Auf der Suche nach einem spannenden Thema für diese Woche habe ich (nicht zum ersten Mal) alle Fristen, Abgabetermine und Deadlines so überstrapaziert, dass ich die Kolumne nur mit sehr gesenktem Blick und einem leise genuschelten „Tut mir echt leid” abgeben konnte. Ich gebe zu, ich kann am besten unter Druck arbeiten. Ein wenig Stress beflügelt meinen Geist und kurz vor knapp kommen mir oft die besten Ideen. Dieses Phänomen kenne ich aus meinem Arbeits- und aus dem Privatleben.
Es ist auch nicht neu. Es begleitet mich im Grunde schon immer. Vor allem, wenn es um schöpferische oder gestalterische Prozesse geht, blockiert mein Hirn so lange, bis es fast nicht mehr möglich ist, die konstruierten Luftschlösser noch zu realisieren. Auch wenn diese Arbeitsweise sehr spannend und oft auch überraschend ist, da ich oft bis zuletzt nicht weiß, was dabei herauskommt, ist sie gleichzeitig auch sehr anstrengend, bindet Energie und Zeit, da ich vom Moment der „Auftragsannahme” bis zur Abgabe mit dem Thema beschäftigt bin. Immer mal wieder kommt mir blitzartig der Gedanke daran, dass ich noch ein Thema finden, schreiben, formulieren oder korrigieren muss. Wie viel leichter wäre es, innerhalb eines eng gesteckten Rahmens mit der Aufgabe beschäftigt zu sein, sie abzuschließen und den Kopf freizuhaben für das nächste Projekt? Das Zauberwort heißt „Zeitmanagement”.
Wenn man dieses Wort googelt, wird man geflutet von Kursen, Büchern, Coaches, die einem alle versprechen, innerhalb kürzester Zeit zum durchgetakteten Leben zu finden, in dem alles seinen Platz (sprich: Zeit und Raum) hat und man frisch und frei, eine Aufgabe nach der anderen abarbeitet, um sich dann seiner Freizeit zuzuwenden. So weit, so gut. Da liest man dann vom Pareto-Prinzip (Mit lediglich 20 Prozent des gesamten Einsatzes lassen sich bereits 80 Prozent des Ergebnisses erreichen. Für die verbleibenden 20 Prozent des Erfolges benötigt man folglich mit 80 Prozent am meisten Aufwand. Oft wird es daher auch als 80-20-Regel bezeichnet), erfährt etwas über die Eisenhower-Methode (Wichtige und dringende Aufgaben werden von unwichtigen und nicht dringenden Aufgaben unterschieden.
Entscheidend dabei ist, dass wichtige Aufgaben sofort erledigt werden und unwichtige Aufgaben entweder delegiert oder eliminiert werden). Dann gibt es noch die ABC-Analyse (Diese soll helfen, Aufgaben nach ihrer Wichtigkeit und Dringlichkeit zu kategorisieren. Aufgaben werden in drei Kategorien eingeteilt: A für dringend und wichtig, B für wichtig, aber nicht dringend, und C für weder dringend noch wichtig) und viele weitere mehr oder weniger gut erforschte Methoden, die helfen sollen, die zur Verfügung stehende Zeit besser zu nutzen.
Ich finde ja vor allem die Frage spannend und wichtig, warum ich das Gefühl habe, zu wenig Zeit zu haben. Wie kommt es dazu, dass ich mich immer gehetzt fühle oder meine Aufgaben auf den letzten Drücker abzugeben gezwungen bin? Die Universität Bielefeld hat einen Leitfaden entworfen, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Da heißt es neben den oben genannten Fragen: Wie kann ich Prioritäten setzen? Wie kann ich meine Woche planen? Wie kann ich die einzelnen Tage planen? Wie kann ich meine Ziele erreichen?
Ein guter Anfang, um herauszufinden, warum man unter Zeitmangel leidet, ist es, darüber nachzudenken, was einem die Zeit stiehlt. Häufig wird Zeitdruck dadurch verursacht, dass man zu viel Zeit für unwichtige Dinge verschwendet oder sich zu häufig von der Arbeit ablenken lässt. Um Ihre Zeitdiebe zu identifizieren, können Sie sich und Ihre Arbeitsweise beobachten: Welche Personen, Verhaltensweisen, Umstände und/oder Dinge hindern Sie an Ihrer Arbeit? Im nächsten Schritt überlegen Sie sich, wie Sie diese Zeitdiebe eliminieren können. Anschließend versuchen Sie, sich die einzelnen Störquellen vorzunehmen und ihr Auftreten zu verhindern. Beginnen Sie am besten mit dem größten Zeitdieb, um am meisten Zeit zu gewinnen.
Na, fällt Ihnen schon ein, wer oder was Ihnen die meiste Zeit raubt? Ist es der Kollege, der ständig anruft und Fragen stellt oder einfach nur erzählen möchte, ist es die Chefin, die immer wieder neue Anforderungen stellt oder die bereits laufenden Projekte ergänzt, ver(schlimm)bessert oder gar infrage stellt? Oder ist es das Handy, das neben einem auf dem Schreibtisch liegt und immer so schöne bunte Bilder aus aller Welt liefert und einen so herrlich ablenkt? Wenn Sie herausgefunden haben, wer oder was Ihre Zeit neben der Arbeit in Anspruch nimmt, kommt der schwierigere Teil: Wie können Sie sich davon einigermaßen befreien, ohne den Kollegen vor den Kopf zu stoßen oder die Chefin zu brüskieren? Lernen Sie freundlich, aber bestimmt „Nein” zu sagen (wir sprachen darüber MM 4/2022) . Auch zu sich selbst kann ein beherztes „Jetzt nicht!” sehr hilfreich sein, wenn der Blick schon wieder zum Handy wandert. Sie werden staunen, wie viel Zeit Sie plötzlich haben!
Dann können Sie anfangen, Ihre Tage oder Wochen zu planen, Aufgaben zu priorisieren und realistisch deren Dauer zu schätzen. Natürlich ist es auch wichtig, freie Zeiten für die sogenannte „Work-Life-Balance” einzubauen. Sie wollen sich ja schließlich am Ende besser fühlen und nicht die gewonnene Zeit mit noch mehr Arbeit verbringen.
All das Gesagte richtet sich in erster Linie an Sie, wenn Sie irgendwo angestellt sind und einen halbwegs geregelten Arbeitstag haben. Selbstständige, Kreative, Lehrer und Beschäftigte in anderen sozialen Berufen oder in Gastgewerbe und Hotellerie müssen jetzt ganz tapfer sein. Für Sie alle wurde noch kein wirklich funktionierendes Zeitmanagement-System erfunden, zumindest kenne ich keines. Für Sie gilt: Wenn es etwas zu tun gibt, erledigen Sie es, essen und schlafen kann man auch noch später. Wenn es nichts zu arbeiten gibt, essen Sie oder ruhen Sie sich aus und versuchen Sie, nicht in Panik zu verfallen. Scherz beiseite, für diese Gruppe von Arbeitenden wird es nicht so leicht sein, sich an Pläne, Priorisierungen und Fristen zu halten. Geben Sie Ihr Bestes, mehr geht nicht. So habe ich es auch geschafft, die Kolumne für diese Woche gerade noch rechtzeitig abzugeben. In diesem Sinne.
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