Die Ukraine und Mallorca sind über 3500 Kilometer voneinander entfernt. Derzeit rücken sie jedoch näher denn je. So leben auf den Balearen nach Schätzungen des ukrainischen Heimatverbandes etwa 3000 Landsleute auf den Inseln. Sie alle blicken in diesen Tagen mit verständlicher Besorgnis in Richtung Vaterland, an dessen Süd- und Ostgrenze die russische Regierung seit Wochen ein gewaltiges Manöverkontingent an Soldaten, Panzern, Raketen, Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen auf- und abmarschieren lässt. Ein bevorstehender Einmarsch Russlands in die Ukraine ist weiterhin nicht ausgeschlossen.
„Sollte Putin es tatsächlich wagen, unser Land anzugreifen, wird viel Blut fließen”, glaubt Jurij Zubko, Präsident des ukrainischen Heimatverbandes auf Mallorca, der Ende Januar der Reporterin Angie Ramón von der MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora” zusammen mit anderen Landsleuten Rede und Antwort stand. Seiner Meinung nach habe der jetzt erneut aufflammende Konflikt zwischen Russland und der Ukraine historische Wurzeln. „Russland ist ein sehr großes Land, aber es hat keine eigene Geschichte. Deren Ursprung liegt vielmehr in der heutigen ukrainischen Hauptstadt Kiev. Aus diesem Grund sucht Putin weiterhin, und trotz vollzogener Annektierung der Krim vor acht Jahren, nach Gründen, sich unser ganzes Land einzuverleiben”, sagt Zubko.
Für die ebenfalls dem Heimatverband angehörige Halyna Milyan ist die gegenwärtige Kriegsgefahr in ihrem Heimatland fast schon Normalzustand. „Unsere Freunde und Verwandten in der Ukraine haben sich im Laufe der vergangenen Jahre an diesen Zustand gewöhnt”, sagt sie. Dennoch glaubt Milyan nicht, dass es zu einem Einmarsch der Russen kommen wird. „Putin will mit dem Manöver nur Angst machen und Zugeständnisse vom Westen einfordern”. Der auf der Insel ansässige Ukrainer Bogdan Tsupryk hält eine militärische Auseinandersetzung zwischen Russland und seinem Heimatland ebenfalls für unwahrscheinlich. „Das russische Militär ist längst nicht mehr so stark wie bei der Besetzung der Krim. Einen Krieg mit der Ukraine kann Putin nicht gewinnen.”
Maria Slawin, die nicht dem Heimatverband angehört, aber bereits seit 17 Jahren auf Mallorca lebt und arbeitet, glaubt, dass eine Verschlimmerung der derzeitigen Ukraine-Krise negative wirtschaftliche Folgen für ganz Europa nach sich ziehen wird. „Die Ukraine ist hinsichtlich ihrer Erdgasvorkommen und anderer Bodenschätze von größter wirtschaftlicher Bedeutung. Sollte sie von Russland annektiert werden, könnte das für Westeuropa verheerende Folgen haben”, glaubt Slawin.
Derweilen hat sich die Lage an der Süd- und Ostgrenze der Ukraine angesichts des dort weiter bestehenden Aufgebots russischer Truppen nicht entschärft. Bereits am Samstag (12.2.) hatte die spanische Regierung die eigenen Staatsangehörigen aufgerufen, das osteuropäische Land zu verlassen. Und die Pilotenvereinigung Cockpit empfahl ihren Mitgliedern am Mittwoch (16.2.), jegliche Flüge in oder über der Spannungsregionen im Osten der Ukraine aufgrund der kritischen Lage weiträumig zu meiden.
(aus MM 8/2022)
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