"Wenn ich so vor mich hin morde, dann stelle ich mir schon manchmal jemanden vor", räumt Andreas Schnabel ein. "Es bleibt natürlich alles fiktiv. Ich bin aber ein sehr entspannter Mensch dadurch." Der 63-Jährige lacht und blickt auf die Plaça Major von Santanyí. Hier, in der Bar Sa Plaça, sitzt Schnabel gerne und saugt auf, was um ihn herum geschieht. Denn der Mann schreibt Mallorca-Krimis. Vor Kurzem ist bereits der siebte erschienen - "Tod unter Pinien" (siehe Kasten). Wird auf Mallorca anders gemordet als in Deutschland? "Anders? Nein. Aber man nimmt sich hier mehr Zeit und ist entschleunigter. Auf Mallorca stirbt man sinnlicher. Das Opfer hat mehr Zeit zu überlegen. Wenn ein Mord in Deutschland auf einer Seite stattfindet, füllt er auf Mallorca drei Seiten", analysiert der Autor mit einem Augenzwinkern.
Der Lebensweg von Andreas Schnabel ist ungewöhnlich. Das zu bestreiten fällt schwer. Geboren wurde er in Hamburg als Sohn der Schauspielerin Dagmar Altrichter und des Regisseurs Günther Schnabel. Sein Onkel Ernst war damals Intendant des NWDR-Funkhauses in Hamburg. Die Schulzeit verbrachte Andreas Schnabel in Berlin. Dort blieb er auch nach der Mittleren Reife, arbeitete als Rettungssanitäter, war Berufsfeuerwehrmann und fuhr dann Taxi. Aber künstlerische Gene hat er wohl geerbt und schrieb Gedichte. Es gab einen TV-Beitrag über den dichtenden Droschkenfahrer, später machte Schnabel selber Berichte fürs Fernsehen. Erst für den SFB, dann war er jahrelang in verschiedenen Funktionen für den damals noch jungen und aufstrebenden Privatsender RTL tätig.
Diese Zeit ist Vergangenheit und der in Pulheim bei Köln lebende Schnabel sehnt sich nicht nach ihr zurück. Heute ist er Schriftsteller. Genauer gesagt: Teilzeit-Schriftsteller. Denn vormittags arbeitet er als Briefträger. Nach zwei Herzinfarkten und Bypässen hatte er mit dem Schreiben begonnen. Und suchte einen Job. "Ich habe mich als Postbote beworben. Die Reaktion war ,Wie alt sind Sie? 56? In dem Alter werden die Kollegen beerdigt, nicht eingestellt'. Aber heute habe ich einen festen Vertrag." Vom TV-Macher zum Postboten. Ungewöhnlich. "Ja, aber es ist ein sehr schöner Job. Man lernt viele Menschen kennen und ich habe tolle Kollegen, die zusammenhalten, wenn es darauf ankommt. Das kannte ich vorher nicht." Wenn Schnabel seine Post austrägt, wird er auch oft an Mallorca erinnert. "Ich habe einige Abonnenten des Mallorca Magazins, denen ich jede Woche die Zeitung bringe."
Der Insel verbunden ist Schnabel seit fast 40 Jahren. Seine Frau hat zusammen mit ihren Schwestern eine Wohnung in Santanyí gemietet, die abwechselnd genutzt wird. Hier hatte Schnabel irgendwann die Idee, Mallorca-Krimis zu schreiben. "Ich saß auf der Terrasse und dachte, Mallorca ist so schön. Warum sollte ich nicht mal eine Leiche in eine Bucht legen?"
Schnabels Bücher heißen "Tod oder Finca", "Tod in Palma", "Tod auf der Insel", "Tod auf Cabrera", "Tod inclusive", "Poolposition" und jetzt wieder "Tod unter Pinien". Die Titel sind ziemlich einfallslos. Aber der Tod verkauft sich gut. Da "Poolposition" am schlechtesten lief, zog der Tod wieder aufs neue Buch-Cover. Schnabel: ",Tod in Palma' läuft am besten. ,Tod auf Cabrera' schon nicht mehr so."
Rund 3000 Bücher werden Schnabel zufolge jeweils von den Mallorca-Krimis verkauft. Macht seine Fantasie den Autor, der auch Romane verfasst, die nichts mit Mallorca zu tun haben, reich? "Nein. Ich behaupte, 95 Prozent aller Schriftsteller in Deutschland können vom Schreiben allein nicht leben. Ich auch nicht." Aber er hat ja noch den Vormittagsjob ...
Inzwischen arbeitet Schnabel bereits am achten Buch mit seinen Protagonisten Comisario García Vidal und dem auf der Insel lebenden Deutschen Michael Berger, einem Ex-Kriminalbeamten, der "Residente" genannt wird.
Warum schreibt der Autor eigentlich Krimis, die auf Mallorca spielen und nicht in Köln? "Weil es mir viel mehr Spaß macht, in die Eigenheiten und Entwicklung der Mallorquiner einzutauchen, als dies zu Hause zu tun."
VIELE TODESFÄLLE. "Tod unter Pinien" ist der siebte Mallorca-Krimi von Andreas Schnabel. Alle Bücher sind im Emons-Verlag erschienen, Spezialist für Regional-Krimis. Im neuen Schnabel-Buch stirbt ein Mann an Diabetes, obwohl er nie zuckerkrank war. Einem Mann mit Arachnophobie wird ein Spinnenbiss zum Verhängnis. Dann ist da noch die Frau, die vor ihrem Ableben einer Agentur den Auftrag erteilt, ihren Mann zu ermorden. Ein Geschäft, dass nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Und man liest von dem Mann, der nach einem traumatischen Erlebnis auf einmal Mallorquinisch spricht. "Tod unter Pinien", 240 Seiten, Preis in Deutschland 10,90 Euro. ISBN 978-3-95451-827-2
(aus MM 31/2016)
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