Eindrucksvolle Aussichten über die Küste bieten sich den Besuchern der Muntanya del Voltor. | Teresa Ayuga

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Halt! Eine Pforte versperrt den Wanderweg von Valldemossa auf den Pla des Pouet, die traditionelle Route zum Weg des Erzherzogs. Ohne Genehmigung geht es hier nicht weiter. Doch bevor sich der Wanderer ärgert, die gute Nachricht: Die Genehmigung ist Formsache. Nur ein Anruf ist nötig (siehe Kasten unten). Die Pforte markiert eines der innovativsten Schutzprojekte der Tramuntana. Es heißt Muntanya del Voltor, "Geierberg". Das ist der historische Name der Gegend. Er stammt aus dem 13. Jahrhundert.

"Das Ziel des Projekts ist es, den Schutz der Natur und des Kulturerbes mit dem Tourismus und den Interessen der Landeigentümer in Einklang zu bringen", erklärt der Projektkoordinator Joan Juan. 95 Prozent der Tramuntana befinden sich in Privatbesitz und auch diese Wanderung führt zunächst über private Fincas. "50.000 Menschen liefen hier pro Jahr entlang", sagt Juan. Die Zahl stammt von 2015. "Es sah aus, als hätte hier der Zweite Weltkrieg stattgefunden", meint Toni Colom vom Rathaus von Valldemossa, "jede Menge Abfall, Wege und Vegetation in desolatem Zustand, historische Stätten zerstört und verfallen."

Auf Initiative der Umweltstiftung FVSM (Fundación Vida Silvestre del Mediterráneo) startete 2014 das Landschaftsschutzprojekt Muntanya del Voltor. Es ist eine Gemeinschaftsleistung öffentlicher und privater Institutionen. Einen Teil der Kosten tragen die Fincabesitzer, die sich in einer Vereinigung zusammengeschlossen haben. Hinzu kommen öffentliche Zuschüsse. Die FVSM übernahm die Koordination. Auf 800 Hektar Fläche wurden Trockenmauern, Wege und ethnologische Elemente instand gesetzt: Brunnen, Kohlenmeiler, Speicher, zwei Aussichtstürme sowie eine alte Schutzhütte aus dem Jahr 1909. Der Eichenwald wurde verjüngt und aufgeforstet, der Eichenbefall durch den Käfer Cerambyx Cerdo kontrolliert, die Ziegenpopulation ebenfalls und die Bodenvegetation wiederhergestellt. Ein Info-Häuschen wurde installiert und ankommende Wanderer nach ihrer Nationalität und ihrem Ziel befragt. "So wissen wir heute, dass drei Viertel der Besucher Ausländer sind, mehrheitlich Deutsche, gefolgt von Engländern und Österreichern", erzählt Juan.

Dieses Jahr hat die FVSM die Projektkoordination an die Vereinigung der Fincabesitzer abgegeben. Die Arbeiten gehen weiter. Das Info-Häuschen steht jetzt ein wenig weiter oben. Dort liegt auch die Pforte. Wer in das Schutzgebiet hineingehen möchte, muss sich telefonisch oder per E-Mail anmelden. Radfahren und Hunde sind verboten. Die Zahl der Besucher ist auf 50 pro Tag beschränkt. Die Begrenzung erlaube ein schöneres Erlebnis, betont Juan: "Wie kann man die Natur genießen, wenn es von Menschen wimmelt?"

Die Befragung ergab, dass 89 Prozent der Wanderer gar nicht in das Schutzgebiet wollen, etwa um zu einem der Aussichtstürme zu wandern, sondern es nur durchlaufen, um zum Weg des Erzherzogs zu gelangen. "Das ist die traditionelle Strecke dorthin, aber es gibt eine andere Variante. Sie führt über die angrenzende öffentliche Finca Son Moragues," sagt Juan. Dicke Pfeiler vor der Pforte deuten darauf hin. Die Umleitung soll den Andrang auf das Schutzgebiet reduzieren. "Der Weg ist sogar schöner, weil man nicht so lange durch den Wald läuft, sondern innerhalb kürzester Zeit eine herrliche Aussicht auf die Bucht von Palma und Cabrera hat", betont Colom. Noch ein Vorteil: Wanderer müssen sich nicht anmelden und Hunde sind erlaubt.

Muntanya del Voltor ist ein Pionierprojekt. Es auf andere Bergregionen zu übertragen, sei eine Frage der Ressourcen, meint Juan: "Die Probleme sind überall gleich. Die Tramuntana wird immer stärker vermarktet. Die Besucherzahlen steigen. Wer profitiert davon? Hotels und Reiseveranstalter. Wer zahlt? Die Natur und die Fincabesitzer." Etwa 1,5 Millionen Menschen wanderten im letzten Jahr Schätzungen zufolge auf dem Weitwanderweg GR-221 durch die Berge. "Die Tramuntana stirbt bald an ihrem Erfolg", warnt Colom.

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Hohe Besucherzahlen seien möglich, aber nur mit Regeln und Unterstützung für die Landeigentümer. Es könne nicht allein ihre Aufgabe sein, die Natur zu pflegen, mit der andere Geld verdienten. Die Verwaltung und die Touristikbranche müssten zur Verantwortung gezogen werden. Von sich aus komme leider kein Veranstalter darauf zu sagen: "Ich bringe Wandergruppen zu euch in die Berge. Wie kann ich helfen, die Wege instand zu halten?" Die Ökosteuer müsse künftig auch der Tramuntana zugute kommen.

Tourismus und Landwirtschaft müssten zueinanderfinden, um den Bauern zu erleichtern, ihre Fincas zu erhalten. Zumindest von Hotels der gehobenen Klasse könne man erwarten, dass sie ihren Gästen lokale Qualitätsprodukte wie gutes Olivenöl anböten statt billigem importierten. An private Großspender müsse gedacht werden und Abgaben dürften auch kein Tabu sein, findet Colom. Eine schöne Naturerfahrung sei eine Dienstleistung. Neulich sei er wieder auf einem verfallenen Wanderweg gelaufen. "Ich würde gerne zwei oder drei Euro zahlen, wenn damit die Wege gepflegt würden."

Noch stehen die Zeichen aber nicht auf mehr Schutz und Pflege. Im Gegenteil - eine Gesetzesänderung erlaubt seit August das Betreten der sogenannten "ökologisch sensiblen Gebiete" der Insel. Knapp 2000 Hektar sind als solche ausgewiesen. Bislang war der Zugang nur für wissenschaftliche Zwecke erlaubt.

INTERNET und ANMELDUNG

Informationen über das Projekt Muntanya del Voltor finden Sie auf der Webseite www.muntanyadelvoltor.com oder bei Facebook unter der Adresse www.facebook.com/. MuntanyadelVoltor. Wer durch das Schutzgebiet wandern möchte, muss eine Genehmigung einholen. Anfragen telefonisch unter 619-591985 oder per E-Mail an info@muntanyadelvoltor.com.

(aus MM 49/2016)