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Es ist eigentlich Schnee von gestern. Schon 20 Jahre sind vergangen, seit der „Bierkönig“-Mord für Schlagzeilen sorgte. Eine verdammt lange Zeit, in der viel passiert ist. Warum also sind die Geschehnisse von damals immer noch so ein bewegendes Thema für die Deutschen auf Mallorca? Das hat verschiedene Gründe. Entscheidend dürfte sein, dass das Verbrechen, das damals Mallorca erschütterte, bis heute nicht aufgeklärt ist. Das bedeutet, es darf munter weiterspekuliert werden. Bei Gesprächen am Tresen, am Strand oder auf der Golfrunde werden zwar nur Vermutungen geäußert. Dass an denen nichts dran ist, kann aber niemand sagen, weil es ja keiner besser weiß. Der oder die Täter – das kann jeder sein. Der mallorquinische Autoverleiher, der deutsche Makler oder vielleicht ein Profi-Killer aus einem fernen Land. Wer weiß, vielleicht saß einer der Täter gestern im Restaurant am Nebentisch?

Diverse Polizeiskandale haben offenbart, dass zumindest in späteren Jahren Korruption zum Alltag gehörte an der Playa de Palma. Vielleicht war das auch in den 90ern schon so. Es gibt aber keine der Öffentlichkeit bekannten Beweise dafür, dass die Tat in diesem Milieu angesiedelt ist. Außerdem, ohne Korruption schönreden zu wollen, Mord ist ein anderes Kaliber.

Unvergleichlich bleibt die Tat auch, weil sie zu einem bestimmten Zeitpunkt geschah. Der Ballermann-Hype in Deutschland befand sich auf dem Siedepunkt. Keinen Monat zuvor war der Film „Ballermann 6“ in die Kinos gekommen und sorgte für die bekannten Diskussionen und Proteste. Die Deutschen saugten alle Nachrichten von Mallorca wissbegierig auf. Die Insel war für viele tatsächlich zum 17. Bundesland geworden. Aber zu einem, in dem immer die Sonne scheint.

Und jetzt auch noch ein Blutbad am Ballermann – im Urlauberparadies? Da jauchzte der Boulevard, der es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau nimmt. „Mafia an der Playa – das klingt doch gut“, meinte damals ein Reporter während seines Streifzugs zwischen Schinken- und Bierstraße. Er hatte zwar noch nicht viel recherchieren können, aber seine Story stand schon.