Zu Mallorca gehören neben der boomenden Großstadt Palma auch kleine und mittelgroße Städte, die immer stärker wachsen. Santanyí im Südosten der Insel ist schon immer ein beliebter Anzugspunkt für deutsche Residenten. Wenn man vor dem Haus in der Calle Bernat Vidal y Tomàs steht, denkt man zunächst an einen Bedarf für Wassersportler. Strohschirme, Taucherflossen, Muscheln überall. Dass sich hier in einem alten Obstladen auf 180 Quadratmetern ein technisches Schlaraffenland verbirgt, vermuten wohl die wenigsten Einheimischen im 11.000-Einwohner-Örtchen Santanyí.
Im Minutentakt klingelt das Glöckchen, das über der Tür hängt. Hierher kommen alle, die ohne den strengen Blick des Chefs arbeiten, sich austauschen und vernetzen möchten. Das „Rayaworx” ist ein sogennanter Coworking-Space. Co-Worken, also zusammen arbeiten, gehört zu den modernen Arbeitsformen und ist in Deutschland besonders in Großstädten bekannt.
Warum nun gerade hier, im äußersten Südosten der Insel? „Genau das ist der Ansatz: Wir wollen Pendlerströme reduzieren und auch im ländlichen Bereich Menschen moderne Arbeitsmöglichkeiten bieten”, sagt Betreiberin Doris Schuppe. Gemeinsam mit Ehemann Rainer stellt die Deutsche nicht nur optimale technische Infrastruktur und Arbeitsplätze zur Verfügung. „Wir sehen es eher als eine Art Co-Living, weil wir auch im Ort leben und bei vielen Dingen helfen können”, sagt die 54-Jährige.
Die Kölnerin und der Münchener bringen ihre Erfahrung aus vielen Jahren Unternehmenskultur mit. Einer Meinung sind beide ganz klar: Arbeit soll Spaß machen. Deshalb entstand auch der Name des Unternehmens aus dem spanischen Wort für Rochen, „Raya”, als Bezug zu Mallorca und „Worx” durch die Kombination von „Relax” und „Work”. Eine Mischung aus Residenten, Urlaubern und Tagesgästen kommt hierher, um mit eigenem Smartphone oder Laptop die Geschäfte via Glasfaserverbindung in angenehmer Atmosphäre zu erledigen. „Digitalnomaden der zweiten Generation”, wie die Betreiber sie nennen.
Schallschutzfliesen, klimatisierte Räume und LED-Beleuchtung. Plus: ein kostenloser Parkplatz vor der Tür. „Wenn man rausgeht, ist man im Urlaub”, sagt Doris Schuppe. „Mallorca ist ideal gelegen, um von hier aus zu arbeiten und zu reisen.” Seit 2009 beschäftigt sich die Unternehmerin bereits mit Co-Working. Vom Großraumbüro wolle sich das Paar abheben: „Wenn alle unter Kopfhörer gehen, findet keine Interaktion mehr statt.” Im „Rayaworx” helfe man sich gegenseitig und habe auch Respekt vor der Tätigkeit des anderen.
Das Ehepaar bezeichnet sich selbst als „digitale Nerds”. Doris arbeitet als Journalistin seit 1988 mit Computern und wird heute unter anderem als Dozentin für Social-Media-Trainings gebucht. Rainer ist Software-Entwickler und hilft auch den Gästen bei der technischen Umsetzung ihrer Projekte. Beide wollen die Möglichkeiten der digitalen Welt ausschöpfen und schulen Interessierte dahingehend. Auch deutsche Firmen kämen regelmäßig hierher und nutzten etwa den Konferenzraum mit Beamer und Leinwand. Wer sich zurückziehen will, geht in die Lounge-Ecke oder den Patio. Oder zum Telefonieren ins Holzhäuschen „Casa de Bla Bla”.
Das Wichtige ist das Vernetztsein, so der Tenor. Deshalb finden hier auch abendliche Veranstaltungen statt. In Zukunft möchte das Unternehmerpaar noch mehr junge Leute anziehen. Das Konzept fördere Doris zufolge nachhaltigen Tourismus: „Die Leute leben und arbeiten hier und geben auch hier ihr Geld aus.”
Das „Rayaworx” in Santanyí ist montags bis freitags von 9 bis 19 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet und bietet 13 flexible Arbeitsplätze. Außerdem einen Konferenzraum und einen Podcast-Raum mit Greenscreen und Aufzeichnungsgeräten. Wahlweise kann man sich tageweise ab 25 Euro oder gleich für den ganzen Monat im Coworking-Space einmieten. Wasser, Tee und Kaffee sind inklusive. Genauso wie Fahrrad und Schließfach. Schulungen können separat gebucht werden. Sonderveranstaltungen und mehr unter: www.rayaworx.eu.
(aus MM 29/2018)
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