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Das Gute an einem Innendesigner ist, dass er keinem Trend unterliegt, er setzt selber Trends", betont Juliane Jeske von Holger Stewen Interior Design in Palma. Dennoch lassen sich einige Tendenzen bei der Einrichtung der Mallorca-Fincas ausmachen.

Früher, vielleicht bis vor zehn Jahren, seien Fincas eher "üppig, voluminös, barock" eingerichtet worden, meint Thomas Wenzel von Wenzel und Franke Interior Design in Sant Llorenç. Im Südwesten der Insel sei der Stil des russischen Architekten Pedro Otzoup angesagt gewesen, sagt Gabriele Strathmann vom Einrichtungshaus Pine Life in Santa Ponça: ganz rustikal, verwinkelt und farbenfroh - mit viel Terracotta - und gerne mit Korbstühlen und Rattansofas mit bunten Bezügen.

Eine Vorliebe für identische Stoffe habe es gegeben, erinnert sich Juliane Jeske - Vorhänge, Bezüge und Tischdecken mit demselben Muster und aus demselben Material, beispielsweise alles in Seide oder alles in Baumwolle.

Fincas seien früher in erster Linie Ferienwohnsitze gewesen, während heute viele das ganze Jahr bewohnt würden. Das habe auch die Ansprüche an das Innendesign verändert, erläutert Thomas Wenzel: "Heute werden auch die Landhäuser moderner eingerichtet, mit geradlinigen Möbeln. Dazu werden meist ein bis zwei alte Stücke gesellt, vielleicht ein Barocksekretär, der jedoch weniger als Sekretär denn als Kunstobjekt fungiert", sagt der Designer.

Ähnlich lautet auch die Devise von Holger Stewen: Klare Linien und Formen mit einigen außergewöhnlichen Stücken, die den nüchternen Look brechen und verfeinern, wobei Fincas schon etwas rustikaler sein können als Stadthäuser. Die Besonderheiten der Finca würden mehr berücksichtigt, die Konzeption sei längerfristiger, der Stil schlichter und moderner, mit hellen Farben und Stoffen, fügt Gabriele Strathmann hinzu.

Ton in Ton sei heute bei den Stoffen out, wirft Juliane Jeske ein. Vorhänge könnten jetzt durchaus ein anderes Muster haben und aus einem anderen Material sein als die Bezüge von Sesseln, solange sich die Farben wiederfänden.

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"Der Trend geht auch zum Natürlicheren", findet Salomón Serruya von der Firma für Innen- und Beleuchtungsdesign D-Mix in Palma. Das zeige sich zum einen in der Bevorzugung abgerundeter statt wie früher kantiger Formen. Zum anderen würden jetzt gerne naturbelassene Materialien, wie offenporiges Holz oder wenig behandeltes Eisen, für Möbel verwendet. Plastik sei eindeutig nicht mehr angesagt. Für den spanischen Designer spiegeln reine Formen und Materialien ein neues Bewusstsein. Im Einrichtungs- wie im ganzen Lebensstil werde mehr auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit geachtet.

Marina Rijpma von der Firma für Delikatessen und Dekoration Son Fé in Alcúdia spricht von einer "ehrlich ökologischen" Einstellung: "Ein kleines Beispiel: Eine Kundin von mir wünschte sich ein Holzpodest als Abstelltisch. Erst dachte sie an Massivholz, aber dann haben wir das Podest hohl gemacht, weil das günstiger war und wir nicht einen ganzen Baum opfern mussten."

Eine weitere Tendenz heißt Individualität und Kreativität. Mehr denn je wünschten sich die Kunden etwas Einzigartiges, Persönliches, würden Maß- und Sonderanfertigungen nachgefragt, sagt Juliane Jeske von Holger Stewen. Neu ist dabei die Verwendung von Materialien für Zwecke, für die sie ursprünglich nicht gedacht gewesen sind. Aus alten Holzdielen werden zum Beispiel Schränke geschreinert.

Salomón Serruya von D-Mix zeigt einen Teppich aus recycelten Fahrradschläuchen und Schweizer Armeedecken. Marina Rijpma deutet auf eine Lampe, deren Bein aus Treibholz besteht, das sie am Strand gefunden hat. Den Lampenschirm hat sie gestrickt. Zum Teil, aber nur zum Teil, betont Marina Rijpma, spiele hier die Krise eine Rolle. Ein begrenzteres Budget sporne die Fantasie an, ein Haus mit einfacheren Mitteln interessant zu gestalten.

Zwei Räume haben in den letzten Jahren einen Bedeutungswandel erfahren. Zum einen das Bad: Der einstige Waschraum ist zur Wellness-Oase avanciert, inklusive Hightech-Dusche mit Seitenstrahlern, Touch-Screen und MP3-Player. "Die Küche", sagt Thomas Wenzel, "wurde früher mehr oder weniger verbannt. Heute ist sie der zentrale Punkt in der Finca mit einem großen Esstisch." In der Krise gehe man eben weniger in Restaurants essen und koche lieber zu Hause auch in größerer Runde für Freunde, meint Marina Rijpma.

In erster Linie sehen die Designer diese Entwicklungen jedoch als Teil des sogenannten "Cocooning" (Verpuppens). Damit bezeichnen Soziologen eine Tendenz der letzten Jahre, sich aus der Gesellschaft in das häusliche Privatleben zurückzuziehen. Wie weit das Cocooning auf Mallorca geht, ist allerdings die Frage, denn hier steht selbst der schönsten Finca harte Konkurrenz gegenüber: ein Klima und eine Kultur, die zum Aufenthalt im Freien und Ausgehen einladen.