Es gibt sie noch, die verschlafenen Ortschaften auf Mallorca, die zumindest auf den ersten Blick nichts mit der brummenden Tourismus-Maschinerie an der Küste oder in der Balearen-Metropole Palma zu tun haben. Nach Angaben des Tourismusverbandes Essentially Mallorca hat sich das Unterkunftsangebot in vielen Dörfern im Inselinnern deutlich erhöht. Selbst in Orten, in denen es jahrzehntelang kein einziges Hotel gab, sind mittlerweile Unterkünfte im Kernort oder in seiner ländlichen Umgebung zu finden. Wurden 2015 exakt 5658 solche Schlafplätze gezählt, sind es im Vorjahr 6807 gewesen. – ein Zuwachs von immerhin 20 Prozent.
Eine besonders hohe Dichte an Gästebetten auf dem Land verzeichnen die beiden Gemeinden Campos (829 Schlafplätze) und Artá (648). Deià kommt auf 475, Selva auf 360 und Valldemossa auf 336 touristische Gästebetten. Selbst weniger bekannte Landgemeinden weisen Unterkünfte mit Schlafplätzen aus, wie etwa Ariany (104), Sa Pobla (49), Costitx (41), Búger (22) oder Santa Eugènia (20).
Die beiden Spitzenreiter Campos und Artà haben sich regelrecht zu beliebten Urlauber-Destinationen gemausert, obgleich beide mehrere Kilometer vom nächsten Strand entfernt sind, sagt der Präsident von Essentially Mallorca, Jesús Cuartero. „Strandnähe ist für diese Besucher nicht so wichtig wie der Kontakt zur Natur, zur Landschaft und zur Kultur der Insel.”
Die Unterkünfte im Inselinneren lassen sich im Wesentlichen in drei Kategorien unterteilen: Als Erstes gibt es den schon in den 1990er Jahren etablierten „agrotourismo”. Diese Herbergen sind in der Regel landwirtschaftliche Betriebe, die durch die Beherbergung von Urlaubern eine zusätzliche Einnahmequelle erhalten haben, ähnlich wie etwa „Urlaub auf dem Bauernhof” in Deutschland. Meist liegen diese mittlerweile 200 Agroturismos ziemlich abgeschieden und versteckt inmitten Mallorcas natürlicher Landschaft. Die meisten Besucher dieser Unterkünfte kommen aus Deutschland oder Großbritannien. Die Agroturismos stellen etwa 43 Prozent aller touristischen Unterkunftsarten im ländlichen Inselinnern.
In die zweite Kategorie fallen die „hoteles rurales”. Diese Landhotels, können ebenfalls abseits von örtlicher Infrastruktur liegen, haben allerdings im Gegensatz zum Agrotourismus keinerlei nennenswert landwirtschaftliche Bezüge oder Einkommen. Sie bieten eine große Bandbreite an Übernachtungsmöglichkeiten: In ihren Räumlichkeiten findet sich alles, von einfachsten Unterkünften bis hin zur Luxus-Suite mit Spa und Wellness-Angeboten. Die Landhotels sind ebenfalls seit vielen Jahren ein fester Bestandteil des touristischen Angebots. Sie stellen etwa 35 Prozent aller Gästebetten im Inselinnern.
Die dritte Art der Unterkünfte im ländlichen Mallorca ist vergleichsweise jung und konzentriert sich unter dem Namen „turismo interior” auf die Kernorte der Landgemeinden. Es handelt sich um traditionelle Dorfhäuser, sogenannte „Casals”, die von ihren Eigentümern zumeist aufwendig renoviert und in Hotels umgewandelt worden sind. Diese Unterkünfte, die etwa 17 Prozent aller touristischen Herbergen im Inselinnern stellen, fügen sich perfekt in die historisch gewachsenen Kernorte ein. Sie ermöglichen den Urlaubern auf diese Weise einen ganz besonderen Einblick in die mallorquinische Dorfkultur.
Wirtschaftlich sei die touristische Nutzung und Erschließung für die Dörfer im Zentrum der Insel von großer Bedeutung , sagt Antoni Salas, Präsident des Gemeindeverbandes auf den Balearen (FELIB). „Allein die Investitionen zur Renovierung der alten Dorfhäuser schafft Aufträge und Arbeit für die heimischen Handwerksbetriebe.” Darüber hinaus belebe die Nachfrage der Gäste das Leben in den Dörfern selbst. „Die Urlauber suchen und verlangen nach authentischen lokalen Produkten, die direkt vor Ort entsprechend der Null-Kilometer-Philosophie erzeugt werden.” Sie suchen zudem die lokale Gastronomie und den heimischen Handel auf. All das fördere die Wirtschaft in den Dörfern, so Salas. „Das trägt auch zu einer Verbesserung der eigenen Wahrnehmung in den Gemeinden bei und schafft zusätzliche, ortsansässige Arbeitsplätze."
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