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"Als unter uns Wien zu sehen war, sind alle aufgestanden, um rechts raus zu gucken. Dann kam die Stewardess und forderte uns auf, wieder Platz zu nehmen, weil das Flugzeug Schlagseite hätte", erinnert sich Horst Teichmann. "Später sah man dann auf der rechten Seite das Montblanc-Massiv, da kamen uns doch ein bisschen die Tränen ..."

Der heute 74-Jährige war einer der Passagiere, die in den ersten Flugzeugen saßen, die von der damaligen DDR nach Palma flogen. Der Erstflug ist 25 Jahre her: Am 3. April 1990 flog ein Airbus A 310 der DDR-Airline Interflug von Berlin-Schönefeld nach Dresden, wo dann offiziell die Reise Richtung Mallorca startete. "Wir durften damals noch nicht über die BRD fliegen. Von Dresden aus ging es über die Tschechoslowakei und Österreich nach Frankreich und dann weiter nach Mallorca. Darum dauerte der Flug, wenn ich mich recht erinnere, auch viereinhalb Stunden", erzählt Teichmann, der einen Platz im sechsten Flug ergattern konnte.

Es handelte sich damals um ein Angebot der TUI, die dafür zusammen mit der Interflug das Unternehmen Transeuropa gegründet hatte. Bezahlt wurde der größte Teil der Pauschalreise (Unterkunft in Hotels der Ketten Riu und Iberotel) in Ostmark, es waren aber auch D-Mark nötig. Die Währungsunion kam erst ein paar Monate später. "Ein wenig D-Mark hatte man ja doch immer in der Tasche. Aber wir mussten in der Urlaubswoche schon ab und zu überlegen, ob wir uns einen Kaffee leisten wollten", so Teichmann, der den ersten Mallorca-Urlaub seines Lebens im damalige Iberotel Pionero in Santa Ponça verbrachte und jetzt gerade wieder für einige Tage auf die Insel kam.

Die Passagiere des Erstflugs am 3. April wurden von einer Folkloregruppe begrüßt, Gitarrenmusik erklang, auf Transparenten stand "Herzlich Willkommen". Das war nicht mehr der Fall, als Teichmann ankam. Gut in Erinnerung hat er aber noch den Fotografen, der jeden ablichtete, der aus der Tupolew TU 134 stieg. "War das eine spanische Sicherheitsmaßnahme? Das fragten wir uns als DDR-Bürger. Aufgelöst hat sich die Frage, als wir eine Woche später sahen, dass die Bilder als Erinnerungsfotos zum Mitnehmen ausgestellt wurden."

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Horst Teichmann stammt aus dem Vogtland und lebt auch heute noch in der Gemeinde Ellefeld in der Nähe der sächsischen Stadt Plauen. In der DDR war er Lehrer für Biologie und Polytechnik. "Urlaub haben wir innerhalb der DDR gemacht. Wir hatten auch Beziehungen in die Tschechoslowakei, sind oft im Riesengebirge gewesen. Und in Ungarn, Bulgarien. Die Sowjetunion kam für mich nicht infrage. Das war eher etwas für Funktionäre und Parteibonzen."

"Dass es Mallorca gibt, wusste man damals. Man hatte aber keine Beziehung dazu. Auch nicht zu Spanien an sich. Das war damals weiter weg als der Mond - unerreichbar", erinnert sich Teichmann an die Zeit, als die Mauer Deutschland noch in Ost und West teilte. "Deswegen war es 1990 so unbeschreiblich, dass wir diese Reise machen konnten. In der BRD sind wir vorher schon gewesen. Aber nun das erste Mal im westlichen Ausland. Das war schon toll und traumhaft schön." Viel Zeit am Strand, aber auch Ausflüge in die Berge, nach Palma und Sa Calobra standen damals auf dem Programm.

Wenn DDR-Bürger im sozialistischen Ausland Urlaub machten, wurden sie in den "Bruderländern" oft schlechter behandelt als die Westdeutschen, die mit harter D-Mark unterwegs waren. "Das ist allgemein bekannt gewesen. Man konnte aber nichts dagegen machen." Auf Mallorca war das anders. "Wir haben keine Trennung gespürt, es war ein herzliches Verhältnis." Weder vonseiten der Spanier sei man schief angeguckt worden, noch könne er sich an arrogante Wessis erinnern.

Für Horst Teichmann ist vor 25 Jahren auf Mallorca ein Traum in Erfüllung gegangen. Insgesamt besuchte er die Insel bisher vier Mal. Vor allem aber stand plötzlich das Tor zur großen, weiten Welt offen. Seit damals stillt der Sachse seinen Nachholbedarf in Sachen Reisen. Er war schon auf fast jedem Kontinent. Nur Australien fehlt noch.

(aus MM 14/2015)