Seit 20 Jahren arbeitet Sofia Kohmann als Tierärztin auf Mallorca. Und fast genauso lange ist sie die Tierexpertin des Mallorca Magazins. Zwei Jahrzehnte, in denen sich nicht nur die Veterinärmedizin stark weiterentwickelt hat. Auch der Umgang mit Tieren war auf der Insel ein anderer. „Als ich herkam, war auf jeder Finca ein Hund angekettet. Tierschutz spielte keine Rolle”, erinnert sich die 58-Jährige. „Ich stelle nicht in Abrede, dass der Mallorquiner tierlieb ist. Aber das Bewusstsein, das sich in Deutschland in den letzten 50 Jahren entwickelt hat, hinkt einfach hinterher. Das ist ja auch in anderen Bereichen so. Zum Beispiel beim Umweltschutz, bei der Mülltrennung.” Dass der Tierschutz stärker im Bewusstsein der Menschen auf Mallorca ist, sei den Zugezogenen zu verdanken. „Mittlerweile ist die Insel überschwemmt von Ausländern, die haben ihre Wertvorstellungen mitgebracht.”
Kohmann betreibt mit ihrer niederländischen Kollegin Marianne Van Der Wal die Eurotierklinik in Arenal mit Außenstelle in Portals Nous und ist aktive Tierschützerin. „Wir investieren jedes Jahr zwischen 10.000 und 15.000 Euro”, betont die aus dem Schwarzwald stammende Wahl-Mallorquinerin und meint damit die gratis geleisteten Arbeitsstunden für Tiere ohne zahlenden Besitzer. Es werden zum Beispiel viele Straßenkatzen kastriert. In ihrer täglichen Arbeit mit Tierschützern gibt es auch Diskussionen. Denn Kohmann findet nicht alle Aktivitäten gut und sinnvoll. „Es ist toll, ein Einzelschicksal zu retten. Aber viele sehen das Ganze, die Zusammenhänge nicht. Dafür muss man allerdings Verständnis haben. Wenn man ein Tier rettet, ist der unmittelbare Erfolg sichtbar. Man zahlt 20 Euro und hat zum Beispiel eine Katze gerettet. Das bettelnde Kind in Indien kannst du so nicht retten. Und wenn du fünf Euro spendest, weißt du nicht, wo das Geld landet.” „Und dem Nachbarn den Hund wegnehmen und diesen nach Deutschland schicken, hilft zwar vielleicht dem betroffenen Hund, aber vier Wochen später ist der nächste da. Man muss die globalen Zusammenhänge sehen, wenn man im Tierschutz etwas erreichen will. Tierschutz ist notwendig, sollte aber mit Sinn und Verstand gemacht werden.”
Sofia Kohmann hat in Berlin und München studiert und auch einen Teil ihrer tierärztlichen Ausbildung in den USA verbracht. Ganz am Anfang wollte sie eigentlich Humanmedizinerin werden. Aber der Gedanke, ein Kind sterben sehen zu müssen, habe nicht ihren ethischen Vorstellungen entsprochen. Ein toter Hund beschäftige sie nicht im gleichen Maße. „Ich bin auf dem Bauernhof groß geworden. Unsere Tiere haben wir gegessen. Deswegen bin ich nicht weniger tierlieb.”
Als Kohmann 1997 den Entschluss fasste, nach Mallorca zu gehen, war die gesundheitliche Versorgung von Tieren auf Mallorca noch in den Kinderschuhen. Für kompliziertere Operationen musste man mit dem Patienten nach Barcelona fliegen. Inzwischen gibt es in Palma zwei große Kliniken und Tierärzte wie Sand am Meer. „Als ich anfing, waren es in der Gemeinde Llucmajor fünf, heute sind es 22.” Allerdings praktizieren auf Mallorca nur wenige deutsche Veterinäre. „Damals konnten die deutschen Residenten kaum Spanisch und waren dankbar, dass es uns gab.” Inzwischen habe aber ein Generationswechsel stattgefunden. „Fast jeder, der hier geboren ist, spricht drei Sprachen. Man muss sich als Ausländer keine Gedanken mehr darüber machen, dass man in der Tierarztpraxis nicht verstanden wird.”
Geändert habe sich auch die Tiermedizin allgemein. Sie habe sich der Humanmedizin immer stärker angenähert. Auch hinsichtlich des Spezialistentums. Und nicht jeder Experte sei in der Lage, einen Katzenschnupfen zu behandeln. „Ich kann noch alles, habe auch gelernt zu improvisieren. Viele junge Tierärzte können das nicht mehr.”
Natürlich verbringt Kohmann auch ihr Privatleben mit Tieren. Sie lebt in der Nähe von Llucmajor auf dem Land mit Hunden, Katzen, Federvieh, hat eine Wellensittichzucht. Ausgeprägte Hobbys pflegt sie nicht, vielleicht kann man die Fortbildung aber als Hobby werten. „Ich will mich immer weiterentwickeln. Im Moment interessiere ich mich wieder mehr für den Menschen. Ich habe gerade die Heilpraktikerprüfung gemacht.”
(aus MM 11/2018)
7 Kommentare
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Spenden für die Sterilisation zu verwenden um die wilde Vermehrung zu stoppen macht mehr Sinn, statt die Probleme ins Ausland zu exportieren.
Alle bisher im MM geschilderten Probleme der Tierhaltung und Vernachlässigung würden sich um mindestens 50% verringern, wenn man nach Muster DE, CH und Ö eine Halteverordnung und Hundesteuern festlegen würde. Denn wenn die Halter auch noch Steuern nach Art und Grösse bezahlen , ggf. Auflagen für klassifizierte Kampfhunde einhalten müssten, werden sie verzichten sich diese Tiere an zu schaffen. Ein Chipspflicht würde dazu beitragen. dass ausgesetzte und entlaufene Tiere auf den Halter zurück geführt werden können und dieser für alle Schäden auf zu kommen hat.Je weniger dieser Hunde aufgegriffen und dann auch noch exportiert werden, und z.B. in DE dann prompt in den sowieso schon überfüllten Tierheimen landen, weil sie nicht mehr sozialisierbar sind, um so weniger Ärgernisse bestehen deshalb.
Sie macht aber was,was den Tieren zugute kommt und Klugscheißer gibt es überall
Sie wird sich "immer weiterentwickeln". Prima, danach wird sie Totengräber(in).
@ Britta: Super lustig. Allerdings würde ich den Wurm an eine Amsel geben. Die gehen sehr rabiat beim fressen damit um.
@Swen: Vielleicht kommst Du ja in Deinem nächsten Leben als Wurm zur Welt. Brrr... dann verfüttere ich Dich an die Fische.
Von so einer Heilpraktikerin werde ich mich wohl kaum behandeln lassen. Brrrr evtl. Köter und Katzen im Behandlunsraum!