Am Mittwoch, 12. September, nehmen die öffentlichen Schulen den Unterricht wieder auf. Mit dem Monat August nähern sich auch die Schulferien ihrem Ende. Für die Eltern bedeutet das in Spanien traditionell hohe Kosten. Vor allem für Schulbücher werden in der Regel mehrere Hundert Euro fällig. Verbraucherschützer, Gewerkschaften und Elternverbände fordern bislang vergeblich grundlegende Änderungen.
„Die spanische Verfassung garantiert ein kostenloses öffentliches Bildungswesen”, sagt Alfonso Rodríguez, Vorsitzender der balearischen Verbraucherschutzorganisation Consubal und Gemeinderatsmitglied für die Linkspartei Izquierda Unida in Calvià. Dass Eltern Jahr für Jahr Hunderte Euro für Schulmaterialien und -bücher zahlen müssen, sei daher „Betrug”.
Rodríguez hat wie in jedem Sommer ausgerechnet, welche Kosten auf die Familien zum Schuljahresbeginn zukommen. Das Ergebnis: 389 Euro im Schnitt pro Kind. Mit 260 Euro machen die Schulbücher dabei den größten Anteil aus. Die Verbraucherschutzorganisation OCU (Organización de Consumidores y Usuarios) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis und hat zudem eine Preissteigerung von etwa zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr ausgemacht.
Die Nutzung von Schulbüchern ist in Spanien traditionell weit verbreitet und in den meisten Fächern gang und gäbe. Entsprechend groß ist der Markt für diese Unterrichtsmaterialien, auf dem zahlreiche Unternehmen aktiv sind. 865 Millionen Euro setzten die Schulbuchverlage im Jahr 2016 um. „Das ist ein enormes Geschäft”, sagt Rodríguez.
Die Entscheidung, ob und welche Schulbücher zum Einsatz kommen und deshalb zum Schuljahresbeginn angeschafft werden müssen, obliegt den einzelnen Schulen. Die Bildungsministerien legen lediglich die Lehrpläne fest, diese in Unterrichtsmaterialien umzusetzen ist die Aufgabe der Verlage.
„Die Entscheidungen der Schulen, welchem Verlag sie den Vorzug geben, sind nicht transparent”, sagt Rodríguez. In den vergangenen Jahren sei es üblich gewesen, dass Verlagsvertreter die Schulen mit allerlei Vergünstigungen oder Sachgeschenken lockten. „So ähnlich, wie das die Pharmaunternehmen bei Ärzten versuchen.”
Rodríguez fordert, dass es zumindest an den öffentlichen Schulen einheitliche Unterrichtsmaterialien geben solle. Auf diese Weise könnten die Schulbücher vom balearischen Bildungsministerium gratis ausgegeben werden. Die Schüler müssten sie dann nach Ablauf des Jahres wieder in gutem Zustand zurückgeben. Auch die Lehrergewerkschaft STEI fordert, dass der Staat zumindest an öffentlichen Schulen sämtliche Unterrichtsmaterialien gratis zur Verfügung stellen solle. „Das Ziel des öffentlichen Schulwesens ist es doch, dass die Kinder und Jugendlichen eine gute Bildung bekommen, nicht, dass die Verlage Geld machen”, sagt Rodríguez.
Bislang unterstützt die Balearen-Regierung mit einem Förderprogramm die Wiederverwendung von Schulbüchern. Zahlreiche Schulen versuchen mit ähnlichen Projekten, die Kosten für die Familien möglichst gering zu halten. Verschiedene Gemeinden zahlen zudem einkommensschwachen Familien Zuschüsse zum Kauf von Schulbüchern und sonstigem Unterrichtsmaterial.
Denn erschwerend kommt noch hinzu, dass die Bücher in den meisten Fällen nur eine kurze Gültigkeit haben, sodass selbst Familien mit mehreren Kindern kaum die Möglichkeit haben, sie mehrfach zu benutzen. „Per Gesetz müssen Schulbücher in Spanien spätestens alle vier Jahre neu überarbeitet werden”, sagt Rodríguez. Mit der Folge, dass die Eltern wieder Geld in die Hand nehmen müssen.
Außerdem unterliegen die Lehrpläne in Spanien häufigen Änderungen. Sobald es zu einem Regierungswechsel kommt, wechselt auch die Bildungspolitik – meist führt das dazu, dass auch die Schulbücher neu aufgelegt werden müssen, selbst wenn es sich nur um minimale Änderungen handelt. „Das Problem ist, dass die Bildungspolitik in Spanien extrem politisiert ist”, sagt Rodríguez. „Die Bildung ist in diesem Land eine Waffe.”
