Das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ veröffentlicht in seiner jüngsten Ausgabe eine Titelstory zu Mallorca. Unter der Schlagzeile „Mallorca. Die Geisterinsel. Was wird aus dem Lieblingsziel der Deutschen?“ schildert das Blatt die wirtschaftliche Situation seit der Grenzöffnung am 21. Juni sowie die Auswirkungen der Coronakrise auf das Eiland.
Die sechs Autoren, die das Feature recherchiert und geschrieben haben, berichten zumeist von leeren Straßen, Hotels und Stränden sowie dem weitgehend verwaisten „Ballermann“ samt den geschlossenen Biertempeln. Auch die mittlerweile wieder geöffneten Balneario-Bars an der Strandpromenade der Playa de Palma werden als noch geschlossen geschildert.
Immerhin: Es wird erwähnt, dass seit Juli die Zahl der Flugverbindungen wieder deutlich angestiegen sind (auch wenn sie bei weitem nicht an das Aufkommen des Vorjahres heranreichen) und dass mittlerweile wieder viele Hotels, insbesondere an der Playa de Palma, den Betrieb aufgenommen haben.
Berichtet wird auch, dass Mallorca nicht die einzige Destination sei, die unter einem geringeren Besucheraufkommen leide. Der „Spiegel“ zieht zum Vergleich Kroatien und Italien heran, wo bislang offenbar so gut wie gar keine Urlauber registriert wurden.
Die Nachfrage nach Mittelmeerzielen allgemein ziehe allerdings wieder an, schreibt das Blatt unter Berufung auf den Deutschen Reiseverband (DRV): „Die Balearen und die Kanaren würden zusammen zurzeit sogar stärker gebucht als Deutschland“. Und unter Bezug auf den deutschen Reiseveranstalter Tui heißt es, der Konzern habe wieder fast alle seiner Inselhotels im Angebot. „Mallorca ziehe an, wenn auch auf weit niedrigerem Niveau als im Vorjahr.“
Bliebe zu entgegnen: Die Vorjahre waren Rekordjahre - ohne Coronakrise. Der konstatierte Einbruch trifft nicht nur Mallorca, sondern weite Teile Europas, wenn nicht der Welt insgesamt. Und dass es mittlerweile wieder Staus im Berufsverkehr auf dem Eiland gibt, sowie zeitweise gesperrte Badebuchten als Corona-Schutzvorsorge, wegen Überfüllung. Nicht zu vergessen die dicht bevölkerten Straßencafés etwa in Palmas beliebtem Meeresviertel El Molinar oder in der populären Gastronomiemeile Calle Fábrica in Palmas In-Viertel Santa Catalina. Dort zumindest sind die Verhältnisse alles andere als eine "Geisterinsel".
Prominente Befragte in der Titelgeschichte sind unter anderem der Playa-Partysänger Peter Wackel, der balearische Tourismusminister Iago Negueruela, der ehemalige Wirtschaftsminister Carles Manera, der mallorquinische Tourismus-Professor Ivan Murray Mas. Weitere Befragte sind die Inhaberin des „Bielefelder Bierstübchens“ an der Playa de Palma, Gisela Mertoglu, sowie eine Hotelmitarbeiterin aus Cales de Mallorca.
„Was wird aus der Lieblingsinsel der Deutschen?“, fragt der „Spiegel“ und schreibt: „Es ist ein romantischer Gedanke, dass Mallorca ohne den Massentourismus eine Chance hätte, eine Zukunft. Wie teuer müsste Ökotourismus sein, damit die Insel davon leben kann? Und wer soll ihn bezahlen? Sicher nicht jene Gäste, die in der Vergangenheit die Insel belebt haben.“
Mallorca, schreibt der „Spiegel“, habe sich dem Massentourismus ausgeliefert. Das sei wie bei Goethes Zauberlehrling: "Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los."
9 Kommentare
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Roland@ Sie fragen zu recht. Ganz klare Antwort = NEIN. Solche Gäste werden niemals Florida, San Tropez, Marbella, etc. gegen Mallorca tauschen wollen. Wer hier her kommt sind solche, die dort nie akzeptiert würden. z.B. In Puerto Banus liegen die Yachten mit goldenen arabischen Schriftzeichen und Hubschrauber an Bord. Sowas habe ich noch nie gesehen. Am Pier wartet der Rolls mit Fahrer. Alle haben dort riesige Villen und besuchen vor allem den Club der G.v.Bismark und A. zu Hohenlohe. Sowas kann ich mir hier wirklich nicht vorstellen. Für den Cappu musste ich beim Besuch 2017 um 12 Euro hinblättern. Nur mal Gucken. Der Kellner musterte mich von oben bis unten nach dem Motto, ob ich mich verlaufen hätte? Sowas wie Sylt wird Mallorca auch nicht. Fazit = Gott sei Dank.
@ Majorcus"Ob die Insulaner eher armen Pöbel oder Luxus-Gäste bevorzugen?" Man wird wohl kaum diese beiden Gruppen austauschen können. Wo sollen diese vielen Luxus-Gäste herkommen. Die haben im eigenen Land selber genug wirtschaftliche Probleme.
