Eltern der toten Naia (4) gehen juristisch in die Berufung
September 2019: Vier Monate nach dem Tod der kleinen Vorschülerin demonstrierten Angehörige und Freunde der Eltern vor der Schule für "Gerechtigkeit" und mahnten eine juristische Aufarbeitung des tragischen Falles an. | Alejandro Sepúlveda
Juan P. Martínez und Alexander SepasgosarianPalma, Mallorca11.06.22 13:35
Es ist eines der tragischsten Unglücke auf Mallorca, das sehr viele Menschen bewegt: Der Tod des vier Jahre alten Mädchens Naia, dem man in der Schulkantine seines Kindergartens ein Milcheis gegeben hatte, obwohl das Kind bekanntermaßen hoch allergisch gegen Milcheiweiß war. Naia erlitt einen Schock und starb 24 Minuten nach dem Verzehr des Nachtisches.
Das erschütternde Drama vom Mai 2019 hat ein weiteres juristisches Nachspiel. Nach einem Gerichtsurteil vor wenigen Tagen haben die Eltern des toten Mädchens gemeinsam mit ihrem Anwalt beschlossen, Widerspruch gegen die richterliche Entscheidung einzulegen.
"Der Gerechtigkeit wurde nicht Genüge getan. Ganz und gar nicht. Alle anderen sind letztlich ganz gut weggekommen, und wir stehen ohne unsere Tochter Naia da", sagen Miguel und Yurena, die Eltern im Gespräch mit Reportern der spanischen MM-Schwesterzeitung Ultima Hora.
Sie finden nach wie vor keine Erklärung für die Verurteilung der beiden Personen, die für den Tod ihrer Tochter verantwortlich gemacht werden. Eine der Angeklagten wurde wegen fahrlässiger Tötung zu eineinhalb Jahren Gefängnis und die andere zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt. Die Leiterin der Kantine und ihre Mitarbeiterin hatten dem Mädchen – so wie den anderen Kindern in der Kantine auch – eine in transparente Plastikverpackung eingeschweißte Eisspeise ausgehändigt, ohne zu berücksichtigen, dass Naia keine Milchprodukte erhalten durfte. Das Mädchen seinen Platz an einem Extratisch für Allergiker. Ihr (in spanischen Kindergärten und Vorschulen üblicher) Schulkittel war zudem mit einem Warnsymbol versehen gewesen.
"Nichts, was nach dem Weggang von Naia passiert ist, ist fair oder verständlich. Weder in beruflicher noch in persönlicher oder emotionaler Hinsicht", sagen die Eltern. Sie klammern sich jetzt an die Hoffnung, dass die Berufung erfolgreich sein wird und die gefällten Urteile revidiert werden müssen. "All das schmerzt uns sehr: Das Leben unserer Tochter scheint lediglich eine Geldstrafe und eine zeitliche Einschränkung wert zu sein. Es ist furchtbar!“
Den zurückliegenden Gerichtsprozess, der in einem Strafgerichtssaal in Palma stattgefunden hatte, haben Miguel und Yurena als sehr schmerzlich empfunden. Dennoch wollten sie sich keine der Aussagen all der Menschen entgehen lassen, die vor den Richter geführt wurden. "Der Prozess war so, als wenn man in einen Boxring steigt und statt Schläge Messerstiche bekommt", sagte Yurena. Warum sei lediglich die Mindeststrafe verhängt worden, fragt sie. Es sei doch Tötung in Ausübung des Berufes gewesen. „Sie haben ihr das Gift direkt verabreicht, und wir wissen, dass sie leiden musste", argumentieren die Eltern und ihr Rechtsbeistand.
Bei der Anhörung sei unter anderem zur Sprache gekommen, dass Naia 24 Minuten lang auf den Beinen war während des Weges vom Speisesaal bis zur Krankenstation, bevor sie schließlich das Bewusstsein verlor. Die Eltern sind verzweifelt. "Im Speisesaal muss es doch einen Erste-Hilfe-Kasten geben! Ein Kind, das gegen Milch allergisch ist und ein Sahneeis gegessen hat, kann diese Strecke nicht laufen. Derjenige, der das beschlossen hat, während Naia im Sterben lag, ist zu einer Geldstrafe verurteilt worden", kritisieren Miguel und Yurena.
Sie erheben zudem Vorwürfe gegen die Schule. Die Einrichtung habe versucht, Dinge zu vertuschen, die im Laufe der Zeit den Eltern zur Kenntnis gelangten. Es gebe Entscheidungen der Schule, die nicht zu verstehen seien. "Es ist unglaublich, dass das gleiche Catering-Unternehmen immer noch für den Speisesaal zuständig ist. Der Inhaber des Unternehmens sagte vor Gericht aus, dass er selbst an jenem Tag entschieden hatte, den Nachtisch auszuwechseln. Er hat die Eis-Nachspeisen besorgt. Eines davon hat Naia getötet"
Auch die Angestellte der Krankenstation, die seinerzeit in der Schule arbeitete, wird von den Eltern nicht vergessen. "Sie wurde nicht einmal angeklagt. Jemand, der in der Krankenstation des Schulzentrums arbeitet, erklärte vor Gericht, dass sie das Mädchen nicht angefasst habe, weil sie nicht wusste, wo das Adrenalin war. Dieser Sachverhalt ist damals nicht untersucht worden", sagten die Eltern den Reportern.
Jetzt bleibt die Entscheidung des Gerichts abzuwarten, ob der Widerspruch gegen das Urteil angenommen wird.
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