Zwischen linken und rechten Parteien tobt ein Kampf um die Deutungshoheit in vielen Bereichen. Was in Fächern wie Geschichte, Religion oder Sozialkunde den Schülern vermittelt wird, ist heftig umstritten. War Franco ein Diktator oder ein Staatsmann wie viele andere? Welche Rolle kommt der Kirche in der heutigen Gesellschaft zu? Wie werden Themen wie Homosexualität oder Immigration behandelt? Immer wieder kommt es hier zu ideologischen Grabenkämpfen, die auch in den Schulbüchern Niederschlag finden.
Welche Blüten das treibt, konnte man vor nicht allzu langer Zeit auf Mallorca beobachten, als sich die damals konservative Regionalregierung dafür aussprach, in den Unterrichtsmaterialien statt des Katalanischen die auf den Inseln gesprochenen Dialekte zu verwenden – die als Schriftsprache überhaupt nicht existieren.
(aus MM 35/2018)
5 Kommentare
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Metti@ ja auf der einen Seite richtig. Zwar sind die durchschnittlichen Einkommen niedriger, dafür aber auch die Kosten der allgemeinen Lebenshaltung. Geschätzt je nach Region 15-20%. Auf dem Span. Festland sogar 30%. In DE kann man z.B. niemals für den Fahrpreis von 1,50 E, oder Tarjeta 10 E, Bus fahren wie hier auf der Insel von Endhaltestelle bis Enthaltestelle mit EMT. Und die Monatskarten für Erwachsene kosten auch nur 37 Euro. Der MVV verlangt zwischen 66 bis über 100 Euro für die Monatskarte und der Pendler zahlt nochmals drauf für die Bahn. Benzin ist auch billiger als in DE etwa auf dem Stand von Österreich. Im bayerischen Oberland koste E10 laut Internet gerade 1,53,9 Euro. In Palma bei CARREFOUR 1.38,9 Euro. Also beklagen braucht sich hier kein Resident. Die leben im Vergleich zu DE super preiswert. Sie sagen, dem Zimmermadl bleibt nix mehr. Ist denn das in DE anders? Nö ! Und bekommt sie ein Zimmer in München? Nö!
Carlos: ganz einfach Hajo möchte damit aufzeigen, das es in Deutschland noch teurer ist und das man hier damit keinen Grund hat rumzustöhen. Nur das in Deutschland die Einkommen höher sind, man im Notfall die soziale Hängematte hat. Was bleibt dem Zimmermädchen den noch in der Tasche, nach Abzug von Miete, etc. Man darf nun nicht die Lohnkosten eines hier arbeitenden selbständigen deutschen Handwerkers ansetzten. Der kann sich das natürlich leisten. Das Deutschland immer als das Mass aller Dinge genommen wird, verstehe ich nicht.
Hajo@ "Auch in DE ist das ein gravierendes Problem ..." - Ja, und? Was hat das mit Mallorca zu tun? Thema verfehlt: 6, setzen.
Auch in DE ist das ein gravierendes Problem =# Für den Schulbesuch fallen in Deutschland zwar an sich keine Kosten an, denn schon zu Zeiten der Weimarer Republik wurde das Schulgeld für Volksschulen abgeschafft, seit Ende der 1950er Jahre ist auch der kostenfreie Besuch eines Gymnasiums möglich. ....... Doch leider fallen dennoch für alle Familien Schulkosten an, die finanziert werden müssen. Schulbücher, Stifte, Hefte, Verpflegung und Transport sind einige der wichtigsten Punkte auf der langen Liste, aus der sich die tatsächlichen Schulkosten zusammensetzen.# Finanzieller Kraftakt für viele Familien....Die Berechnungen, welche Schulkosten pro Jahr anfallen, variieren sehr stark. Einige Berechnungen gehen von rund 500 Euro pro Kind und Schuljahr aus, während andere Studien zu einem deutlich höheren Ergebnis von 800 Euro und mehr. Vor allem alleinerziehende Elternteile und Familien mit einem geringen Einkommen haben häufig Schwierigkeiten, die Schulkosten für ihre Kinder aufzubringen. Quelle= Catimaxi-Kids.deFazit = Eltern können viele Kosten steuerlich absetzen, aber zuerst müssen sie das Geld netto vorstrecken. Und wer wenig verdient, kriegt auch wenig wieder raus. Also hilft das auch nix.
Hello