Die sogenannte "Schwarmintelligenz" oder kollaborative Arbeitsformen wie etwa bei der Online-Enzyklopädie Wikipedia kennt man in Algaida in der Inselmitte Mallorcas nicht erst seit Beginn des Internetzeitalters.
Dass man gemeinsam mehr erreicht als allein und dabei auch noch Spaß haben kann, zeigt sich dort jedes Jahr im September bei der "Weinlese im Mondschein", zu der das halbe Dorf im Gebiet Son Roig zusammenkommt. Alles, um freiwillig das Team der Öko-Bodega Can Majoral bei der mühsamen Traubenlese von Hand zu unterstützen und anschließend auf dem Hof zusammen den Beginn der Ernte zu feiern.
"Immer drei Personen pro Rebenreihe - drei rechts, drei links" tönt die Stimme von Juniorchefin Mireia Oliver durch das Megafon, bevor sich die 120 Anwesenden ans Werk machen, um auf etwa fünf Hektar Fläche Dutzende von Rebenspalieren abzuarbeiten. Zwar nicht mehr mit dem krummdolchartigen Klappmesser "Trinxet", wie es früher flächendeckend bei den Bauern im Einsatz war, dafür aber um so effektiver mit der Rebenschere.
Zu den Klängen des Trommler- und Dudelsack-Ensembles "La Vatucada" aus dem benachbarten Santa Eugènia geht die Arbeit fast wie von selbst von der Hand. Winzer Andreu Oliver und seine Angestellten brauchen die zunächst in Eimern gesammelten und von den freiwilligen Helfern anschließend in alle paar Meter bereit stehende Obstkisten deponierten Traubengehänge nur noch auf den Traktor-Anhänger zu laden und in die Bodega im Ort zu fahren.
"Verarbeitet wird die Ernte erst morgen. Wir kühlen sie erst auf neun bis zehn Grad herunter, damit wir uns beim Keltern Zusätze wie Schwefel weitgehend sparen können", sagt Oliver. Die Trauben werden für den Bio-Rotwein Butibalausi verwendet, der nach einer zu Can Majoral gehörenden Finca bei Pina benannt ist.
"Hasenauge" bedeutet der Name der von Can Majoral angebauten Rebsorte "Ull de Llebre" wörtlich aus dem Mallorquinischen übersetzt. Und in der Tat erinnern die tiefschwarzen kleinen Beeren etwas an Kaninchenaugen. Auf dem Festland sind sie dagegen in der Regel als "Tempranillo" bekannt, haben in manchen Regionen aber auch abweichende Bezeichnungen wie "Cencibel" oder "Tinto Fino".
Das Mostgewicht liegt laut Andreu Oliver bei etwa 100 Grad Öchsle, was auf einen ähnlich exzellenten Jahrgang hoffen lasse wie 2014. Wobei die Winzer im Raum Algaida von Glück reden können, dass die sintflutartigen Regenfälle von Anfang September ihre Region weit weniger getroffen haben als die Inselhauptstadt. Nur wenige Parzellen haben etwas abbekommen, nicht aber Can Majoral.
Ob das Bouquet des fertig ausgebauten Weins tatsächlich intensive Aromen von Pfirsich, Pflaumen, Tabak und Vanille aufweisen wird, wie man sie einem guten Tempranillo zuschreibt, muss sich zwar erst noch zeigen. Das Feiern eines gelungenen Tags gehört bei Familie Oliver aber unabhängig davon zum Pflichtprogramm, wenn nach etwa zwei Stunden der freiwillige Ernteeinsatz zu Ende geht. Zum Happening gehört auch das Traubentreten im Bottich, wie es üblich war, bevor Maschinen diese Arbeit übernahmen. Bei Can Majoral macht man sich daraus ebenso eine Gaudi wie beim Weinfest in Binissalem.
Höhepunkt dürfte aber die Brotzeit sein, die den Helfern nach 21 Uhr mit Sobrassada-Wurst, Käse und Obst bei einem unterhaltsamen Abend den Magen füllt. Die Weine von Can Majoral tun schließlich ein Übriges, wenn die jüngeren Besucher auf dem Hof später in den eigens mit professioneller Sound- und Lichtanlage ausgestatteten Disko-Raum strömen.
(aus MM 37/2015)
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