Sie treffen sich zu Hunderten, alle weiß gekleidet, mit Picknick-Körben und Getränken ausgestattet, an einem öffentlichen Ort, der bis zuletzt geheim gehalten wird. Erst 25 Minuten vor Beginn der Veranstaltung erfahren die Teilnehmer der "Cena en Blanco Mallorca", wo das sommerliche Dinner stattfindet. In diesem Jahr wird die Veranstaltung zum siebten Mal in Palma organisiert, am 18. Juni um 20.30 Uhr geht's los, Schluss ist um Mitternacht. Teilnehmen kann allerdings nur, wer eingeladen wird.
Seit 2010 organisieren Alejandro Macià und seine Helfer diesen Event, dessen Konzept ursprünglich aus Paris stammt. 1988 soll dort ein ehemaliger Marineoffizier aus dem Zweiten Weltkrieg sein Veteranentreffen mangels Platz im heimischen Garten kurzerhand in den Bois de Boulogne verlegt haben. Die Veteranen in ihren weißen Uniformen wiederholten das Picknick im darauffolgenden Jahr mit zusätzlichen Freunden, die ebenfalls alle weiß gekleidet erscheinen mussten. Das ursprünglich sehr elitäre "Dîner en Blanc" findet seitdem jährlich in Paris statt, immer ohne offizielle Genehmigung der Behörden. Mehr als 13.000 Menschen versammeln sich mittlerweile an den öffentlichen Orten, die dann erst kurz vorher über soziale Netzwerke bekannt gegeben werden. Die Polizei schaut laut Berichten großzügig beiseite, denn nach wenigen Stunden hat sich der Zauber dann wieder in Nichts aufgelöst. Teilnehmen kann dort jeder, ebenso wie in Hamburg oder Berlin.
Das ist in Palma anders, hier finden die "Cenas en Blanco" stets mit Genehmigung des Rathauses statt. Aus reinem Enthusiasmus begann der Werbegrafiker Macià in Palma, die erste "Cena en Blanco" zu planen, eine private Veranstaltung, die weder Kommerz, Politik noch Werbung duldet. "Die Idee ist es, dass Menschen aus allen Bevölkerungsschichten an einem lauen Sommerabend zusammenkommen, um zu essen, zu trinken und zu feiern, ohne Nachbarn oder Anwohner zu belästigen, und gleichzeitig den Platz des Geschehens genau so wieder zu verlassen, wie sie ihn vorgefunden haben." Deshalb sei beispielsweise kein Einweggeschirr oder -besteck zugelassen. Alles, vom weißen Tischtuch bis zum letzten Löffel, müssen wiederverwertbare Artikel sein. Tische und Stühle würden überwiegend von den Veranstaltern organisiert, ebenso wie Musik, Dekoration, Wunderkerzen und Wein für alle Tische zu besonderen Konditionen.
200 Teilnehmer kamen 2010 im Parc de Sa Feixina zusammen, seitdem fand das Dinner unter anderem schon im Parc de la Mar, dem Castillo San Carlos, dem Parc de Ses Estacions und dem Parc Sa Riera statt. 2015 nahmen bereits 800 Gäste teil, in diesem Jahr wollen die Veranstalter in Palma die Tausender-Marke knacken. Teilnehmen kann theoretisch jeder, es müssen aber laut Macià einige Regeln eingehalten werden. "Der Kern der Events sind die Tische für jeweils 12 Personen, die von einer Firma oder einer Person reserviert werden können. Diese sogenannten Tischherren sind unsere Ansprechpartner und erfahren auch schon etwas früher als die übrigen Teilnehmer, wo das Dinner stattfindet", erklärt Alejandro Macià.
Die Gastgeber laden dann ihre Gäste ein, Kunden, Freunde, Familie, wobei jeder der Teilnehmer 15 Euro an die Veranstalter zahlt, um dabei zu sein. "Wir haben am Ende der Veranstaltung kein Geld übrig, alles wird für die Kosten rund um die Organisation verwendet", versichert Macià. "Tischherr kann nur werden, wer schon einmal als eingeladener Gast dabei war, und als Gast teilnehmen kann wiederum nur, wer von einem der Gastgeber eingeladen wird." Die Liste der Firmen oder Organisationen, die Tische reservieren, werden mit Logo auf der Webseite cenaenblancomallorca.com veröffentlicht. Dies diene aber eher als Teilnehmerliste denn als Werbung für die Unternehmen.
Ein Großteil der Vorbereitungen laufe über die Facebookseite des Events "Cena en blanco Mallorca". Wer interessiert ist, erstmals dabei zu sein, kann auch hier die teilnehmenden Firmen durchforsten und dann eventuell direkt dort Anfragen zu stellen. "Wer uns eine Facebook-Nachricht schickt, für den können wir auch nach freien Plätzen an den Tischen suchen", sagt Macià. Anders als beispielsweise in Deutschland, wo Gäste ausdrücklich animiert werden teilzunehmen, sei in Palma die Chance ohne persönliche Kontakte nicht sehr groß. Wer es geschafft hat, wird dann am Abend des Geschehens erst um 20.05 Uhr vom Tischherren benachrichtigt, wo das Dinner stattfindet. Und während Macià dies erzählt, merkt man, wie schwer es ihm fällt, den nächsten Standort nicht zu verraten.
(aus MM 20/2016)
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