin hohen Nachfrage sorgt vor allem der Rückgang des Euribor, eines wichtigen Referenzzinssatzes, für Aufsehen. Ricard Garriga, Geschäftsführer des Hypothekenmaklers Trioteca, erläutert: „Der Euribor ist unter 3 Prozent gesunken, was attraktive Festhypotheken mit Zinssätzen von etwa 2,35 Prozent ermöglicht. Das zieht weitere Käufer an und treibt die Nachfrage an, obwohl das Angebot knapp ist.“
Geringes Angebot und fehlende Neubauten
Hans Lenz, Präsident des Nationalen und Internationalen Immobilienverbandes der Balearen (ABINI), betont den Mangel an verfügbaren Wohnungen als Hauptgrund für den Preisanstieg. Auf den Balearen fehlen derzeit schätzungsweise rund 20.000 erschwingliche Wohnungen. „Der Quadratmeterpreis ist hier doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt“, erklärt Lenz. Ein Grund dafür seien die höheren Baukosten auf den Inseln. Zudem hätten öffentliche Verwaltungen den starken Bevölkerungszuwachs der letzten Jahre nicht ausreichend in ihre Planungen einbezogen. „Es wurde zu wenig gebaut, und das verschärft die Situation“, so Lenz.
Auch Ferran Font, Studiendirektor bei der Immobilienplattform Pisos.com, sieht die stagnierende Bautätigkeit als problematisch. „Es kommen kaum neue Angebote auf den Markt, und das bei einer der stärksten Immobiliennachfragen in ganz Spanien.“ Er prognostiziert, dass es bis Jahresende nahezu unmöglich sein wird, den Preisanstieg zu bremsen. Die gesunkenen Zinssätze sorgen für mehr Hypothekenabschlüsse, was die Nachfrage weiter verstärkt.
Staatliche Eingriffe verschärfen die Lage
Lenz kritisiert auch die Maßnahmen der spanischen Zentralregierung im Bereich des Wohnungsbaus. Diese hätten viele Immobilienbesitzer verunsichert, sodass viele ihre Wohnungen lieber vom Markt nehmen, anstatt sie zu verkaufen oder zu vermieten. „Das verknappt das Angebot noch weiter und treibt die Preise in die Höhe“, so Lenz. José Miguel Artieda, Präsident des Immobilienmaklerverbandes API, rechnet ebenfalls mit einem weiteren Anstieg der Preise bis Ende des Jahres. Zwar sei der Zuwachs nicht mehr so rasant wie in den vergangenen Jahren, doch es gebe keinen Hinweis auf einen Preisverfall. „Wir erwarten moderate, aber konstante Preissteigerungen, zweistellige Zuwächse wie in der Vergangenheit werden aber ausbleiben“, sagt Artieda.
Ein weiterer Faktor für die Preisexplosion auf den Balearen ist der Zuzug von kaufkräftigen Ausländern und neuen Arbeitskräften. María Martos, Sprecherin des Immobilienportals Fotocasa, erklärt: „Die Balearen sind ein beliebtes Ziel für Menschen aus ganz Europa, die sich hier niederlassen möchten. Das mediterrane Klima, die Natur und die Nähe zu den wichtigsten Metropolen Europas machen die Inseln attraktiv.“ Besonders wohlhabende Ausländer treiben die Nachfrage nach Immobilien in die Höhe.
Das begrenzte Territorium der Inseln mache es jedoch schwierig, das Angebot an Wohnraum zu erweitern, so Martos. Besonders das Fehlen von Sozialwohnungen trage zur Preisspirale bei. „Es gibt auf den Balearen ein massives Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, und dieses Ungleichgewicht wird noch dadurch verschärft, dass es viel zu wenige Sozialwohnungen gibt“, so Martos weiter.
Rückgang der Zinsen erhöht den Druck
Der sinkende Euribor hat den Zugang zu Krediten erleichtert, was viele neue Käufer in den Markt drängt. Pau A. Monserrat, Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der Universität der Balearen, warnt: „Der Euribor-Rückgang führt dazu, dass die Banken den Käufern größere Kredite gewähren. Gleichzeitig bleibt das Angebot an Wohnungen gleich – das Ergebnis sind steigende Preise.“ Monserrat sieht den Balearen-Markt in einer gefährlichen Schieflage.
„Die Nachfrage steigt stetig, während das Angebot stagniert. Die gesunkenen Zinssätze machen es für Käufer leichter, Immobilien zu finanzieren, was den Preisdruck weiter erhöht.“ Monserrat betont zudem, dass die Situation am Mietmarkt noch gravierender sei: „Der Mietmarkt auf den Balearen ist noch angespannter als der Verkaufsmarkt. Die hohen Preise und die geringe Verfügbarkeit machen es besonders für junge Familien und Arbeiter schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden.“
Langfristige Lösungen gefordert
Monserrat fordert eine sachliche Diskussion über das Immobilienproblem auf den Balearen. „Solange wir keine ernsthaften politischen Maßnahmen ergreifen, wird sich die Lage weiter verschlechtern“, warnt er. Die Preise würden erst dann wieder sinken, „wenn niemand mehr hierherkommen möchte, um Tourismus zu machen oder zu leben. Doch das kann niemand ernsthaft wollen.“ Der Wirtschaftsexperte plädiert für langfristige Lösungen und einen parteiübergreifenden Konsens, um das Wohnraumproblem auf den Inseln in den Griff zu bekommen.
Insgesamt zeichnen die Experten ein düsteres Bild für den Immobilienmarkt auf den Balearen. Solange das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage besteht und staatliche Eingriffe die Situation nicht verbessern, wird der Preisanstieg auf Mallorca und den Nachbarinseln weitergehen – und für viele bleibt bezahlbarer Wohnraum unerreichbar.
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