Die Sonne scheint, ihre Strahlen lassen die gekräuselte Oberfläche des Meeres aufblitzen, der Sand am kleinen Hafenstrand von Colònia de Sant Jordi strahlt tatsächlich karibisch weiß, das Thermometer zeigt 17 Grad an, nicht schlecht für einen Morgen Anfang März. Wer will da nicht die Wahl haben zwischen 18 Strandliegen unter neun strohgedeckten Sonnenschirmen? Noch dazu komplett gratis.
Zugegeben, es ist ein Novum auf der Insel. Es dürfte sich um die ersten Strandliegen auf ganz Mallorca handeln, die in diesem Jahr aufgestellt wurden. Die kleine Küstengemeinde mit Panoramablick auf die vorgelagerte Felseninsel von Cabrera hat das Playa-Mobiliar bereits Anfang Februar aus dem Lager geholt und auf den Sand der Playa Es Port beim Hafen postieren lassen. Gut einen ganzen Monat früher als sonst.
Zum Vergleich: In Peguera, einer besonders bei deutschen Urlaubern beliebten Tourismus-Hochburg werden die Liegen in der Regel nicht vor April oder Mai installiert, auch an der Playa de Palma sind noch keine aufgestellt. Allerdings hatte man in diesem Winter die Strohhütchen der Sonnenschirme auf den Höhen zwischen den Balnearios vier bis 15 erstmals gar nicht erst eingemottet, sondern stehen lassen. Und in Cala Rajada? Vergangene Woche zumindest noch Fehlanzeige.
Einzig an zwei kleinen, aber auch wegen ihrer gastronomischen Angebote beliebten Stränden der Gemeinde Calvià - an der Playa de Na Comtessa (Illetes) sowie an der Playa del Oratori in Portals - wurden Ende Februar die ersten Schirme und Liegen hervorgekramt, um ein sommerliches Zeichen gegen den Winterblues zu setzen. Auch in Magaluf und Palmanova solle die Strandsaison früher als sonst beginnen, sagt Calviàs Tourismusdezernent Antonio García.
Wie kommt es aber, dass ausgerechnet in Colònia de Sant Jordi bereits so frühzeitig beschirmte Liegen vorzufinden sind? "Schon jetzt gibt es mitunter Tage, an denen die Sonne warm scheint. Falls sich dann jemand an den Strand legen möchte, hat er dazu nun die Möglichkeit", sagt Pau Bonet, Präsident des lokalen Hotelverbandes. Liegen und Schirme am Strand, so der versierte Unternehmer, kreieren eben ein besonderes Ambiente. "Und ohne dieses Ambiente geht die Tourismus-Formel nicht auf."
Optisch hat die Gemeinde also - zumindest an einem ihrer vier Strände - die neue Saison bereits eröffnet. Auch einige Hotels in Colònia de Sant Jordi haben nach der Winterpause den Betrieb bereits wieder aufgenommen.
Was ist der Grund? Liegt es daran, dass für Mallorca aufgrund der hohen Nachfrage in diesem Jahr ein Rekord-Sommer prognostiziert wird? "Nein", sagt Bonet und verweist auf die seit mehreren Jahren andauernden Bemühungen der örtlichen Hoteliers, die Saison "Stück für Stück" zu verlängern, ihren Beginn vorzuziehen. "Dass wir dieses Jahr so früh sind, ist das Ergebnis unserer kontinuierlichen Bemühungen."
Jahrelang hat nach Bonets Worten die Saison in dem Küstenort lediglich sechs Monate gedauert, von Mai bis Ende Oktober. "Uns war klar, dass wir mit dem Standardprogramm Sonne und Strand keine Gäste in der kühlen Jahreszeit anlocken konnten." Was also musste geschehen? Ein halbes Dutzend Hotels verschrieben sich der Modernisierung der Unterkünfte, investierten in Heizungen und Hallenbäder, Saunas, Wellness- und Fitnessbereiche, Sportgeräte. Die organisierten Hoteliers entwickelten zudem ein umfangreiches Komplementärprogramm, schufen Wanderrouten und Wanderkarten, Rundgänge zu archäologischen Stätten oder auf den Spuren von Flora und Fauna, erschlossen Küsten-, Feld- und Waldwege, wiesen Radwege in dem Urlaubsgebiet aus. Die Vorhaben dienten nur einem Ziel: die Abhängigkeit von den Sommermonaten zu verringern.
