Ulrich Werthwein und seine Frau Renate. Das Paar verbringt jeden Tag Zeit in seinem kunstvollen Garten. | Foto: Alexander Sepasgosarian

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Er brachte einst die ersten echten Weihnachtsbäume nach Mallorca, legte Palmenhaine der ersten Hotels an und gründete das erste Garten-Center mit Selbstbedienung in Spanien. Die Rede ist von Ulrich "Uli" Werthwein, dem wohl dienstältesten deutsch(stämmig)en Residenten auf der Insel. Der Gärtnermeister und Diplom-Ingenieur für Gartenbau, Jahrgang 1929, ist seit 1954 auf Mallorca aktiv.

Für seine Verdienste um den Gartenbau auf Mallorca sowie seine Lebensleistung als Unternehmer wurde Werthwein zu Jahresbeginn von der Archipelsregierung mit dem balearischen Handwerks-Preis ausgezeichnet.

Blickt Werthwein zurück auf die fast sechs Jahrzehnte, die er dem Grün der Insel gewidmet hat, empfindet er tiefe Zufriedenheit. "Der Engländer würde ,satisfied' sagen. Das trifft meinen Zustand."

Als Ehrenmitglied im Gärtnerverband vertrat Werthwein Spanien in internationalen Gremien. Frankreich ernannte ihn zum "Chevalier de l'Ordre du Merite Agricole". Daneben war Werthwein im Präsidium der Handelskammer für Mallorca sowie jahrelang als Berater im balearischen Straßenbauamt tätig. Auch ist er Gründer und Ehrenpräsident der Gärtnerei-Innung der Insel.

Seit 1992 ist Werthwein Spanier. Der Wechsel der Staatsbürgerschaft ist für den gebürtigen Deutschen eine Hommage an das Land, in dem er aufwuchs und nahezu sein gesamtes Leben verbrachte. "Europäer sind wir sowieso. Warum sollte ich nicht Spanier werden?"

Werthwein, geboren am 27. Februar 1929 in Völklingen/Saar, hatte eher per Zufall das Licht der Welt in der deutschen Stahlschmiede erblickt. Seine Eltern stammten aus Hamburg, der Vater war nach seiner Marinezeit Stahlkaufmann. Der Säugling zählte zwei Monate, da übersiedelte die Familie zunächst ins nordspanische Bilbao, dann nach Barcelona.

Hier erlebte Werthwein als Kind nicht nur den Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges (1936), sondern auch die Heimführungsaktion der deutschen "Spanien-Flüchtlinge" durch die braunen Machthaber. Doch zu Kriegsende kehrte die Familie nach Spanien zurück. Der Zehnjährige wuchs in Barcelona zu einem jungen Mann heran.

In die Firma des Vaters wollte Uli Werthwein dann aber doch nicht eintreten. Zu sehr drängte es ihn, der Familientradition der Großväter zu folgen, einer von ihnen hatte es im 19. Jahrhundert zum "Herrschaftsgärtner" in Hamburg gebracht.

So begann Werthwein seine Lehre 1945 an der städtischen Gartenbauschule in der katalanischen Metropole, wo er 1951 seinen "Maestro" machte. Damit nicht genug, schrieb sich der junge Mann an der Fachhochschule für Landschafts- und Gartenbau in Osnabrück ein, legte dort als Ingenieur das Diplom ab. "Das war die einzige Zeit, in der ich aktiv in Deutschland gelebt habe", erinnert sich Werthwein. Eine Phase, die ihn damals nachhaltig bestärkte, so rasch wie möglich nach Spanien zurückzukehren. "Im Winter in Osnabrück, da kam es vor, dass man wochenlang die Sonne nicht sah."

Zurück in Barcelona erhielt er von Bekannten einen Tipp: "Geh nach Mallorca", sagten sie ihm, "da werden derzeit viele Hotels geplant, samt Gärten, ohne dass es dort entsprechende Gartenarchitekten gibt."

