So wird das nichts mit der Flucht. Die kleinen Tiere versuchen aus dem Bottich herauszukriechen. Allerdings im Schneckentempo. Die Caracoles del Campo, die Landschnecken, werden lebendig verkauft. Acht Euro das Kilo. „In heißes, nicht kochendes Wasser geben und sieden, später dann mit Kräutern je nach Gusto oder leckerem Schinken verfeinern“, erklärt der Marktverkäufer. Lebendige Tiere verkaufen zum Selbstverzehr, ja, das sei schwierig, complicado, gibt der dunkelhaarige Mann am Stand zu. Die Schnecken auf dem Vorplatz der Pere Garau Markthalle stammen aus der Gegend um Llucmajor. Die Mandeln und Avocados und Zitrusfrüchte zwei Reihen weiter kommen aus Sóller. Noch recht fest, aber nach ein paar Tagen Nachreifen, sind sie weich und aromatisch. Während der Bauer als Sóller das erklärt, gießt sein Vater mit den knorrigen Händen eines Payeses, eines Landwirts, Olivenöl über die Oliven, damit sie schön frisch bleiben. 3,50 Euro kostet das Kilo Avocados, direkt vom Feld an den Stand. Viel kürzer können die Wege nicht sein.
Innen in der Markthalle um 8 Uhr morgens: Die Ersten essen frittierte Köstlichkeiten an den typischen mallorquinischen Eckbars, andere genehmigen sich eher einen tageszeitangepassten Cortado. Die frischen Einkäufe kann man direkt hier am Stand zubereiten lassen, ein normaler Markttag an einem Werktag.
Ab sechs Uhr hat die Markthalle offiziell geöffnet, die Stände draußen auf dem Platz sind gegen halb neun richtig aufgebaut. Jamón Ibérico, Weine, Käse, abgepackt oder frisch, zirka neun Fischstände und natürlich jede Menge Obst und Gemüse, das meiste der Saison und von der Insel zu fairen Preisen. Gegrilltes Hühnchen mit Nudeln, frische Kroketten oder fertig paniertes Fleisch gibt es schon vorbereitet für die schnelle Küche zu Hause. Der gehäutete Schweinekopf dekoriert die Vitrine des Fleischerstandes.
Internationaler und touristischer ist es auf dem Mercat d´Olivar, dem Zentralmarkt in Palma, dem Traditionsmarkt in bester Lage. Der kleine Zeitungsstand am Eingang hat sich auf die internationalen Besucher eingestellt und verkauft neben spanischer und mallorquinischer auch deutsche Presse.
Die beliebten Eckkneipen gibt es auch hier und trotz der Größe des Marktes kennt man sich. Der Wirt, ein Mallorquiner aus Sóller, mit Schnauzer, raunt vielen der vorbeilaufenden Menschen einen mallorquinischen Gruß hinterher. Stammgäste seit Jahren. Die beiden Männer auf den Drehhockern trinken ihren Café mit Sacarina, dem Zuckerersatz. Was der Mann aus Sóller davon hält, ist leicht an seinem abschätzenden Gesichtsausdruck zu erkennen.
Ein paar Gänge weiter gibt es Eier, Huhn und natürlich frische Kaninchen, gehäutet und geputzt. Das Angebot in Palmas größter Markthalle ist nicht nur saisonal. Erdbeeren und Kirschen liegen neben Bergen von Pilzen. Bald ist wieder Feigenzeit.
Doch das Kleinod der Markthalle ist die Fischhalle. Eine der besten weltweit – dieser Satz stammt natürlich von einem Mallorquiner. Die Arme der Fischverkäuferin sind rot von der Kälte und dem Salz, mit dem die Fische frisch gehalten werden. Kein Job für Zartbesaitete. Die Fische liegen gehäutet mit großen offenen Fischmündern auf Eis. Alles, was das Mittelmeer noch hergibt und die anderen Gewässer ebenfalls, kann man hier kaufen.
