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Bei den Paralympischen Winterspielen im russischen Sotschi vom 7. bis zum 16. März gehört sie im Riesenslalom und Slalom zu den Favoritinnen auf einen Medaillenrang. Úrsula Pueyo aus Esporles ist eine der besten Skifahrerinnen ihrer Klasse, obwohl ihr seit einem Unfall vor 15 Jahren das rechte Bein fehlt und die meisten ihrer Konkurrentinnen noch beide Beine haben. Ihnen fehlt oftmals "nur" eine Hand oder einige Finger.

Die Mallorquinerin hat noch mit weiteren Nachteilen zu kämpfen: Ihr Sportverband, die Spanische Vereinigung für Menschen mit Behinderungen, FEDDF, ist finanziell chronisch klamm, ist im Gegensatz zu den meisten anderen Föderationen ein Einzelverband, bekommt nicht einmal die Ausrüstung von Spaniens Olympiateam. Von Úrsulas zehn Rennen in diesem Jahr finanziert der Verband drei. Die meisten Reisen bezahlt sie selbst von ihrem Ersparten oder mit Hilfe ihrer Familie, ob nach Kanada oder nach Australien. Auch am Freitag fährt sie auf eigene Kosten mit einem Lieferwagen zum Weltcup nach St. Moritz. Mittlerweile hat sie einen Sponsor, sucht aber noch weitere.

Pueyo ist nicht nur die einzige Mallorquinerin, sie ist auch die einzige Frau im spanischen Team. Die Geschichte der 30-jährigen Esporlerin ist nicht nur deshalb eine besondere. "Im Jahr 2004 habe ich zum ersten Mal Schnee gesehen, 2005 stand ich zum ersten Mal auf einem Ski", erzählt sie. Die ersten fünf Tage habe sie komplett auf dem Hosenboden verbracht, erzählt sie. Der Schwierigkeitsgrad war für sie ungleich größer als für die meisten Anfänger: Schon damals hatte sie nur noch ein Bein.

Sieben Jahre zuvor hatte die begeisterte Volleyballspielerin einen schweren Unfall mit ihrem Motorroller gehabt. In Establiments hatte ein Auto einen Bus überholt und erfasste die damals 15-Jährige auf ihrem Motorroller frontal. Schwer verletzt wurde ihr in einer Notoperation das rechte Bein bis zum Hüftknochen entfernt. Angst vor dem Straßenverkehr hat sie deshalb aber nicht. "Ich habe schon ein großes Handicap, wenn ich mich jetzt noch mehr einschränke, indem ich mich vor Autos fürchte, dann hätte ich noch ein Problem mehr." Statt Motorroller fährt sie jetzt eben Quad.

Úrsual Pueyo mag es, neue Dinge auszuprobieren. Schon bei ihrem ersten Kontakt mit dem Skisport merkte sie schnell, dass es ihre Leidenschaft werden würde. Sie zog in die Sierra Nevada und trainierte hart und mit Erfolg: 2007 wurde sie in die spanische Nationalmannschaft aufgenommen. Zwei Jahre später gewann Pueyo bei dem ersten Paralympischen Weltcup in Schweden drei Mal Silber und einmal Bronze.

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Sie fährt auf exakt denselben Strecken wie alle Profi-Skifahrer, schafft im Riesenslalom Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 80 Studenkilometern. Stürze gehören dazu, eine Verletzung habe sie sich aber noch nie zugezogen, sagt sie. Statt zweier Stöcke hat sie jeweils einen so genannten Stabilisator in der Hand, die aussehen wie Stöcke mit Miniskiern. Die werden jedoch möglichst selten eingesetzt. "Je länger Du Dich auf Ihnen abstützt, umso mehr reibst du auf dem Untergrund und desto langsamer wirst Du", erkärt sie.

Trotz finanzieller Einschränkungen rechnet sich die Mallorquinerin einiges für Sotschi aus: "Die ersten beiden, eine Deutsche und eine Französin sind unerreichbar", sagt sie. "Der dritte Platz wird schwierig, aber ich kann es schaffen." Aus Geldmangel konnte sie bislang die Olympia-Pisten noch nicht in Augenschein nehmen. "Es ist dort sehr warm, vor allem im März, wenn wir dort starten, dann herscht dort Frühling", sagt sie. Der voraussichtlich weiche Schnee komme ihr aber entgegen, dann müsse sie in den Kurven nicht so viel Druck ausüben, denn das sei mit einem Bein schwieriger.

Ihre körperlichen Einschränkungen sieht Pueyo eher als Herausforderung, von Behinderung will sie nicht sprechen. "Ein Mädchen in meinem Alter, das 90 Kilogramm wiegt, ist sicherlich auch behindert und körperlich eingeschränkt, vielleicht auch psychisch, weil sie gehemmt ist." Pueyo sieht auch, dass sich Behinderte manchmal selbst ausschließen, indem sie auf eine besondere Behandlung pochen. "Ich bin absolut dagegen, sich zu einem Opfer zu machen", sagt sie. Ihre eigene Leistung sieht sie lieber als Normalität an. "Es gibt viele Helden, von denen niemand etwas weiß und die sich nicht in den Vordergrund stellen. Vor denen habe ich am meisten Achtung."

 

(aus MM 5/2014)