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Europa blickt gespannt nach Österreich, das am Sonntag einen neuen Bundespräsidenten wählt. Erstmals könnte mit Norbert Hofer ein Politiker von der rechtspopulistischen FPÖ das Rennen machen. In der ersten Runde lag der 45-jährige Flugtechniker mit 35,05 Prozent zumindest klar vor dem grünen Wirtschaftsprofessor Alexander van der Bellen (72), der nur auf 21,34 Prozent kam. Zwar wird "VdB", wie ihn seine Anhänger nennen, geschlossen von den etablierten Parteien unterstützt, doch scheint die Dynamik für Hofer zu sprechen.

Er hat bereits angekündigt, die Funktion des Bundespräsidenten neu interpretieren zu wollen: Die Entlassung einer Regierung und das indirekte Erzwingen von Neuwahlen, wie es die Verfassung von 1929 theoretisch erlaubt, sind für ihn nach eigenen Worten kein Tabu mehr, wenn es nochmals Situationen wie den Flüchtlingszustrom im Herbst geben sollte. Die große Koalition aus SPÖ und ÖVP fürchtet deswegen instabile Verhältnisse, die noch vor der regulären Parlamentswahl im Oktober 2018 den FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als Kanzler an die Macht bringen könnten.

Vielleicht ein Vorgeschmack auf den Brexit, Marine Le Pen und ein mögliches Zerbrechen der Europäischen Union? Die Österreicher auf Mallorca lässt die turbulente politische Lage in ihrer Heimat jedenfalls nicht kalt. "Ich bin gegen rechts, gegen die FPÖ und ihren europafeindlichen Kurs", sagt Franz Sailer aus Santanyí. "Wenn Strache eines Tages Kanzler werden sollte, gebe ich meinen österreichischen Pass ab", so der inselweit bekannte Galerist, der sich unter anderem auf persische Kelim-Teppiche spezialisiert hat. Hoffnung setzt er auf den Wechsel von Faymann zu Kern, nachdem acht Jahre lang mit der großen Koalition wenig vorwärts gegangen sei.

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Anders sieht die Dinge Kommerzialrat Josef Egger, der vor Jahrzehnten den Verein der österreichischen Freunde Mallorcas gegründet hatte und mittlerweile zwischen der Schweiz und der Insel pendelt: "Die Medien sollten Norbert Hofer nicht verteufeln. Er ist ein junger Mensch, der sich positiv vom Oberlehrertyp van der Bellen abhebt." Überhaupt verweist Egger darauf, dass schon der legendäre Sozialdemokrat Bruno Kreisky mit dem FPÖ-Politiker Friedrich Peter paktiert habe. Zudem wolle das Volk keine "Islamisierung Europas". Vom neuen Kanzler Christian Kern erwartet er sich nicht viel: "Eine Vergangenheit als roter Falke, Pressesprecher und ÖBB-Chef ist für mich keine ausreichende Qualifikation."

Friedrich Panizza, der inzwischen zu den Koordinatoren des österreichischen Freundeskreises auf der Insel gehört, gibt sich zurückhaltender: "Österreich ist eben keine Insel der Seligen mehr. Wir erleben einen Umbruch, der durch Dinge von außen in Gang gekommen ist. Da ist etwas in Bewegung geraten, das uns von der statischen Weinseligkeit wegbringt. Die Leute fangen an nachzudenken, und Nachdenken schadet ja nie", glaubt der Blogger von MM-Online. Den Faymann-Rückzug sieht er als gute Lösung, die nach langer Stagnation endlich mehr Dynamik bringe: "Natürlich hängt das mit der Bundespräsidentenwahl zusammen. Es scheint von langer Hand geplant gewesen zu sein."

Eine Umbruchsituation sieht auch Ernährungsberaterin Elisabeth Wiehart, die ihr "Café Viena" in Alaró vor einiger Zeit geschlossen hat und nach Sa Ràpita gezogen ist: "Die Selbstständigen aus meinem Umfeld waren mit der bisherigen Situation nicht einverstanden, klagen über Bürokratie, Steuern und hohe Abgaben. Ich kann mir vorstellen, dass viele vielleicht Hofer wählen, ohne sich groß mit der Entscheidung auseinander zu setzen - einfach, damit die anderen eine Watschn kriegen", glaubt Wiehart.

(aus MM 21/2016)