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Weltmeister bei der Ferrari Challenge, Self-Made-Unternehmer, Gastronom und Hotelier, so die Kurzbeschreibung von Jens Liebhauser. Der 45-jährige deutsche Mallorca-Resident mit Firmenbasis im Tiroler Skiparadies Ischgl wurde in Mugello zum Champion der offiziell von der FIA anerkannten GT-Rennserie der italienischen Sportwagenmarke gekrönt.

"Wie bei Lewis Hamilton war meine Glückszahl die 44. Mit dieser Startnummer haben wir beide am 29. Oktober die WM gewonnen", erzählt Liebhauser im MM-Gespräch und bestellt sich vor der Bucht von Palma mitsamt Kathedrale erst einmal eine Cola Light. Auch sein Freund Timo Scheider - mehrfacher DTM-Champion, jetzt im Rallycross aktiv und ebenfalls auf Mallorca wohnhaft - fahre übrigens mit dieser fast schon magischen Zahl.

Selbst wenn er sich schon erfolgreich mit Talenten wie Fabio Leimer oder dem 20-jährigen Kart-Weltmeister Nicklas Nielsen gemessen hat, strebt der sportliche Unternehmer natürlich keine Formel-1-Karriere mehr an, hat seit seinem Debüt in Le Mans jedoch Benzin geleckt und will dem Motorsport in der nächsten Saison bei den offenen spanischen Meisterschaften GT Open treu bleiben. "Am Start sind GT-3-Fahrzeuge. Ferrari bleibe ich natürlich treu", sagt der Sportler, der bei der Ferrari Challenge für ambitionierte Non-Professionals zunächst mit dem nach seinen Hotels in Ischgl und Ca's Català benannten Zheroracing-Team antrat, dann aber zum Werksteam AF Corse wechseln durfte, als er in der Gesamtwertung aussichtsreich auf Platz zwei lag. "Da gibt es ganz andere Ingenieure, bessere Renndaten und ein perfektes Set-up. Ziel nach dem Wechsel war der EM-Sieg. Dass es mit dem Sieg im letzten Rennen auch zum Titelgewinn des Weltmeisters im Trofeo Pirelli gereicht hat, war für mich um so schöner. Wenn man auf dem Podium steht, und die deutsche Nationalhymne erklingt, ist das schon ein bewegender Moment", freut sich der Wahlinsulaner, der auf Erfahrungen in so unterschiedlichen Disziplinen wie Snowboard, Tischtennis und Golf zurückgreifen kann.

Ein Selbstläufer war der Sieg vor den Konkurrenten Marin Nelson und Marc Muzzo offenbar nicht: "Beim vorletzten Rennen in Monza ist mir mit 13 Sekunden Vorsprung in Führung liegend kurz vor dem Ziel der Sprit ausgegangen", schildert Liebhauser ein Missgeschick, das das "Grande Finale" in Mugello noch einmal spannend machte. Auch von der Angst, die jeder Motorsportler in der Stunde vor dem Rennen empfinde, spricht er lieber frei von der Leber weg: "Ich spüre das Adrenalin im Hals, werde nervös, muss auf die Toilette und kann nur enge Vertraute um mich herum haben." Als gefährliche Situationen in seiner Karriere nennt er einen dreifachen Rippenbruch beim Kart-Training in Magaluf mit Lokalmatador Toni Alarcón sowie einen kritischen Zwischenfall bei einem Straßenrennen in der Nähe von St. Moritz, als nur die Leitplanke ihn mit einem schweren Geländewagen vor einem 300-Meter-Sturz in die Tiefe retten konnte.

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Sportlich genau auf den Punkt gebracht habe ihn neben vielen Trainingsstunden auch eine telemetrisch aufgenommene Referenz-Runde von Ferrari-Pilot Giancarlo Fisichella, deren einzelne Bausteine mit Bremspunkten und Pedalwerten er im Lauf der Zeit mit vielen Fahrexperimenten verinnerlicht habe, um die Leistung zu optimieren. "Wenn der Drehzahlbegrenzer in der Kurve den Motor aufheulen lässt, kommt es auch auf das schnelle Weiterschalten an."

Was ihm am Motorsport weniger gut gefällt? "Dass es extrem auf Geld und Kontakte ankommt. Milliardäre aus Brasilien können sich unter Umständen in ein Formel-1-Team einkaufen, während für junge Talente noch nicht einmal in den Nachwuchskategorien ein kostenloses Cockpit zur Verfügung steht", entgegnet der Sport-Fanatiker, der seine Freizeit auf Mallorca gerne beim Squash im Megasport in Palma, beim Wakeboarden in Palmanova, beim Kitesurfen in Can Pastilla oder beim Golfen in Son Muntaner verbringt. Zu Hause im Tiroler Paznauntal sind es eher abendliche Skitouren mit Helmlampe und 1200 Höhenmetern, die Liebhauser direkt hinter seinem Fünf-Sterne-Plus-Hotel in Kappl beginnt und mit einer Abfahrt durch die Natur beendet. Auch auf die Pirsch im Gebirge geht der Jagdscheinbesitzer und Vater von drei Töchtern mitunter recht gerne: "Wir achten darauf, dass ein Aufsichtsjäger mitkommt und das Wild zum Abschuss freigibt. Dass die erlegte Gams dann fünf oder sechs Stunden lang auf dem Rücken zurück ins Tal getragen wird, ist Ehrensache und gehört mit dazu", meint der gebürtige Nordbadener aus der Ortschaft Kraichstal-Gochsheim, in die weiterhin enge Kontakte bestehen - bis hin zu Berichten in der Lokalpresse.

Seine ersten geschäftlichen Erfolge hatte der passionierte Hobbykoch in jungen Jahren unterdessen mit einem Ski- und Snowboard-Verleih in Ischgl zu verzeichnen. Später kam ein Tabubruch hinzu: Die erste Burger-King-Filiale in einem Skiort im deutschsprachigen Alpenraum, die bis heute im Besitz der Familie ist. Fortgesetzt wurde die Karriere mit der Entwicklung von Immobilien auf Mallorca. Unter anderem das Zhero Hotel - mit weniger Sternen als in Österreich, jedoch in Anlehnung an eine Designer-Herberge in Miami South Beach -, die Restaurantkette Lucy Wang sowie das Restaurant Bahía Mediterráneo mit seinem Jugendstil-Interieur am Paseo Marítimo gehören zum Portfolio.

Schwiegervater ist übrigens der bekannte Hotelier und Gastronom Günther Aloys. Geschäftlich gehe man jedoch getrennte Wege, so Liebhauser, der seine Karriere nach einigen Semestern Innenarchitektur einst mit einem 12.000-Mark-Darlehen der Mutter gestartet hatte. Auf die nächsten Projekte darf man gespannt sein. Bei Kaiserschmarrn und Wiener Schnitzel aus der Hand von Küchenchef Klaus Brunmayr geht das Gespräch im Jugendstil-Ambiente des Bahía Mediterráneo zu Ende.

(aus MM 46/2017)