Moderatorin Sabine Christiansen führte gewohnt sachkundig und souverän durch die Veranstaltung. | PlattesGroup

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Drei Tage lang diskutieren, zuhören, neue Impulse erhalten, sich austauschen – und dann das Gelernte in der Praxis umsetzen. Auf Castell Son Claret haben vom Donnerstag, 9. Juni, bis zum Samstag, 11. Juni, in einem mediterranen und einzigartigen Ambiente rund 150 Personen am Wirtschaftsforum „Neu denken” teilgenommen. Gastgeber am Ausrichtungsort unweit von Es Capdellà bei Calvià war der Hamburger Speditionsunternehmer, Milliardär und Kunstmäzen Klaus-Michael Kühne.

Drei Veranstalter haben bereits zum fünften Mal dieses einzigartige Forum mit Leben gefüllt – neben dem auf der Insel ansässigen Steuer- und Rechtsbüro PlattesGroup auch die Rechtsanwaltssozietät „Flick Gocke Schaumburg” sowie die Wirtschaftsprüfer „LeitnerLeitner”. Die Idee hierfür hatte jedoch vor Jahren Willi Plattes, CEO der PlattesGroup, zusammen mit der Fernsehmoderatorin Sabine Christiansen. Letztere war auch während der drei Tage verantwortlich für die Leitung des Kongresses. Bei jedem Thema auf dem neuesten Stand und mit allen der 46 Referenten auf Augenhöhe, sorgte sie für unterhaltsame und zugleich informative Momente. Gemäß dem Motto vom „neuen Denken” zum „neuen Handeln” sagte sie: „Man merkt von Konferenz zu Konferenz, wie die Vorschläge konkreter werden.” Und auch einen Vergleich mit größeren Veranstaltungen dieser Art braucht das besondere Event nicht zu scheuen. „Wir werden das nicht explodieren lassen wie Davos, sondern es auch in Zukunft in einem exklusiven und kleinen Rahmen beibehalten”, so Willi Plattes.

Das Networking-Get-together samt Grillfest im Garten des Fünf-SterneHotels stand in diesem Jahr im Zeichen der globalen Krisen. Den Auftakt für die Veranstaltung gab die balearische Finanzministerin Rosario Sánchez Grau: „Die europäische Solidarität und Einigkeit ist die notwendige Grundlage, um die gegenwärtigen Herausforderungen durch Corona-Pandemie, UkraineKrieg und Klimawandel gemeinsam bewältigen zu können.” Und diese von Sánchez angesprochenen drei globalen Krisen zogen sich wie ein roter Faden durch sämtliche Reden und Vorträge auf den beiden Konferenztagen.

Am Freitagvormittag warf der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Professor Marcel Fratzscher, in seinem Vortrag einen Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa. Hier seien es vor allem Russland und China, die zu einer Tendenz der Deglobalisierung führen würden, betonte er. Die momentan gesellschaftlich herausfordernden drei „P’s” – Populismus, Protektionismus und Paralyse – seien durch die Pandemie noch weiter verschärft worden. Dem schloss sich der Vortrag von Christian Dürr, dem Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, mit dem Thema „Zeitenwende für Deutschland – wo bleibt das Liberale in der Ampel?” an. Sein Appell lautete: „Lasst uns Macher sein und keine Bedenkenträger”.

Eines der Highlights des Forums waren die Vorträge „Zeitenwende in Europa/Die aktuelle Lage durch den Krieg in der Ukraine”. Hier war neben Alexander Graf Lambsdorff, dem stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Fraktion, auch der Ex-Oligarch Michail Chodorkowski beteiligt, der digital aus London zugeschaltet war. Der Kreml-Kritiker beobachtet, dass viele westliche Politiker in einem Paradigma des Rechtsstaats leben würden und Angst vor Putin hätten. Letzterer aber spiele nach eigenen Spielregeln und würde das Spielbrett einfach umstürzen. Lambsdorff sagte gegenüber MM: „Wir dürfen nicht vergessen, dass im Osten unseres Kontinents gerade gestorben und gelitten wird, und wir alles dafür tun müssen, damit das so schnell wie möglich wieder aufhört.”

Über die neue geopolitische Realität und ihre Auswirkungen auf Europa und die Welt sprach auch Nina Chruschtschowa, die Urenkelin des sowjetischen Politikers Nikita Chruschtschow. Angesichts der neuen globalen Situation zeigte sie sich betroffen: „Dass die Diplomaten aus Russland ausgewiesen wurden, genauso wie im Gegenzug die russischen Diplomaten aus den Vereinten Nationen, ist nicht gerade förderlich. Denn gerade jetzt brauchen wir mehr Verhandlungen denn je. Auch die Unternehmer sollten mit Putin sprechen, egal wie schlecht die Beziehungen sind.” Der Vorsitzende des Deutschen Unicef-Komitees, Georg Graf Waldersee, und der ehemalige Botschafter in Moskau, Rüdiger Freiherr von Fritsch, äußerten sich ebenfalls zu Russland. Letzterer fasste die neue globale Rolle des russischen Staatschefs in wenigen Worten zusammen: „Wir haben es mit der Entwicklung eines autoritären Führers zu tun, der schlecht beraten ist und in den Kategorien eines sowjetischen KGB-Offiziers denkt. Durch die Coronapandemie folgt er noch stärker seinen großrussischen, imperialistischen Reflexen, und handelt aus einer verzerrten Wahrnehmung der Weltlage heraus.”