Kleiner und einen Hauch gemütlicher ist es in der Markthalle in Santa Catalina. Die Gänge wirken frisch gewienert, sogar der Gang mit den Fischen sieht so aus, als habe ihn jemand gerade gefeudelt. Der Delikatessenstand direkt an einem der Eckeingänge hat den Rolls-Royce unter den Balsamico Essigen. 100 Jahre alt, ordentlich „gereift“, also sehr süß, und nicht für den kleinen Geldbeutel. „Diese Art Balsamico verschenkt man entweder oder nimmt es wie eine Tinktur jeden Morgen in kleinen Dosen zu sich“, empfiehlt der Besitzer des Standes. Über 400 Euro bezahlte die Kundin, die das letzte Exemplar gekauft hat. Der kleine Bruder mit 50 Jahren Reife wartet in der Vitrine noch auf einen Bieter. Das Sortiment hier am Stand ist international: Patés aus Spanien, Liköre aus Frankreich, speziell gewürzte Mandeln aus Mallorca. Wer das etwas besondere Geschenk für einen Gourmet sucht, findet hier sicherlich etwas.
Eine Marktlücke hat die Familie Ramón entdeckt. Im Stadtteil Santa Catalina als ehemaligem Fischerstadtteil leben heute wenige Fischer. Dafür umso mehr „Yachties“ – Menschen, die auf den Booten arbeiten. Als Captain, als Aushilfe oder in der Küche. Die Besatzung und die Gäste dieser Yachten haben oft spezielle und ausgefallene Wünsche. Der Stand Frutas Ramón geht ganz auf diese Wünsche ein – es kann noch so ausgefallen sein, sie haben ihre Kontakte zu ausgesuchten Vertreibern und Anbietern von Obst und Gemüse weltweit. „Ein Anruf oder eine E-Mail mit den Spezialwünschen für ein ausgesuchtes Menü an Bord genügt, und wir besorgen die Zutaten.” Ohne Aufpreis. Das Konzept scheint aufzugehen.
Ein Markteinkauf ist mehr als der Gang in den Supermarkt kurz vor Ladenschluss. Einen Markt muss man „leben“, findet auch die junge Mallorquinerin vom Stand mit dem Yacht-Service. Die Atmosphäre, das Ambiente, das bekommt man nur mit, wenn man sich treiben lässt. Hier einen Café trinken, dort sich den neuen Fang zeigen und erklären lassen und mit vollen und schweren Taschen nach einer gefühlten Ewigkeit wieder ans Tageslicht treten.
Wie viel der angeboteten Waren stammen wirklich von der Insel? Warum stattet die Königsfamilie hier keinen Besuch ab - sondern lässt sich in der Nobel-Meile ablichten?
Die Markthallen sind eine Sensation. Solche frische Produkte sind einzigartig und eine sehr gute Qualität. Besonders wenn man vor Ort dieses auch genießen kann. Einfach genial. Das ist ein großes Stück Lebensfreude und Tradition.
Ich persönlich fühle mich zum Beispiel am Strand oder in einem Café mehr im Urlaub als in einer Markthalle mit penetrantem Fischgeruch. Habe nie verstanden, dass die deutschen Malle-Urlauber angeblich derart auf Märkte abfahren und halte das auch für eine gewisse Manie von MM. Aber bei manchen kommt das Fressen halt leider weit vor Erholung, Familie, Kultur und anderen Werten...
4 Kommentare
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@ Christian, so lange das Fressen nicht vor der Moral kommt, ist ja noch alles in Ordnung.
Wie viel der angeboteten Waren stammen wirklich von der Insel? Warum stattet die Königsfamilie hier keinen Besuch ab - sondern lässt sich in der Nobel-Meile ablichten?
Die Markthallen sind eine Sensation. Solche frische Produkte sind einzigartig und eine sehr gute Qualität. Besonders wenn man vor Ort dieses auch genießen kann. Einfach genial. Das ist ein großes Stück Lebensfreude und Tradition.
Ich persönlich fühle mich zum Beispiel am Strand oder in einem Café mehr im Urlaub als in einer Markthalle mit penetrantem Fischgeruch. Habe nie verstanden, dass die deutschen Malle-Urlauber angeblich derart auf Märkte abfahren und halte das auch für eine gewisse Manie von MM. Aber bei manchen kommt das Fressen halt leider weit vor Erholung, Familie, Kultur und anderen Werten...