Palma de Mallorca Flughafen. | T. AYUGA

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Es ist kein eingebildetes Phänomen: Die Zahl verspäteter oder sogar annullierter Flüge nicht nur auf dem Gebiet der gesamten EU, sondern auch zwischen Mallorca und Deutschland, hat im vergangenen Sommer verglichen mit dem Vorjahr deutlich zugenommen. Im Juli waren es europaweit 64 Prozent mehr verspätete Verbindungen als im gleichen Monat des Jahres 2023. Laut dem Flug-rechtsportal Flightright betraf dies besonders stark deutsche Airlines und Flughäfen.

Am unpünktlichsten war den Angaben zufolge Eurowings. 32,38 Prozent der EU-weiten Verbindungen dieser Airline waren im Sommer unpünktlich, 3,09 Prozent wurden gleich ganz storniert. Auf den weiteren Plätzen folgen Lufthansa, Swiss und Easyjet, die allesamt auch nach Mallorca fliegen.
Neben klimawandelbedingten Wetterphänomenen sieht Luftfahrt-Kapazität Cord Schellenberg auch andere Gründe für die zahlreichen Verspätungen: „Nicht alle Airlines haben ausreichend Piloten”, so der in den Medien oft präsente Experte. „Hinzu kommt, dass manchmal einfach kein Flugzeug zur Verfügung steht.”

Das liege daran, dass der amerikanische Großkonzern Boeing im Vergleich zum europäischen Konkurrent Airbus mehr Probleme mit Zulieferern habe. Das habe zur Folge, dass manche Jets mitunter zu lange im Hangar stehen. Bedacht werden müsse auch, dass der Flugraum über Europa wegen des anhaltenden Kriegs zwischen Russland und der Ukraine um 20 Prozent kleiner als vor dem Februar des Jahres 2022 sei. Mehr Maschinen würden über einem engeren Gebiet fliegen. „Das trägt auch zu Verspätungen bei”, so Cord Schellenberg.

Was die oft medial gescholtene europäische Flugsicherung anbelangt, so ist sich der Experte sicher, dass sie generell gut funktioniert und nicht unbedingt als Hauptverursacher der Verspätungen gewertet werden kann. Dennoch: Aus der Branche wurden zuletzt Rufe lauter, dass zu viele Lotsen in der Ausbildung unter anderem am Airport von Palma ebenfalls verantwortlich für Verspätungen seien. Auch Blockadeaktionen von sogenannten Klimaaktivisten vor allem in Deutschland und Österreich trugen dazu bei, dass sich auf Mallorca immer wieder Flüge verspäteten.

Probleme gab es auf der Insel im Sommer ausgesprochen häufig: Vor allem, dann, wenn heftige Regenfälle einsetzten, musste der Tower Abflüge und Ankünfte drosseln, um die allgemeine Sicherheit zu gewährleisten. In Erinnerung sind noch chaotische Szenen Mitte August, als ganze Familien in den Terminals nächtigen mussten, weil ihnen die Flüge einfach gestrichen oder teilweise sogar auf andere Tage verlegt worden waren. Anders als bei Problemen, die von den Airlines selbst verschuldet werden, haben Fluggäste, deren Verbindungen wegen Wettereignissen nicht wie geplant über die Bühne gehen können, keinen Anspruch auf die in der EU übliche Entschädigung nach mehr als drei Stunden Wartezeit. Immerhin stehen ihnen jedoch Verpflegungs- und Betreuungsleistungen zu. Es handelt sich halt um außergewöhnliche Umstände.

Mit der Wetterkeule versuchte unlängst die irische Billigfluglinie Ryanair um Verpflichtungen herumzukommen: Bei einer kurzfristigen Annullierung zwischen Palma und der auf dem spanischen Festland liegenden Stadt Vitoria wurde trotz blauem Himmel schlechte Witterung als Grund dafür genannt. Tatsächlich seien jedoch an jenem 23. September viele Flugzeuge gestartet und gelandet, äußerten Fluggäste. Diese bemängelten, dass sich die Mitarbeiter auch bei Verpflegung und Betreuung nicht um sie gekümmert hätten. Ende Juni gab Ryanair der europäischen Flugsicherung die Schuld für Verspätungs-Vorfälle am 27. und 28. des Monats. Deren Zentrale habe halt mit Personalengpässen und ausgefallenen Geräten zu tun.

Kleinere Probleme wie falsche Koffer oder ausgefallene Passagiere haben nach Überzeugung des Experten Cord Schellenberg kaum Auswirkungen auf Verspätungen. „Wenn ein Koffer gesucht wird, der nicht in das Flugzeug gehört, wissen die Mitarbeiter des Handlings sofort, in welchem Laderaum sie suchen müssen”, so der Luftfahrtprofi. Das Problem werde dann schnell gelöst.
Und überhaupt: Eigentlich sollte man sich Schellenberg zufolge nie an die Abflugzeit, sondern an die Ankunftszeit halten. Verspäte sich ein Abflug, komme man nicht selten dennoch pünktlich am Ziel an.