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Er ist kinderreich. 1700 Töchter schart Montserrat Pons auf Mallorca um sich. Und zwei Söhne. Die sind dafür aus Fleisch und Blut und helfen ihm, die generell anspruchslosen Töchter zu betreuen. Diese mögen Sonne, Wärme und gut geharkte Erde.

In der Finca Son Mut Nou bei Llucmajor befindet sich das "Camp d'experimentació", das laut Montserrat weltweit größte Forschungszentrum zum Thema Feige. Der Feigenbaum ist im Spanischen weiblich, die Feige männlich. "La higuera, la higuera", korrigiert er beharrlich. Dort, auf 130 Hektar, einer Fläche so groß wie zirka 240 Fußballfelder, wachsen sie. Seine Töchter.

Der 57-Jährige ist nervös. Die elektrischen Kabel sollen tief in die Erde zu seiner Finca zwischen den Feigen- und Mandelbäumen gelegt werden. Der gesamte Weg zum Haus ist aufgebuddelt. Er manövriert den schweren Wagen über die Piste, vorbei am grün und gelb gestreiften "Damenhals", der "Coll de Dama Rimada", der "Reina" - der Königin, der süßen und über 100 Jahre alten Martinenca. Hier hält er an und steigt aus. Man sieht dem Baum sein Alter an. Die Zweige auf der einen Seite sind kahl und trocken. Die Früchte hängen schwer an den blätterlosen Ästen. Montserrat pflückt eine Frucht: Das Fruchtfleisch ist rosig, weich und süß. "Je älter, desto besser ist die Frucht", sagt er.

Im ersten Jahr werden die Bäumchen noch gehegt und gepflegt. "Wie ein Baby", erklärt der Mann mit dem Schnauzer. Danach müssen sie weitgehend alleine klar kommen. Ab dem dritten Jahr tragen die Bäume Früchte, mit zehn Jahren sind sie reif und ihre Hoch-Zeit haben sie zwischen 40 und 80 Jahren.

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Montserrat Pons ist im wirklichen Leben Pharmazeut. Pülverchen, Extrakte, gerade aus Pflanzen, faszinieren ihn. Die Feige, seit jeher mit den Themen Erotik und Scham verknüpft, ist für ihn die sinnliche Frucht schlechthin. Der Apotheker erklärt lachend, warum sich Eva mit einem Feigen- statt zum Beispiel einem Apfelbaumblatt bedeckt hielt. "Ein Blatt des Apfelbaums hätte höchstens für eine Brustwarze gereicht."

Als Ur-Mallorquiner möchte er die hiesige Sortenvielfalt erhalten und bedrohte Varianten schützen. Darum pflanzt, fotografiert und katalogisiert er seit 1995 akribisch die paarweise gepflanzten Feigenbaumsorten; fast 700 Arten kultiviert er. Ein mehrere Hundert Seiten starker Wälzer ist das Ergebnis und Herzstück seiner wissenschaftlichen Arbeit. Gewicht, Farbe, Besonderheiten - alles hält er fest.

Die mikrobiologische Ebene interessiert ihn nur am Rande. Zwar schicken sie die Ableger in das Forschungszentrum nach Badajoz, wo der genetische Pflanzencode aufgeschlüsselt und für die Nachwelt festgehalten wird, doch ihm geht es vor allem um den realen Erhalt der Bäume. Von den fast 1000 Sorten weltweit ist mehr als die Hälfte bedroht.

Statt der sonst üblichen zwei Bäume pflanzt er vier oder fünf der bedrohten Sorten an. Ein Ableger geht an andere Forschungszentren in Spanien und den USA. "Das ist wie eine Fotokopie", erklärt er. Zusätzlich hält Montserrat Vorträge für alle, die das Thema interessiert. "Wissenschaftler, Seniorengruppen, Schulklassen, alle möglichen Leute kommen."

Der Markt für frische Feigen ist klein. "Die Leute gehen beim Kauf vor allem nach dem Aussehen", bedauert der Feigenliebhaber. Beliebt sind Feigenbrot, eingelegte Feigen in Rum, frische Marmelade oder sogar Feigen-Schampus. Diese Merchandising-Produkte köchelt seine Frau in der Finca-Küche. Aber auch mit mallorquinischem Hartkäse oder mit Honig und im Speckmantel und Ziegenkäse läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Direkt vom Baum in den Mund ist und bleibt aber die Königsdisziplin.