Joaquín Fernández versucht sich neuerdings als Buchautor. Foto: UH

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Ein schwarzes "L" auf dem Zeigefinger der linken Hand, das "O" auf dem Mittelfinger, "V" und "E" sind auf die restlichen Finger verteilt. Das Motto "Love" für ewig in die Haut getackert. Liebe zu seinem Volk, zu seinen Traditionen, zu seiner Familie. Er ist Sohn von Gitanos "madre gitana y padre gitano", und darauf ist er stolz. Joaquín Fernández Navarro, der Patriarch eines Clans in Palma de Mallorca.

Geboren ist der 45-Jährige im Viertel Es Rafal. Er ist diesem inzwischen entflohen und residiert in einer eigenen Finca mit Pool, Billard- und Trainingsraum im Keller. Er klotzt lieber, anstatt zu kleckern und aus seinem Mund kommt so mancher Satz, der einen rational denkenden Mitteleuropäer mit Fragen zurücklässt. Die Welt von Joaquín Fernández Navarro gehorcht anderen Gesetzen. Der Junge von einst, der mit 13 Jahren die Schule verlassen musste, um als Chauffeur für seinen Vater zu arbeiten, zwei dicke Kissen auf dem Fahrersitz, damit er über das Lenkrad schauen konnte - er ist inzwischen ein gemachter Mann. Und ein umstrittener dazu.

Drogenkonsum, Banküberfall - das ist ein Teil seiner Vergangenheit. Er steht dazu, stolz ist er nicht darauf; es brachte ihm mehrere Monate Gefängnis ein. Noch heute hat er hat den Ruf weg, ein gewiefter Geldeintreiber mit unlauteren Mitteln zu sein. Was mit kleinen "Gefälligkeiten" im Bekannten- und Freundeskreis begann, hat sich zu einem veritablen Geschäft im größeren Stil entwickelt. Notariell wickelt er Geldgeschäfte ab, verleiht Summen und kassiert drei Prozent Kommission. Völlig legal, wie er betont. Neben diesem "dunklen" Joaquín ist da aber auch die andere Seite: Der Joaquín, der bei einem handgreiflichen Streit zwischen Nigerianern und Gitanos in Palmas Problemviertel Son Gotleu, bei dem ein Nigerianer aus dem Fenster stürzte und tödlich verunglückte, als Schlichter auftrat.

Bekannt wurde der stämmige Mann vor allem durch die Hochzeit des Jahres, die er für seinen Sohn 2012 organisierte. Die Stadt plakatierte er mit dem Konterfei des jungen Paares und empfing mehr als 1000 Gäste im angemieteten Pueblo Español. Der Sohn glitzerte und strahlte in einem weißen seidenen Anzug, eine große Fliege um den zarten Hals drapiert. Die Braut ging in einem Meer aus Tuff unter, auf dem Kopf ein turmhohes schmetterlingsförmiges Diadem. Joaquín feierte seinen Sohn, aber vor allem sich selbst.

Er ist Konzertorganisator und holte Stars wie Gloria Estefan auf die Insel, sagt er. Den Spitznamen "El prestamista", der Pfandleiher, wird er trotzdem nicht los. Der Name klebt an ihm wie Kleister. Er hat sich inzwischen daran gewöhnt: "Ich kann damit leben", erzählt er, "aber meine Kinder werden angefeindet, meine 13-jährige Tochter geht seit zwei Jahren nicht mehr in die Schule, weil sie gemobbt wurde." 2012 wurde er erneut wegen des Vorwurfs der Geldwäsche, Erpressung und des unerlaubten Waffenbesitzes festgenommen. Nach drei Tagen kam er aus Mangel an Beweisen frei. Dabei beteuert er: Nichts davon sei wahr.

Jetzt hat er ein Buch über sich geschrieben und stellte es in der Buchhandlung "Literanta" in Palmas Altstadt vor. Der Wohlstandsbauch wölbt sich unter dem schwarzen Hemd. Die schwarzen Haare trägt er nach hinten gegelt, schwarze Lackturnschuhe an den Füßen. Gefühle statt Sachlichkeit. Das Buch, viel mehr ein Büchlein mit viel Geschichte zu seiner Person und weniger Geschichte zu seinem Beruf als Pfandleiher, ist in der Ich-Form abgefasst. Mehr als 130 Seiten sind es nicht geworden: "Ich wollte, dass es auch meine Leute lesen" - da das Volk der Sinti und Roma auch heute noch häufig mündlich Geschichten weitererzähle, wollte er ihnen keinen Wälzer zumuten.

Ein Thema, das ihn bewegt, ist das Zusammenleben von Sinti und Roma mit den "Payos", was so viel wie "Nicht-Zigeuner" oder schlicht "die Anderen" heißt. Ist es möglich, friedlich zusammenzuleben und woher kommen eigentlich diese Vorurteile? Im Anschluss an die Buchvorstellung entspinnt sich eine angeregte Diskussion. Das vorwiegend akademische Publikum wirft sich für ein friedliches Miteinander ins Zeug. Joaquín lehnt sich zurück. "Wenn meine Tochter mir einen ,Nicht-Gitano' mit Piercings von oben bis unten vorstellen würde - das wäre auch in Ordnung." Man möchte ihm glauben. So ganz gelingt es nicht.