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Im Jahre 1933, Hitler ist Reichskanzler, dreht sich auf Mallorca nicht alles um den neuen Machthaber in Berlin. Ein Journalist aus Madrid, der in Palma das neuartige Phänomen der ausländischen Residenten recherchiert, schreibt im selben Jahr über die Insel-Deutschen, ihre Gemüter erhitzen sich vor allem über zweierlei: Politik und FKK.

Der Hinweis macht deutlich, wie wichtig den „Alemanes” bereits damals der Aufenthalt am Meer war. Wer aus dem kühlen Norden nach Mallorca auswanderte, als Gastronom und Kaufmann, als Ruheständler und Privatier oder später verstärkt als Emigrant und Exilant, dem war, bei mitunter aller existenzieller Bedrängnis, der Sprung in die blaue Sommersee eine mediterrane Labsal – ob mit oder – verbotenerweise – ohne Badeanzug. (Der Bikini war damals noch nicht erfunden.) Postkarten an die Lieben in der Heimat weisen mitunter ein winziges „x” in der Ansicht auf: „Hier bin ich um halb sieben abends noch geschwommen”, lautet dazu die handschriftliche Erklärung am Kartenrand.

Eine gefragte Badestelle in Palma, das war in jener Zeit die Bucht von Can Barbarà, die heute vom Paseo Marítimo eingefasst ist. Er degradiert das einst freie Meer zu einem brackigen Hafenbecken. Hier konnten jene Residenten, die zumeist in El Terreno und Son Armadans wohnten, zu Fuß ans Wasser laufen und sich über einen kleinen Strand ins Meer begeben. Der „Carrer dels Banys” (Die Straße der Bäder, heute eine finstere Gasse beim Tito’s), führte, wie der Name bezeugt, hinab zu den Strandbädern.

Jene, die es ruhiger haben wollten, suchten das Meer abseits über die Felsen auf. Irgendwo fanden sich immer ein Ein- und Ausstieg ins Wasser, auch ohne Badehose.

Schwimmen war damals groß in Mode. In Palma wetteiferten Clubs um sportliche Erfolge, und die deutsche Emigrantentochter Renate Klepper brachte es 1940 in 200 Meter Brust sogar zur Spanien-Dritten.

Zu den eifrigen Schwimmern im Meer soll auch NS-Konsul Hans Dede gezählt haben. Ein Bekannter schrieb ihm im Dezember 1936:

Wie haben Sie denn eigentlich die letztvergangene Badesaison ausgenutzt, Herr Dede? Sind Sie da mit Ihren beiden Dackeln immer alleine losgezogen, vielleicht nach Arenal?

Arenal, das war für die Palmesaner in ihrem damaligen Radius der entfernteste Strand. Eine deutschsprachige Inselzeitung beschrieb die Playa im Jahre 1932 folgendermaßen:

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Arenal ist der lange Badestrand in der Bahia von Palma. Sein 3 km langer Sandstrand ist die Sehnsucht vieler Fremder. Leider ist die Verbindung dorthin recht kompliziert. An der Plaza Cort am Ayuntamiento fährt die Straßenbahn nach Coll d’en Rebassa.

Als Tipp wurde eine Anschlussbahn empfohlen, die von Can Pastilla durch die Sanddünen in 30 Minuten bis nach Arenal schnaufte. Zum Baden steige man am besten mitten auf der Strecke aus, da sei man ungestört. An anderer Stelle schrieb das Blatt:

Für Liebhaber melancholischer Landschaft ist Arenal das Gegebene. Dort ist ein langgestreckter Strand, wo man der untergehenden Sonne nachträumen kann. Oder man kann in die dunkelgrünen Pinienbüsche starren, ohne von jemand gestört zu werden.

Doch wem Arenal zu weit und Can Barbarà zu eng war, der wurde rund um Palma dennoch fündig. Als eine der schönsten Badestellen der Stadt wurden die Buchten direkt an der Grenze zu Calvià empfohlen, wo sich beim damaligen (wie heutigen) Hotel Maricel die Endhaltestelle der Straßenbahn befand:

Sie lieben das Idyllische? Ja, dann gehen Sie an die Ylletas hinter C’as Català, dort sind zwei reizende „playas” kurz hintereinander.

Das Badeziel Nummer eins war damals hingegen zweifellos Palmas „Große Bucht”. Das Blatt empfahl den Badefreunden:

Wer Zerstreuung im Anblick anderer fröhlicher Menschen sucht, soll nach Cala Mayor gehen, er findet sie bestimmt.

(aus MM 37/2018)