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Gesagt, getan. Werthwein, der bislang nur Ibiza von Sommerurlauben kannte, erkundete Mallorca eine Woche - per Fahrrad. "Immer wieder musste ich mein Stahlross über die Trockenmauern heben." Denn zwischen Alcúdia und Artà etwa gab es damals noch keine Verbindung, die am Meer längs führte. Die Landstraße, ein unasphaltierter Feldweg, verkehrte nur über Santa Margalida. Auch zwischen Porto Cristo und Santanyí gab es keine Verbindung.

Werthwein sah auf der Insel "zukunftsweisende Arbeitsmöglichkeiten" für sich, und blieb. Mallorca entwickelte damals seine ersten touristischen Blütentriebe. Es wurden Luxushotels gebaut, die entsprechende Grünanlagen benötigten. Palmenträume für betuchte Besucher aus dem hohen Norden.

Da Werthwein wusste, was Deutsche, Briten und Skandinavier in ihrer Sehnsucht nach mediterranem Flair erwarteten, konnte er sich erfolgreich einen Namen bei den mallorquinischen Auftraggebern machen. Als "Uli el Jardinero" waren er und seine Firma bald allen ein Begriff; "Werthwein" hingegen konnte kaum jemand aussprechen.

In Palma und in den Touristenorten pflanzten Werthwein und seine Mitarbeiter "haufenweise" Palmen. "Damals wurden pro Woche drei bis fünf neue Hotels eröffnet." Allesamt Gebäude, die sich im Vergleich zu den heutigen Dimensionen klein ausnahmen, aber dennoch für hohe zeitgenössische Standards standen. Viele der ehemaligen Unternehmen, etwa am Paseo Marítimo, sind längst in Privatwohnungen umgewandelt. Die Palmen stehen zum Teil noch heute, wenn der Rote Palmrüsselkäfer ihnen nicht den Garaus gemacht hat.

Neben den Hotelanlagen und Gärten für Privatleute organisierte Werthwein Verkaufsstellen für Saatgut, Garten- und Zimmerpflanzen, Gerätschaften und Zubehör. Ein Center, das "Ulidin Superviveros", existierte nach dem Umzug wegen des Autobahnbaus bei Palma von 1975 bis 1986 an der Landstraße nach Sóller.

Daneben schrieb Werthwein drei Bücher über Ökologie und Pflanzen. Tatkräftig wurde er dabei unterstützt von seiner Frau Renate, einer Floristmeisterin und Fotografin. Gemeinsam veröffentlicht das Paar noch heute jede Woche in der "Ultima Hora"-Beilage "Brisas" Garten- und Pflanztipps.

Haben sich die Gärten im Laufe der vergangenen 60 Jahre verändert? "Sehr", betont Uli Werthwein, "Mallorca ist viel bunter und exotischer als früher."

Als der Pflanzenexperte auf die Insel kam, da fanden sich in den Gärten wenige Obstbäume, in den Innenhöfen der Häuser grüne Blattpflanzen. Als bunte Farbtupfer wurden allenfalls Geranien gezogen. "Das war damals doch so: Wenn jemand ein Haus baute und einen Garten anlegte, dann besorgte er sich bei den Nachbarn ein paar Stecklinge, und das war es dann."

Wie kam es also zur mediterranen Opulenz? Der blattledrige Ficus (Gummibaum), die violetten Bougainvilleen, der üppige Hibiscus, die Philodendren und Oleander, sie wurden auf die Insel importiert, zumeist von den Kanaren und anderen subtropischen Regionen. Es sind Gartentrends der 1950er, 60er und 70er Jahre, die auf Mallorca Wurzeln schlugen. Eine fremde Vegetation, die auch durch das Wirken der Werthweins auf der Insel ihren Anfang nahm und zur aktuellen Blütenpracht führte.

Auch heute, kurz vor seinem 83. Geburtstag, ist Ulrich Werthwein täglich in seinem Garten zu finden. Es ist ein stilles Paradies bei Consell, reich an Pflanzen und einigen wenigen Kunstwerken, die dem Paar viel Arbeit und noch mehr Freude bereiten.

"Ganz ehrlich", sagt Werthwein, "ohne all dem hier, ich wäre längst tot."