Es war eine Debatte, die Unruhe in den Immobilienmarkt auf Mallorca gebracht hatte: Wäre es nach einigen regionalistischen und linken Lokalpolitikern gegangen, so hätte man nicht auf den Inseln gemeldeten ausländischen Bürgern, sogar aus dem Schengenraum, hochoffiziell verbieten sollen, Immobilien zu erwerben. Zwar war schon früh klar, dass das Vorhaben mit EU-Recht nicht vereinbar ist, doch jetzt redete die sozialistisch geführte spanische Zentralregierung Klartext: EU-Ausländer, die nicht als Residenten auf Mallorca gemeldet sind, dürfen hier weiterhin Wohnungen oder Häuser erwerben. Anders als Madrid vertritt die an der Koalition beteiligte linkspopulistische Podemos-Partei die gegenteilige Meinung. Die Ansage der Zentralregierung richtet sich auch gegen Teile der sozialistischen Koalitions-Mehrheitspartei, die in der Frage gespalten zu sein scheint: Denn gerade die ebenfalls sozialistisch geführte Balearen-Regierung hat eine Kommission aus Forschern der Insel-Universität eingesetzt, die die Möglichkeiten zu einer Einschränkung des Verkaufs von Immobilien an Nicht-Residenten ausloten soll.
Die Debatte hatte vor einigen Monaten ihren Ausgang genommen, als auf Mallorca die Regionalpartei Pi die Frage ins Spiel brachte, ob man nicht handeln solle wie der Schengenstaat Dänemark, wo Nicht-Residenten auf einigen Inseln keine Immobilien kaufen dürfen. Dieses Privileg hatte sich der nordeuropäische Staat aber bereits bei der Formulierung der EU-Einigungsverträge ausbedungen, Spanien verzichtete darauf ausdrücklich. Ungeachtet dessen stieß die Forderung nach einer Limitierung des Immobilienverkaufs bei Podemos und der ebenfalls am Linksbündnis beteiligten Gruppierung Més auf positiven Widerhall. Sogar die sozialistische Ministerpräsidentin Francina Armengol äußerte mehrfach öffentlich Sympathien für diese Idee. Doch jetzt kam aus Madrid das Machtwort in der Sache.
„Der Alptraum ist beendet”, fasste Hans Lenz, der Chef des Maklerverbandes Abini, seine Erleichterung darüber zusammen. „Die Sache ist gestorben, die Debatte hat keine Grundlage mehr.” Jetzt müsse das ineffiziente Wohnsystem auf den Inseln so justiert werden, „dass sich dies in wenigen Jahren positiv für die lokale Bevölkerung auswirkt”, sagte der Fachmann gegenüber MM. Da die demografische Situation völlig anders als vor 50 Jahren sei, müssten die Bauvorschriften dringend angepasst werden. „Der Markt muss in die Vertikale wachsen”, so Hans Lenz. Sprich: Mehr in die Höhe bauen tue not. Auch neue Konstruktionsweisen – etwa mit schnell errichtbaren, vorgefertigten Gebäuden – könnten helfen, die angespannte Lage mit ständig steigenden Mieten zu entkrampfen.
Effizienz im sozialen Wohnungsbau kann laut Lenz auch weiter optimiert werden, wenn die Behörden sich weitgehend heraushalten und Privatunternehmen die Organisation des Ganzen überlassen. Nach einer gewissen Zeit könnten die Neubauten bei gedeckelten Mietpreisen zurück zur öffentlichen Hand gehen. Die Privatwirtschaft sei, was diese Branche angehe, schneller als der Staat, und dieser würde sogar Geld sparen. Auch andere Wege gebe es: Da nicht wenige Gewerbelokale leer stehen, was auch für öffentliche Bauten gilt, müsse man schleunigst Vorschriften ändern, um dort Wohnraum zu schaffen, so Lenz. „Gewerbeflächen sollten zugunsten von Sozialwohnungen umgewidmet werden.” Da die Familien immer kleiner würden, könne man außerdem viele große Wohnungen aufteilen.
Umgebaute recycelte Schiffscontainer, wie jüngst von Palmas Wohnungsbaudezernentin Neus Truyol ins Spiel gebracht, würden allerdings wenig bis nichts bringen. Damit liegt Lenz ausnahmsweise auf der gleichen Linie wie Armengol und Palmas Bürgermeister José Hila, die von dieser Idee ebenfalls nichts halten. Die Politiker versprechen hingegen, dass aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen in vier Jahren bis zu 15.000 Sozialwohnungen entstanden sein werden.
Bis Lösungsmaßnahmen wirken können, dürften noch Jahre vergehen. Bis dahin bleibt die Lage angespannt: Angesichts der hohen Mieten nahm in letzter Zeit die Zahl von Menschen zu, die etwa in Wohnmobilen leben. Dazu gehören nicht wenige Personen mit Vollzeitjobs. Sie versuchen, so zu überleben, weil die Schere zwischen stagnierenden Löhnen und Gehältern auf der einen Seite und steigenden Mieten auf der anderen immer weiter auseinandergeht. So stehen in Palma etwa derzeit 200 Fahrzeuge auf dem Parkplatz der Schwimmbäder von Son Hugo, in den Straßen von Son Malferit und im Viertel Ciutat Jardí.
Angesichts der vielen zu erwartenden Touristen in der Hochsaison und der dazu gehörenden, nur im Sommer arbeitenden Kräfte, gehen Hotelkonzerne inzwischen neue Wege, um nicht Geschäftseinbußen wegen fehlenden Personals erleiden zu müssen: Das Unternehmen Hipotels etwa, das mit mehreren Häusern auf der Insel vertreten ist, engagiert sich nun verstärkt für die Unterbringung der Angestellten. Bereits 2022 wurde die Miete der Beschäftigten zu 40 Prozent subventioniert. Es war wegen der Wohnungslage schwierig, qualifiziertes Personal zu akquirieren.
Unterdessen geraten immer Menschen wegen steigender Mieten in Not: Deswegen richtete die balearische Verbraucherschutzorganisation Consubal ein Büro in der Foner-Straße 7 in Palma ein. Dort oder unter den Telefonnummern 871178158 oder per Whatsapp unter 667912116 können Mieter erfahren, wie sie sich etwa gegen überzogene Forderungen wehren können.
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