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Kaum geht auf Mallorca die Sommersaison so richtig los, setzt auf der Insel auch schon das große Zittern ein. Was mögen die Journalisten in den deutschen Redaktionsstuben wohl in diesem Jahr wieder ausgeheckt haben, um ihrer Leser und Zuschauer zu unterhalten? So lautet die bange Frage, die so manchem Inselpolitiker und Touristiker den Schlaf raubt.

Denn kein Sommer vergeht, in dem nicht eifrige Reporterteams aus Deutschland über die Insel streifen - auf der Suche nach aufsehenerregenden Mallorca-Geschichten. Besonders hart getroffen hat es die Insel in diesem Jahr, eine Negativ-Schlagzeile jagte die nächste.

Zunächst widmete die "Bild am Sonntag" der Playa de Palma eine mehrseitige Reportage mit dem Titel "Mallorcas dunkler Sommer", in der es um die Schattenseiten der Playa de Palma ging, Prostitution, Kriminalität und Sauf-exzesse. Das Fazit der Reportage: "Das 17. Bundesland kippt."

Im Juli dann titelte die "Bild" in großen Buchstaben: "Politiker will unseren Ballermann dichtmachen!" Palmas Tourismusdezernent Álvaro Gijón, der mit der Schlagzeile gemeint war, sah sich umgehend zu einem Dementi genötigt, was jedoch das Springer-Blatt nicht davon abhielt, am Folgetag zu fordern: "Finger weg vom Ballermann!"

Die Razzia gegen die Hells Angels auf Mallorca samt der Verhaftung von Rockerboss Frank Hanebuth Ende Juli katapultierte Mallorca dann erneut auf die Titelseiten deutscher Zeitungen und in die Hauptnachrichten der TV-Sender. Es folgte dann Anfang August die Titelgeschichte im "Stern" mit der Überschrift "Die dunklen Seiten der Ferieninsel".

Bei der Balearen-Regierung ist man über dieses Medienecho alles andere als glücklich. "In manchen Fällen erscheinen in der sensationalistischen Presse Berichte, die Nachrichten aus dem Kontext reißen und übertreiben, die in keiner Weise die gesellschaftliche und touristische Realität der Insel reflektieren", heißt es dazu aus dem Tourismusministerium.

Hin und wieder sehen sich Inselpolitiker gar bemüßigt, lautstark rechtliche Konsequenzen zu fordern, wenn deutsche Medien die Insel wieder einmal in arg schiefes Licht gerückt haben. Sogar die Polizei reagierte in diesem Sommer auf die negativen Berichte und verbreitete per Internet folgende Botschaft: "Mallorca ist immer noch so wunderbar wie immer. 3600 Polizeibeamte sorgen für einen sicheren Urlaub. Wir warten auf Sie!"

Welche Bedeutung Mallorca für die deutschen Medien hat, haben mittlerweile auch die Umweltschützer der Insel erkannt. Der GOB machte sich dies im vergangenen Frühjahr auf der Tourismusmesse ITB in Berlin zunutze und berief kurzerhand eine Pressekonferenz ein, um die Hauptstadtmedien über seine Belange zu informieren. Das Interesse sei enorm gewesen, hieß es anschließend beim GOB.

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Warum Mallorca derart im Focus deutscher Medien steht, liegt laut Tourismusexperte Karl Born auf der Hand. "Es ist nun einmal die Lieblingsinsel der Deutschen", sagt er. Dabei sei der Stellenwert der Insel für die deutschen Medien in den vergangenen 20 Jahren noch deutlich gewachsen. Es dürfte keinen Ort im Ausland geben, der in Zeitungen, Zeitschriften, in Film und Fernsehen derart präsent ist, wie Mallorca. Die Medien behandeln Mallorca so, als handele es sich tatsächlich um das 17. Bundesland.

Der Journalist und langjährige Mallorca-Kenner Jürgen Bungert vertritt die Ansicht, dass Mallorca über die Jahre zum Synonym für "Ferien, Entspannung und Spaßhaben" und damit zu einem festen Bestandteil der Berichterstattung deutscher Medien geworden ist. In Untersuchungen sei der Name "Mallorca" über Jahre hinweg stets unter den zehn bei den Lesern am besten ankommenden Begriffen gelandet - Mallorca als mediales Reizwort also.

Auch für die Deutsche Presse-Agentur (dpa), die deutsche Medien von Madrid aus mit Spanien-Nachrichten versorgt, haben Mallorca-Themen einen "sehr hohen Stellenwert". Grund dafür sei die hohe Zahl von Deutschen, die auf der Insel Urlaub machen und auf dem Laufenden bleiben möchten. "Sie verbinden etwas mit Orten, die in der Mallorca-Berichterstattung vorkommen - und sind deshalb vielleicht interessierter daran, möglichst viele Details zu erfahren", sagt dpa-Sprecher Christian Röwekamp. In den Sommermonaten steige das Interesse an Mallorca-Themen derart, als handele es sich um ein "Inlandsthema".

Vorkommnisse auf der Insel fänden dann in deutschen Medien manchmal sogar ein größeres Echo als in den überregionalen spanischen Blättern. "Das Interesse an Mallorca übersteigt damit deutlich das an anderen Urlaubsgebieten wie der Costa Brava oder der Costa del Sol, obwohl dort ebenfalls viele Deutsche Urlaub machen", sagt Röwekamp. "Allerdings geht der Umfang der Mallorca-Berichterstattung merklich zurück, sobald die Hochsaison vorüber ist."

Kein Wunder also, dass längst zahlreiche deutsche Zeitungen und Fernsehsender entweder ständig oder zumindest zeitweilig auf der Insel vertreten sind. Dank der guten Flugverbindungen sind Reporterteams im Nu im Einsatzgebiet, dank Internet verbreitet sich obendrein jede Nachricht in Windes-eile - was gerade bei Negativmeldungen eine regelrechte Lawine in Gang setzen kann.

Um das zu verhindern, betreiben Balearen-Regierung und Tourismusförderung seit Jahren einigen Aufwand. Beide Institutionen versorgen deutsche Journalisten bereitwillig mit Informationen, Foto- und Videomaterial - in der Hoffnung auf positive Berichterstattung. "Die ausländischen Medien haben eine zentrale Bedeutung für den Tourismus auf Mallorca, weil sie das Bild vermitteln, das die Leute von der Insel haben", so eine Ministeriumssprecherin.

Laut Tourismusexperte Born ist das transportierte Mallorca-Bild im Großen und Ganzen positiv und differenziert. Vom Ballermann bis zum Luxustourismus tauchten jegliche Aspekte auf. "Nur der Boulevard-Journalismus äußert sich in letzter Zeit sehr negativ, tendenziös und wenig differenziert."

Das sei besorgniserregend. Denn eine "andauernde negative Berichterstattung" könne durchaus Auswirkungen auf das Buchungsverhalten der Urlauber haben. Besonders, wenn es um das Thema Kriminalität gehe. Regelmäßige Besucher ließen sich generell wenig beeindrucken, auch nicht von schlechten Nachrichten. "Sie haben ja ihr eigenes Bild", so Born. Wer dagegen lange nicht mehr oder noch nie auf der Insel gewesen sei, der lasse sich unter Umständen schon von einem einzigen Negativbericht abschrecken. Zumindest unmittelbar scheinen die wenig schmeichelhaften Schlagzeilen aber keine Auswirkungen zu haben. Schließlich verzeichnet Mallorca auch in diesem Jahr einen neuen Urlauberrekord - dunklen Seiten, Hells Angels und Ballermann-Gerüchten zum Trotz.

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