Alberto Contador (l.) einen Tag vor der Urteilsverkündung in Palma mit Balearenpremier Bauzá und dem amtierenden Tour-Sieger Cadel Evans (r.). | Foto: T. Ayuga

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Andy Schleck wirkt etwas gehetzt, als er den improvisierten Presseraum des Iberostar-Hotels Playa de Muro verlässt. Freude sieht bei einem frisch gekürten Tour-de-France-Sieger anders aus.

Möglicherweise liegt es an den Umständen. Andy Schleck hat nicht die Frankreichrundfahrt in Paris als Sieger beendet. Er befindet sich gerade auf Mallorca und hat wie der Rest der Welt das Urteil erfahren, dass ihn zum virtuellen Sieger der Tour de France 2010 macht und seinen damaligen Bezwinger Alberto Contador zu einem Dopingsünder.

„Es tut mir leid für Alberto, ich habe immer an seine Unschuld geglaubt und gesagt, egal was die CAS (Internationaler Sportgerichtshof, d. Red.) entscheidet, er wird es akzeptieren", sagte Schleck vor Reportern aus aller Welt, um hinzuzufügen: „Ich bin 26 Jahre alt und habe eine Zukunft vor mir. Ich will zeigen, dass ich die Tour de France auch sportlich gewinnen kann, und das ist mein Ziel für 2012."

Schlecks fünf Jahre älterer Bruder Fränk, im vergangenen Jahr Dritter der Tour de France, hinter Sieger Cadel Evans und seinem Bruder Andy, taucht erst gar nicht in der Hotellounge auf. „Es gibt ein Problem", sagt Kim Andersen am Telefon. Der Pressesprecher des amerikanischen Teams Radioshack Nissan Trek wollte Fränk zu einem Interview mit MM entsenden. Jetzt fürchtet er, ihn den Journalisten in der Lounge auszusetzen.

Die einzige Möglichkeit: Ein Interview vor dem Hotelzimmer, ohne eine Frage zu Contador. „Sonst ist das Gespräch zu Ende", versichert der Pressesprecher des Teams, das als Favorit auf den diesjährigen Tour-Gesamtsieg gilt. Man spürt im Hotel förmlich die Furcht vor einer Kettenreaktion nach Contador, die den Radsport weiter in den Abgrund reißen könnte.

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Die Situation ist also einigermaßen skurril, mit einem recht gut gelaunten Fränk Schleck in einem abgeschiedenen Winkel des Mannschaftshotels zu plaudern. Man tut eben so, als fände das Gespräch einen Tag vor der Bekanntgabe des Urteils statt.

„Ich war hier schon vier Mal auf der Insel, das Rennen ist immer super, und normalerweise ist das Wetter auch gut", sagt er lachend. Dieses Mal sei es sehr kalt am ersten Tag gewesen.

„Die Tour de France wollen wir dieses Jahr gewinnen, und am Ende des Jahres die Weltmeisterschaft in Holland", sagt Schleck. Und über die Rivalität zu seinem Bruder:„Wir stehen in Konkurrenz, aber wir fahren zusammen, jeder gibt für den anderen alles. Mal ist er besser, mal ich. Wir sind Zweiter und Dritter der Tour geworden, da gibt es doch keinen Grund für Neid. Aber auch ich will die Tour gewinnen, wenn das möglich ist."

Über sein mit Stars gespicktes Team: „Wir haben ein Luxus-Problem. Klödi (Andreas Klöden, d.Red.) war schon Tour-Zweiter und ist ein sehr guter Zeitfahrer und Kletterer. Es ist egal, wen wir opfern müssen, Klöden, Andy oder mich, Hauptsache, wir gewinnen die Tour."

Über den deutschen Jens Voigt, 40, und seine vermutlich letzte Tour de France: „Sagt wer? Er? Das glaube ich nicht. Er hat so viel Erfahrung und so viel Power. Er ist eine Seele des Teams, er ist wahnsinnig wichtig." Und muss jetzt sicher Einiges an Beruhigungsarbeit unter den jungen Fahrern leisten.

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