Pau Bonet machte sich einen Namen, als die Balearen-Regierung aus Spargründen um 2012 das Cabrera-Museum samt Meeresaquarium in dem Ort schließen wollte. Der Hotelierspräsident protestierte, suchte Verbündete und mobilisierte die Gemeinde Ses Salines, zu der Colònia de Sant Jordi gehört, um den Betrieb der Einrichtung in Eigenregie zu übernehmen. "Wir haben das Zentrum geöffnet halten können, und heute läuft es dort besser als vorher", sagt Bonet zufrieden. Das Haus sei nicht nur ein Magnet für Besucher. In seinen Räumen finden im Winter auch Konzerte und Filmvorführungen für Anwohner und Urlaubsgäste statt.
Auch in Sachen Sport gingen Bonet, der Mehrheitsaktionär des Vier-Sterne-Hotels Blau Colònia Sant Jordi ist, sowie seine Kollegen neue Wege: Sie setzten auf Radsportler, die im Winter gerne auf Mallorca trainieren, weil in ihrer Heimat Regen, Schnee und Eis die Straßen unsicher machen. Später kamen Angebote für Triathleten hinzu. "Der erste Mallorca Olympic Triathlon startete vor sechs Jahren mit 100 Teilnehmern, jetzt, für den 23. April, sind bereits über 700 Triathleten angemeldet."
Solche Teilnehmerzahlen samt Begleitpersonen füllen die Betten der örtlichen Hotels außerhalb der Sommermonate. Bonet setzt neben Radlern und Läufern auf Wassersportler. Auf einem Grundstück, das ihm gehört, ließ der Verbandspräsident vor fünf Jahren ein Schwimmbecken in olympischer Normgröße bauen, um Profi- und Eliteschwimmer zu Trainingscamps anzulocken. "Es ist ein beheizter Pool, aber unter freiem Himmel. Genau wie ihn Sportler lieben." Geleitet wird das Best Swim Center von den ehemaligen britischen Olympioniken James Parrack und Matthew O'Connor. Trainiert haben dort, insbesondere in den Wintermonaten, diverse Schwimmverbände aus Europa, Australien, Neuseeland. Ein deutscher Schwimmverband schloss jüngst einen Drei-Jahres-Vertrag ab.
Doch damit nicht genug: Bonet will auch den Sportplatz von Colònia de Sant Jordi wintertauglich umbauen. Für Triathleten entstehen Trainingsplätze, das Fußballfeld erhält Kunstrasen. Modernste Standards sollen gerade in der frischen Jahreszeit Profiteams zu Trainingslagern anreisen lassen. Die Eröffnung ist für Januar 2017 geplant. Das werde die Belegung der Hotelbetten weiter erhöhen.
"So ist es uns gelungen, die traditionelle Sommersaison von sechs Monaten Schritt für Schritt auseinanderzuziehen. Wir sind dabei, auf fast neun Monate zu kommen - von Mitte Februar bis Anfang November."
Pablo Bonets Endziel ist es jedoch, Colònia zu einer Zehn-Monats-Destination zu machen. Dann wären die Hotels nur noch im Dezember und Januar geschlossen. Das sei auch sinnvoll, um Zeit für Renovierungsarbeiten zu haben. "Und auch die Belegschaft kann dann selbst Urlaub machen."
(aus MM 11/2016)
1 Kommentar
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Moin aus Hamburg, das sind sehr positive Entwicklungen ein Lob an die aktiven Hoteliers. Aber ein Problen wird nicht erwähnt. Wir fahre auch gerne an den Strand von d'es Trenc. Sind die Parkplatzprobleme dort schon gelöst? Beste Grüße aus Hamburg G. Kerrinnes