Wer die Großstadt Palma hinter sich lässt und auf der Landstraße in Richtung Tramuntana-Gebirge fährt, fühlt sich direkt in das mediterrane Landleben der Insel hineinversetzt. Das liegt nicht zuletzt an den zahlreichen Olivenbäumen, die sich kilometerweit über die Felder erstrecken und teils schon 1000 Jahre auf dem Buckel haben. Vor allem in den vergangenen Tagen konnte man zudem immer mehr Kleinbauern und Landwirte dabei beobachten, wie sie breite Netze unter den Bäumen aufspannten. Die Olivenernte hat auf Mallorca schon begonnen.
Laut dem deutschen Unternehmer Franz Kraus, der den Delikatessenhandel Fet a Sóller betreibt, beginnt die Saison damit allerdings in diesem Jahr viel zu früh. „Normalerweise beginnt die Ernte erst drei bis vier Wochen später.” Das frühere Abernten hat verschiedene Gründe.
„Was gerade passiert, ist in erster Linie auf den Klimawandel zurückzuführen. Vor allem die unregelmäßige Wasserzufuhr beeinflusst das Olivenwachstum”, erklärt Franz Kraus. Bereits seit Ende Mai liegen die Temperaturen deutlich über dem Durchschnitt. Zudem rollten zwei Hitzewellen über das Land, die jeweils knapp zwei Wochen andauerten. Besonders die Olivensorte „Mallorquina”, die ausschließlich im Tal von Sóller heranwächst, hat es in diesem Jahr schwer getroffen. Im Flachland, dem sogenannten Pla, sieht die Lage etwas entspannter aus, da dort Bewässerungsanlagen zur Verfügung stehen. In Sóller rechnet man in diesem Jahr mit einem Ernteverlust von etwa 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Dass auf der Insel derzeit schwierige Bedingungen herrschen, bestätigt auch Antoni Ferrer Mayol. Der Mallorquiner bewirtschaftet die Finca Racó de Sóller und stellt dort sein eigenes Olivenöl her. „Aus landwirtschaftlicher Sicht war dieses Jahr sehr schwierig, insbesondere für den Olivenanbau. Wir können in diesem Jahr zwar noch eine durchschnittliche Ernte verzeichnen, aber die Begebenheiten waren aufgrund der hohen Temperaturen deutlich härter als in den vergangenen Jahren”, so Ferrer. Doch längst nicht überall im Sóller-Tal sind die Oliven schon reif. „Bei uns beginnt die Ernte erst in zwei Wochen. Daher können wir erst im Oktober einschätzen, wie gut oder schlecht die Lage wirklich ist”, berichtet Anwohner und Kleinbauer Federico Medina.
Die Agrarwissenschaftlerin Marga Morey arbeitet für die Bauern-Kooperative in Sóller. Sie erklärt: „In der Tat wird es in diesem Jahr weniger Oliven als im Vorjahr geben.” Zum einen seien die hohen Temperaturen schuld. Doch auch der Mangel an Regen und die Zunahme von Schädlingen, ebenfalls eine Folge des Klimawandels, haben zu einem Rückgang der Olivenmenge geführt. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der zweijährige Rhythmus des Olivenbaums. Es gibt immer ein Jahr mit hoher Produktion, gefolgt von einem Jahr mit niedriger Produktion. Doch auch in den vergangenen Jahren hatte der Klimawandel schon Auswirkungen auf die Olive. Marga Morey erklärt dazu: „Wir kommen aus vier relativ schwachen Saisons, verfügen also über geringe Lagerbestände. Unser Ziel seitens der Kooperative war es etwa 30 bis 40 Tonnen zu ernten, um den Markt abzudecken. Laut aktuellen Prognosen werden wir jedoch gerade einmal zwischen 10 und 15 Tonnen ernten. „Damit bewegen wir uns weit weg von der Rekordsaison 2017/2018. Damals wurden 100 Tonnen Oliven geerntet”, erzählt Marga Morey.
Aufgrund der geringen Ernte und der gestiegenen Produktionskosten, insbesondere für Düngemittel, wurden die Preise um 20 Cent pro Kilogramm erhöht. Der Preis für grüne Oliven liegt derzeit bei 2,50 Euro pro Kilo, im Vorjahr lag er bei 2,30 Euro.
Die Folge ist vermutlich auch ein Preisanstieg für das in Sóller produzierte Olivenöl. „Das Olivenöl wird auf jeden Fall teurer. Das ist eine logische Schlussfolgerung bei der geringeren Ernte in diesem Jahr”, erklärt Franz Kraus. Der deutsche Unternehmer stuft die aktuelle Situation durchaus als besorgniserregend ein. „Wir stecken mitten in einer globalen Klimakrise. Das werden wir auch bei den kommenden Ernten zu spüren bekommen.” Um dem entgegenzuwirken, setzt Kraus schon lange auf erneuerbare Energie, wie Sonnenkraft. „Wir sitzen hier auf Mallorca doch an der Quelle. Und wir dürfen eins nicht vergessen: Die auf der Insel entstandenen Produkte sichern auch den Tourismus, der für uns alle überlebensnotwendig ist.”
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