@Stefan Meier: Möglicherweise sind Sie mit Ihrer Überlegung mit der regionalen Alkoholsteuer der Vordenkern der Insel weit voraus - was wäre, wenn man den Akohol so hoch besteiern würde, dass hiermit doppelt so viel geld eingenommen werden könnte, wie mir der Tourismusabgabe - das eine erschweren, das andere vergünstigen ... @Roland: Ob die Insulaner eher armen Pöbel oder Luxus-Gäste bevorzugen? @Schüssler: Wenn Sie so gesundheitsbewusst sind, dann wird Sie sicher folgendes interessieren: „Die Bundesregierung warnt die Deutschen vor einer höheren Ansteckungsgefahr im Sommerurlaub. Den Bürgern wird abgeraten, überhaupt zu verreisen“ Quelle: www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundesregierung-raet-besser-gar-nicht-in-den-urlaub-fahren-16846054.html „So gross ist das Ansteckungsrisiko im Flugzeug wirklich“ www.nzz.ch/wissenschaft/coronavirus-so-gross-ist-das-ansteckungsrisiko-beim-fliegen-ld.1564003 @Thomas: Sie haben nicht zu viel getunken - sie leben doch noch ... Zustimmung zu Ihrer verantwotungsvollen, die Existenzgrunlage Ihrer Kinder & Enkel sichernden Entscheidung, weniger Flugreisen zu unternehmen. Unite behind the science!
@Stefan Meier: Verloren für Spanien? Was für ein Blödsinn. Und es sind niemals mehr Festlandspanier nach Mallorca gekommen als in 2018 und 2019, nämlich je rund zwei Millionen. Vielleicht kennen Sie einfach nur die falschen Leute... .
Selten eine so schlechte Zusammenfassung einer Titelgeschichte gelesen. Wenn man nur einen Hauch von journalistischen Abläufen (schreiben, drucken, ausliefern) hat, dann weiß man einfach, daß man dynamische Entwicklungen nicht bis zur letzten Sekunde vor dem Kauf des Magazins darstellen kann. Es kann nur eine Momentaufnahme sein, die wenige Tage vor dem Verkauf die Realität darstellt. Und das hat der Spiegelartikel m.E. ganz gut gemacht. Vielleicht hätte man auch diese Unterschrift eines Kommentars zitieren sollen: "Mallorca ohne Massentourismus ist ein Paradies. Doch wenn man den Mallorquinern einen Gefallen tun will, bucht man sich einen Flug und ruiniert es.". Ich glaube, das trifft es auf dem Punkt.
Der aktuelle Spiegel bringt es auf den Punkt. Der „Sauftourismus“ der letzten Jahrzehnte in der sogenannten „Schinken- und Bierstraße“ ist einfach nicht mehr erwünscht, und ja, auch ich habe jahrzehntelang dazugehört. Auch ich habe gegrölt, viel zu viel getrunken, und mich einfach nur daneben benommen. In den letzten Jahren habe ich viele zig 60- 70-jährige gesehen, die sich alle so wie ich, dafür schämen müssten, und es am Ende auch tun. Heute benehmen wir uns vernünftig, träumen aber - trotz aller Sünden - ab und zu noch mal von früher. Der Rigorismus der Ablehnung dieses Tourismus trifft mich trotzdem, obwohl ich längst nicht mehr davon betroffen bin. Heute Abend haben wir in unserem 27-köpfigen Gruppe beschlossen, wir fahren nicht mehr nach „Malle“. Es flossen sogar Tränen, aber am Ende habe es alle eingesehen. Wir sind nicht mehr erwünscht, und als Gäste haben wir das zu akzeptieren.
Geisterinsel? Wir waren heute, Samstag, an der Playa de Palma am Strand. Was hier abläuft, glaubt man nicht: da laufen in Massen die Strassenhändler am Stand entlang, ohne irgend ein Abstand zu den Liegenden. So aufdringlich wie früher. Alle natürlich ohne Maske. Dann rotten sie sich in Gruppen zusammen und verteilen sich wieder. Wenn diese, so wie die Mitarbeiter in Deutschland in den Schlachthöfen, auch so eng beieinander wohnen, verbreitet sich der Virus zwischen Residenten und Urlaubern schneller, als es jemals war. Die Massagefrauen sind auch schon unterwegs. Wie kann das sein? Illegale Händler, die gar nicht am Strand sein dürfen, laufen in Massen am Strand herum ohne Beachtung der Hygienregeln? Polizei? Keine anwesend. Auch nicht auf den Straßen. Schade, mein Vertrauen in Mallorca ist dahin!
Genau das ist die Kernaussage: „Es ist ein romantischer Gedanke, dass Mallorca ohne den Massentourismus eine Chance hätte, eine Zukunft. Wie teuer müsste Ökotourismus sein, damit die Insel davon leben kann? Und wer soll ihn bezahlen? Sicher nicht jene Gäste, die in der Vergangenheit die Insel belebt haben.“
Letztlich sind Mallorca und Ibiza für Spanien eh verloren. Ich kenne niemanden vom Festland, der dort in den letzten Jahren Urlaub gemacht hat. Sollens halt daraus machen, was die wollen. Hauptsache es bringt ordentlich Kohle. Ordentlich Tourismusabgabe, Alkoholsteuer, Tabaksteuer. Alles verdoppeln. Die Deutschen habens doch.