Im Atelier auf Mallorca sind die Stühle an den Arbeitstischen bereits belegt. Im Hintergrund läuft angenehme Kaffeepausen-Musik. Jeder Kursteilnehmer hat roten Ton oder weißen Lehm vor sich und formt an seinem persönlichen Projekt. Dabei wird gelacht, erzählt oder einfach nur konzentriert getöpfert. Die Atmosphäre ist gelöst und vertrauensvoll.
„Wir machen hier unser Sushi-Geschirr”, sagt Daniela (7) mit fröhlich klingender Stimme und zeigt auf ihre Schwester Paula (10), Mutti Berta Potenta (42) und ihre Oma Marga. Die Mädchen arbeiten an Tellern in Maus- und in Katzenkopfform. Ihre Mutter formt das Kännchen für die Sojasauce und die Großmutter das Schälchen, in dem die Sushi-Stückchen in Soße getunkt werden. „Wir kommen regelmäßig hierher. Ich habe für meine Töchter einen internationalen Ort gesucht, an dem wir gemeinsam etwas unternehmen, an dem meine Töchter aber auch Englisch reden können”, so Berta Potenta.
Neben Daniela sitzt Anna von Walzel (42) mit ihrer Zehnjährigen Tochter Leonie. Die beiden Schwedinnen sind nicht zum ersten Mal im Urlaub auf Mallorca, wollten aber etwas anderes machen. „Man muss ja nicht abends immer nur in einem Restaurant essen gehen. Ich mache hier einen Aschenbecher für eine Freundin”, so Anna von Wenzel. „Und ich eine Muschelschale, auf die ich meinen Schmuck legen kann”, sagt Tochter Leonie etwas schüchtern.
Das Atelier besteht aus drei Ebenen: Auf den ersten beiden wird getöpfert und geformt, auf der dritten Ebene gibt es in heimeligem Flair Kurse für Aktzeichnen und Aquarellmalen. Inhaberin Julia Stenschke hat in diesen bunten Wänden ihren Traum verwirklicht. „Ich wollte einen kreativen Treffpunkt schaffen, an dem ich Kunstkurse und -abende anbiete, an dem sich Menschen aus aller Welt kennenlernen, entspannen und abschalten können”, so die 29-Jährige.
Stenschke hat in ihrem Leben schon viel geleistet und gemeistert, aber so richtig angekommen fühlte sie sich nie. Sie war auf Mallorca und in Deutschland aufgewachsen. War mal ein Jahr in Spanien zur Schule gegangen, mal ein Jahr in Berlin und konnte zwischendurch noch ein Schuljahr überspringen. Nach dem Abitur nahm sie an einem Au-Pair-Programm auf Gran Canaria teil und entschloss sich anschließend, Modedesign in Berlin, Hannover und Amsterdam zu studieren. Die Bachelorarbeit schrieb sie in den USA, während sie bei der New York Fashion Week mitarbeitete. Als sie nach einem Jahr Aufenthalt nach Deutschland zurückkehrte, erfand sie schließlich einen Kakao-Kaffee-Brotaufstrich und machte sich innerhalb von 30 Tagen selbständig.
Unterstützung bekam sie dabei von Carsten Maschmeyer, der Juror der „Höhle der Löwen”, der auf sie aufmerksam wurde und in ihre Geschäftsidee investierte. „Da war ich richtig erfolgreich, konnte locker vom Gewinn leben.” Denn ihre „Crema de Café” gab es deutschlandweit in den Supermärkten zu kaufen. Nun war sie zwar selbständig und hatte etwas Eigenes geschaffen, aber so richtig glücklich war sie noch nicht. „Nach zwei Jahren war ich wie ausgebrannt. Ich hatte zwar Geld, konnte mein Leben aber nicht genießen. Als die Pandemie begann, schloss ich mein Unternehmen”, so die 29-Jährige. „Nachdem ich mich wieder etwas gefangen hatte, zog ich nach Mallorca zurück und arbeitete wieder in der Modebranche”, sagt die gebürtige Berlinerin. Im Kopf manifestierte sich aber immer mehr der Wunsch zur Umsetzung der Idee, die hinter dem heutigen „Fun Art Club” steckt.
„Als ich mit meiner Mutter Abends spazieren ging, sah ich, wie jemand ein Schild ,Zu vermieten’ vor dem Laden aufstellte. Und da war es um mich geschehen”, resümiert sie und lächelt. Stenschke ergriff die Chance, mietete das Atelier und eröffnete es nach einer Blitzrenovierung innerhalb von 25 Tagen im Februar 2023. „Ich habe nun das erreicht, was mir immer im Kopf vorgeschwebt war: Einen Ort mit positiven Vibes, an dem sich die Leute kreativ austoben und ich ihnen einfach eine gute Zeit verkaufen kann”, sagt Stenschke zufrieden.
Ihre täglichen Kursangebote sind gefragt. Kürzlich habe das Son Bunyola Hotel & Villas von Richard Branson angefragt, ob sie ihre Kurse für Hotelgäste anbieten könne. Überhaupt sind die Zielgruppen vielfältig. Vom Kindergeburtstag, Malkurs mit Weinverkostung bis zum Junggesellinnenabschied, bei dem ein live-Stripper abgezeichnet wird, ist alles dabei. Zwei Stunden „Fun Art” sind ab 30 Euro buchbar. „Bald gibt es auch Monatskarten oder Zehner-Karten, weil die meisten Kunden noch einmal vorbeischauen”, versichert Stenschke. Genauso wie Familie Potenta, die schließlich ihr Sushi-Geschirr vervollständigen möchte. Weitere Infos unter funartclub.es.
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