Die Furcht vor dem Feuerbakterium Xylella fastidiosa hat die Insel fest im Griff. Das Bakterium greift eine Vielzahl von Pflanzen an, besonders Mandelbäume gehen ein. Zur Eindämmung der Plage hat die Balearenregierung dieses Jahr 1,6 Millionen Euro bereitgestellt. „Das hat oberste Priorität”, sagt Omar Beidas vom balearischen Agrarministerium. Bevor die Xylella Ende 2016 erstmals festgestellt wurde, galt die Sorge einer anderen Plage: dem Palmrüssler Rhynchophorus ferrugineus. Seit zwölf Jahren wütet der rote Käfer auf der Insel und er schien drauf und dran, eines ihrer Wahrzeichen auszulöschen: die 500.000 Palmen. Bei aller Aufregung um die Xylella hört man kaum noch vom Palmrüssler.
„Die Zahl der Neuinfektionen ist radikal zurückgegangen”, sagt Beidas. Seien 2014 noch 2707 Fälle gemeldet worden, waren es letztes Jahr nur 152. Das sei aber kein Grund zur Entwarnung. „Die Lage ist noch genauso katastrophal”, bestätigt Joan Mateu vom Umweltamt der Stadt Palma. Die Zahl der Fälle sei gesunken, weil nicht mehr alle gemeldet würden, obwohl das Pflicht sei, und weil viel mehr Palmen vorbeugend behandelt würden. In der Bevölkerung sei das Bewusstsein dafür gewachsen. Doch ohne Behandlung sei der Tod sicher. Das gelte in erster Linie für die kanarische Dattelpalme, lange Zeit die einzige Sorte, die befallen wurde. „Aber auch immer mehr echte Dattelpalmen und mexikanische Washingtonpalmen erkranken.” Die milden Winter hätten den Lebenszyklus des Schädlings leider verlängert, waren es früher sechs Monate, seien es jetzt neun.
Wer eine Palme besitzt, ist gesetzlich verpflichtet dafür zu sorgen, dass sie in gutem Zustand bleibt. Bei Verstoß droht eine Strafe von 3000 Euro, denn kranke Pflanzen sind ein Ansteckungsherd. Im Januar 2016 hat die Balearenregierung per Erlass erklärt, der Kampf gegen die Palmrüsslerplage sei von allgemeinem Interesse, und gleichzeitig obligatorische Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention festgelegt. Neben regelmäßigem Beschneiden gehören dazu phytosanitäre Behandlungen, am besten alle 45 Tage. Nur bestimmte Pflanzenschutzmittel sind erlaubt und nur wer einen entsprechenden Kurs mitgemacht hat, darf sie anwenden.
Der Palmenschutz ist teuer. „Zwischen 40 Euro und 85 Euro können (je Behandlung) pro Palme berechnet werden, je nach Sorte, Größe, Höhe und Befall”, sagt Yvonne von Wechmar von der Firma Mallorca-Gartenbau. Erstaunlicherweise sei der Wunsch nach Palmen im Garten nicht zurückgegangen, aber sie weise alle Kunden auf das Risiko hin und empfehle regelmäßige Behandlungen. „Vor der kanarischen Dattelpalme raten wir unbedingt ab”, meint Mónica Escudero vom Cocos-Garden-Center in Andratx. Die phytosanitäre Behandlung schwäche sie, deshalb müssten zusätzlich Vitamine gegeben werden und nach einer Weile auch Fungizide, weil die Bäume auch anfällig für Pilzbefall werden. Es sei ein Fass ohne Boden.
„Die Plage ist ein großes Geschäft für die Chemiefirmen, weil man die Produkte dauerhaft anwenden muss”, findet Andrés Morales. Er ist Gärtner im Tennis Center Paguera, wo er für die Pflege von 140 prächtigen Palmen zuständig ist. Und selbst wenn man gewissenhaft vorgehe, sei man nicht vollkommen gegen den Palmrüssler geschützt. Wenn der Nachbar seine Palmen nicht behandele, dringe der Käfer irgendwann ein. „So haben wir vor kurzem ein Exemplar verloren. Das ist sehr frustrierend.” Der Schutz vor der Plage könne nur funktionieren, wenn alle Palmen kontrolliert würden. Da 90 Prozent von Mallorcas Palmen auf privaten Grundstücken stehen, ist das aber kompliziert, noch dazu bei den geschrumpften Mitteln.
2015 investierte die Balearenregierung noch 500.000 Euro, das waren 90 Prozent ihres gesamten Budgets zur Schädlingsbekämpfung, in die Palmrüsslerplage. „Heute sind es vielleicht noch fünf Prozent”, meint Omar Beidas. Weder aus Madrid noch seitens der EU gebe es Unterstützung und das schon seit über drei Jahren. „Die Mitgliedsländer haben das Handtuch geworfen. Sie haben andere Prioritäten, allen voran die Xylella.”
In den meisten Gemeinden werden die Palmen nur nach einer Klage oder Anzeige von Nachbarn kontrolliert. Eine Ausnahme ist Palma. Hier inspizieren drei Mitarbeiter des Rathauses die privaten Palmen. Bei Schädlingsbefall geben sie den Besitzern sieben Tage Zeit, Maßnahmen zu ergreifen, sonst droht Strafe. Das funktioniere, meint Joan Mateu vom städtischen Umweltamt. „Dieses Jahr haben wir 15 Mahnungen erteilt und in 14 Fällen reagierten die Besitzer.” Die Palmen, die dem Rathaus gehörten, würden durchweg präventiv mit Pflanzenschutzmitteln behandelt, betont Mateu. Die Inselhauptstadt investiere in die Palmen, weil sie von einzigartigem landschaftlichen Wert seien, ganz besonders am Paseo Marítimo und vor der Kathedrale.
Das Postkartenmotiv hat seinen Preis, nicht nur finanziell gesehen. „Chemiekeulen sind immer eine Umweltbelastung - oft sieht man deren Auswirkungen erst im Nachhinein oder gar, wenn es zu spät ist”, sagt Yvonne von Wechmar von Mallorca-Gartenbau. Die große Hoffnung der Balearenregierung ruht jetzt auf einem neuen Mittel. „Es heißt ,Benzoato de Emamectina’ und wird voraussichtlich nächstes Jahr in Spanien legalisiert sein”, sagt Omar Beidas. Die Substanz soll bei nur einmaliger Anwendung eine Palme ein ganzes Jahr lang schützen. Das soll die Kosten für die Prävention reduzieren und die Umwelt schonen.
(aus MM 09/2018)
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