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Am Freitagnachmittag standen bei der Konferenz die Themen „Cyberattacken” sowie die „Digitale Transformation” auf dem Programm. Hier analysierten, aus der Ferne zugeschaltet, Christian Klein, Vorstandssprecher von SAP, sowie Philipp Justus, der Vizepräsident von Google in Zentral-Europa, ob und wie Deutschland gegenüber China, Südkorea und den USA in der Digitalwirtschaft aufholen kann. Dass sich Deutschlands Unternehmer jedoch nicht zu verstecken brauchen, demonstrierte als weiterer Referent der Vizepräsident der TU München, Prof. Dr. Helmut Schöneberger, dessen Universität zu einer Startup-Schmiede wurde.

Deutschland als Startup-Land stand auch bei den Reden der Unternehmerin und Gründerin Dr. Conny Boersch und von Deepa Gautam-Nigge, Senior Director bei SAP, im Fokus. Gautam-Nigge zeigte sich in mancher Hinsicht optimistisch: „Vor allem die Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft muss in Deutschland gestärkt werden.” Wie das möglich ist, habe man am Beispiel von Biontech gesehen. „Aber auch das Arbeiten zwischen Start-ups und Unternehmen muss sich noch verbessern.”

Daniel Metzler, Raketen-Jungunternehmer von Isar Aerospace, und der ehemalige Raumfahrer und ESA-Koordinator, Dr. Thomas Reiter, machten den Teilnehmern die Chancen im „All als Milliardenmarkt” auf einfache Weise verständlich. Reiter, der insgesamt 350 Tage, vier Stunden und 55 Minuten im All verbrachte, erklärte gegenüber MM: „Wir müssen auf den Mars fliegen, weil wir verstehen wollen, ob das Leben hier auf dem Planeten einzigartig oder woanders entstanden ist. Auf dem Mars gab es eine dichte Atmosphäre, Wasser und Temperaturen, die es ermöglicht haben können, dass Leben entstanden ist.”

Auch am zweiten Konferenztag, dem Samstag, folgte ein hochkarätiger Vortrag dem anderen. Zu Beginn sprach der aus Berlin zugeschaltete Finanzminister Christian Lindner über den neuen „globalen Ausnahmezustand”. Umso wichtiger sei es, in diesen Zeiten, in denen Deutschlands Nachbarn die militärischen Defizite der Bundeswehr bemerkten, Handlungsfähigkeit zu beweisen. Das sei nun durch eine Aufrüstung der Bundeswehr mit dem sogenannten „Sondervermögen” in Höhe von 100 Milliarden Euro möglich. Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil war aus der Lüneburger Heide zugeschaltet. Er betonte, dass die Koalition viele Krisen zu meistern hätte und die Zeit, um über banale Themen zu reden, vorbei sei.

Neue Denkimpulse setzte der Vorstandsvorsitzende von Nestlé, Marc-Aurel Boersch, in einem Gespräch mit dem digital zugeschalteten ReweCEO, Lionel Souque. Sein Vorschlag, um die globale Treibhaus-Krise in den Griff zu bekommen, ist der Umstieg auf eine vegane Ernährung. Vor allem die Tierhaltung sei für einen großen Teil des hohen, weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich.

Dem folgte eine Diskussion des früheren Verteidigungsministers Rudolf Scharping mit dem ehemaligen Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, über die Abhängigkeit Europas von China. Scharping sagte: „China ist keine Gefahr, und wir sind auch nicht von China abhängig. Wir brauchen uns eher gegenseitig, um die globalen Probleme, vom Klimawandel bis zum Frieden hin, zu lösen.” Gegen Ende der Veranstaltung betonte Patrick Adenauer, Präsident des Family Business Networks, die Notwendigkeit, die Digitalisierung in Deutschland weiter voranzutreiben und die Inflation zu bekämpfen.

Sarna Röser, Vorsitzende der Jungen Unternehmer Deutschlands, die auch Gast-Löwin in der TV-Sendung „Höhle der Löwin” ist, sprach sich ebenfalls für einen Wandel am Standort Deutschland aus: „Ich rufe alle jungen Menschen auf: Wenn Ihr eine Idee habt, traut Euch und geht ins Risiko! Wir legen den jungen Menschen zu viele Steine in den Weg, haben ein Bürokratiemonster, keine digitale Verwaltung und die höchsten Steuern.” MM gegenüber sparte Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nicht an Worten des Lobes über die Veranstaltung: „Dieses Wirtschaftsforum ist eine tolle Initiative, weil die Menschen hier sehr offen miteinander sprechen können und es zu Begegnungen zwischen Politik und Wirtschaft kommt.” Für die Zukunft hat Veranstalter Willi Plattes große Visionen: Ziel sei es, auf der Insel einen weiteren, technologischen Wirtschaftszweig aufzubauen. „Wir haben bereits zwei Start-ups gegründet. Mallorca kann zu einem ‚Silicon Island’ und Vorzeigemodell in Europa werden.”