Gänzlich unbeobachtet durch Palmas Altstadt laufen, ohne ungebetene Zuschauer ein Gläschen in einer Bar trinken und dann noch eins in der Hotellobby? Selbst jetzt, wo die Insel wieder leerer wird, ist das kaum möglich: Auf Mallorca wimmelt es nur so von Kameras, und die haben vieles im Blick.
8196 Registrierungen liegen bei der Datenschutzbehörde in Madrid derzeit für die Balearen vor. "Wie viele Kameras genau dahinter stecken, können wir allerdings nicht sagen", berichtet Behördensprecher Carlos Casa im Gespräch mit MM. Denn: Genehmigt wird der Ort, nicht aber die Anzahl der Kameras. "Wenn beispielsweise ein Kaufhaus beantragt, Überwachungskameras anbringen zu dürfen, dann muss es nicht angeben, ob es nur eine oder zum Beispiel 15 Kameras installiert", so Casa. Die Stadt Palma hat beispielsweise 120 Kameras im Einsatz, obwohl beim Datenschutzamt für die Balearen insgesamt nur 93 Registrierungen von öffentlicher Seite vorliegen.
Rechtsfreier Raum liegt deshalb aber nicht vor, im Gegenteil: Vor allem, wenn öffentliche Straßen oder Plätze auf den Bildern zu sehen sind, sind die Details strengstens geregelt. "Man darf nicht einfach an seiner Eingangstür eine Kamera anbringen, die über die ganze Straße schwenkt und an Gesichter heranzoomt", so Casa. Das gelte für Privatleute genauso wie für öffentliche Stellen. "Die Verhältnismäßigkeit muss immer stimmen." Stets gelte: So wenig wie möglich filmen, so viel wie nötig. Und: "Es bedarf stets Schildern, die darauf hinweisen, dass im unmittelbaren Umfeld gefilmt wird", so Casa. Ob die Kamera dann deutlich sichtbar oder versteckt an Laternen oder Feuerlöschern angebracht wird, ist jedem Einzelnen überlassen.
Was mit dem Filmmaterial geschieht, ist genauestens geregelt: "Wenn die Kameras das Gefilmte speichern sollen, dann muss auch das zuvor bei uns im Datenschutzministerium beantragt werden", so Casa. In jedem Fall müssen die Aufnahmen nach spätestens einem Monat wieder gelöscht werden.
Daran hält sich auch die Stadt Palma strengstens genau. "Generell zeichnen wir ohnehin nur selten auf. In Einzelfällen, zum Beispiel, um die Nutzung der Fahrradwege in der Stadt auswerten zu können", berichtet Stadtsprecherin Laura Moyà. In den meisten Fällen senden die Kameras die Bilder jedoch nur an das Kontrollzentrum, wo auf zahlreichen Bildschirmen das Geschehen in Echtzeit beobachtet und Verkehrsflüsse überblickt werden können, ohne die Daten zu speichern. 35 der Kameras aus Palma senden ihre Bilder zudem ins Internet. "So können Interessenten von überall aus aktuell sehen, wie beispielsweise das Wetter ist."
Webcams unterliegen genau denselben Vorschriften wie andere Kameras. Da der Überwachungsaspekt hier aber in der Regel geringer ist, müssen sie so angebracht sein, dass weder Personen noch Autokennzeichen zu erkennen sind. Wer im Internet sucht, findet für Mallorca viele Dutzend Cams, die live von allen Ecken der Insel aus senden. Nicht immer werden die Vorschriften eingehalten, doch meist sind tatsächlich nur Strände, Buchten oder Häfen aus gebührender Entfernung zu sehen.
Obwohl nur die ungefähre Zahl der Kameras geschätzt werden kann - eines zeichnet sich aus den Statistiken der Datenschutzbehörde klar ab: Die Anzahl der Registrierungen steigt, Jahr für Jahr. Im Jahr 2013 waren nur 4762 Registrierungen für die Balearen verzeichnet, also gut 3400 weniger als heute.
Was viel klingt, ist verglichen mit anderen Regionen in Spanien aber wenig: Die Kanarischen Inseln verzeichnen 14.052 Kameraregistrierungen, Madrid sogar knapp 49.000 und in Gesamtspanien sind es rund 288.000.
Interessant: 8103 Kameraregistrierungen auf den Balearen stammen von Firmen oder Privatpersonen. Allen voran der Einzelhandel. In fast jedem Geschäft sind mittlerweile Kameras installiert, auch Hotelbetriebe setzen immer mehr auf die Technik. "An dritter Stelle kommen aber bereits die Anwohnervereinigungen", so Carlos Casa. Er vermutet, dass in der Wirtschaftskrise das Bedürfnis nach Sicherheit gestiegen ist. Laura Moyà von der Stadt Palma führt dagegen andere Gründe an. Zumindest die öffentlichen Kameras würden vor allem dazu verwendet, die Nutzung der Infrastrukturen zu analysieren und den Verkehr zu steuern. Das ist auch bei den Kameras der Fall, die der Inselrat und die Verkehrsbehörde "Tráfico" auf den Schnellstraßen und Autobahnen der Insel anbringen. "Hier geht es in der Regel nicht darum, Unfallverursacher oder sonstige Fehltaten ausfindig zu machen, sondern darum, wie daraus resultierende Staus schnell aufgelöst werden können", heißt es vonseiten der Verkehrsbehörde.
Und doch: Ob Webcam oder Sicherheitskamera, ob mit oder ohne Aufzeichnung des Bildmaterials - sie sind fast überall. Allein sind wir nur selten auf Mallorca.
(aus MM 46/2016)
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