Leichtbekleidete Urlauber im Stadtzentrum von Palma. | Foto: Archiv Ultima Hora

TW
6

Der Stadtrat von Palma hat die seit 2011 debattierte städtische "Verordnung für korrektes Verhalten" am Montagabend mit der konservativen Mehrheit gegen die Stimmen der Opposition endgültig verabschiedet. Das Regelwerk soll durch eine Vielzahl von Verboten das Zusammenlleben im öffentlichen Raum in Palma neu regeln. Verboten sind künftig etwa Spucken auf der Straße, Flanieren mit nacktem Oberkörper oder in Badebekleidung, aggressives Betteln, Sex mit Prostituierten im Freien...

Auch in Deutschland hatte die Verabschiedung der Verordnung für reges Medieninteresse im Vorfeld gesorgt, etwa wegen des Verbotes der Nacktheit im Stadtbild. Ausgenommen sind Strandpromenaden und Straßen, die direkt an die Strände hinführen. Untersagt sind künftig auch Saufgelage auf öffentlichen Wegen, Plätzen und Stränden sowie das Verschmutzen von Bürgersteigen durch Abfälle, Kaugummis oder Notdurft.

Die verabschiedete Verordnung soll noch im Mai mit ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten. Die Umsetzung der Strafen solle allerdings sanft und schonend nach einer vorhergehenden Info-Phase erfolgen. An der Tourismusmeile Playa de Palma werden die Gebühren erst von Juli an erhoben, nach einer Aufklärungsfrist im Juni. Im Stadtgebiet von Palma erfolgt die Ahndung von Vergehen erst zum Ende des Sommers, berichtet das spanische MM-Schwesterblatt "Ultima Hora" (UH).

Die Stadtratssitzung zur Verabschiedung der sogenannten "Ordenanza cívica" verlief alles andere als zivilisiert, kommentierte die UH-Reporterin Alicia Mateos. Immer wieder musste Oberbürgermeister Mateo Isern die Stadträte zur Ordnung rufen und persönliche Beleidigungen zwischen den einzelnen Lokalpolitikern der verschiedenen Parteien unterbinden.

Die sozialistische Ex-Bürgermeisterin Aina Calvo nannte die Verordnung "antisozial und unterdrückend". Es werden viel rascher Verbote ausgesprochen als Hilfsprogramme angezeigt. Hinzu komme, dass es in Palma 23 städtische Verordnungen gebe, die diverse Bereiche des Zusammenlebens bereits regelten, aber letztlich nicht umgesetzt und geahndet werden. Die grüne Linksregionalisten von Més bezeichneten die Verordnung als einen Schritt zurück in den Franco-Zeit.

Palmas Tourismusdezernent Álvaro Gijón verteidigte die neue Verordnung als Notwendigkeit. Er erinnerte daran, dass sie Ende 2011 auch von den Sozialisten mit auf den Weg gebracht worden war. Das Rathaus müsse sich jedes Jahr mit 15.000 Beschwerden beschäftigen, die aufgrund von Belästigungen im öffentlichen Zusammenleben angeziegt werden.

Die Regelungen der neuen Verordnung schreiben unter anderem vor:   

Badebekleidung
Wer  in Zukunft mit freiem Oberkörper oder im Badeanzug durch Palma flaniert, muss sich auf eine Geldbuße gefasst machen. Das Verbot gilt auch im öffentlichen Nahverkehr,  nicht jedoch an Strandpromenaden und Straßen, die zu den Stränden führen. Ein Verstoß wird mit 50 bis 200 Euro bestraft.

Alkoholkonsum
Gegen Saufgelage unter freiem Himmel will die Stadt mit harten Bandagen kämpfen. Das „Eimersaufen” an der Playa de Palma ist damit angezählt. Alkoholkonsum auf den Straßen und am Strand ist bald tabu, jedenfalls in größeren Gruppen und wenn es zu Lärmbelästigungen kommt. Die Getränke werden konfisziert und das Vergehen mit 200 bis 400 Euro geahndet.

Ähnliche Nachrichten

Sauberkeit
Auf die Straße spucken oder urinieren kostet 50 Euro. Ebenso geahndet wird das Ausspucken von Kaugummis,  das Wegwerfen von Zigarettenkippen und das Ausklopfen von Teppichen im öffentlichen Raum. Die Höhe des Bußgeldes beträgt auch hier 50 Euro. Bei einem besonders schweren Fall von Umweltverschmutzung können die Beamten bis zu 200 Euro verhängen.

Betteln
Das sogenannte „aggressive Betteln“ ist den Stadtherren schon lange ein Dorn im Auge. Wer zu nachdrücklich oder unter Androhung von Gewalt um Geld bittet, muss mit einem Bußgeld rechnen. Vor allem, wenn Minderjährige betroffen sind. Scheibenputzen an den Ampeln wird durch das neue Regelwerk verboten. In Fällen „echten Bettelns“ plant die Verwaltung, sofort das Sozialamt einzuschalten. Unter keinen Umständen, so Tourismusdezernent Álvaro Gijón, dürfe die neue Verordnung zulasten der Schwächsten der Gesellschaft gehen.

Tiere
Zur Kasse gebeten werden Hundebesitzer, die den Kot ihrer Vierbeiner nicht beseitigen, allerdings mit deutlich niedrigeren Bußgeldern als in der Vorgängerverordnung. Dort waren noch Strafen bis zu 1500 Euro vorgesehen. In der neuen „Ordenanza Cívica” sind es nur noch 50 bis 200 Euro.

Straßenprostitution
In Zukunft werden nur noch die Freier, nicht mehr die Prostituierten bestraft. Aus dem Gesetzestext wurden sämtliche Formulierungen, die sich auf die Dirnen beziehen, gestrichen. So kann mit 200 bis 400 Euro be-straft werden, wer die Dienste in Anspruch nimmt, nicht aber, wer sie anbietet.

Klimaanlagen
Wer mit Klimaanlagen heizt oder kühlt, sollte darauf achten, dass Nachbarhäuser nicht davon beeinflusst werden. Sinkt oder steigt die Temperatur in angrenzenden Gebäuden aufgrund der Klimaanlage um mehr als drei Grad Celsius, droht eine Geldbuße.

Strandbenutzung
Wer trotz Badeverbot bei roter Flagge im Meer badet, wird um 200 bis 400 Euro „erleichtert”. Glasgefäße sollten besser zu Hause gelassen werden. Am Strand werden sie nicht mehr geduldet.

Schmierereien
Graffiti, Bemalungen und Schmierereien jeglicher Art sollen aus dem öffentlichen Raum verschwinden. Egal ob auf Hauswänden,  Nahverkehrsmitteln oder auf dem Boden. Sprayer und andere „Kreative” zahlen, sofern sie erwischt werden, 200 bis 400 Euro Strafe. Die Schmierfinken können von der Polizei dazu verpflichtet werden, ihr „Werk“ selbst zu beseitigen.

Radfahren
Zweiradfreunde aufgepasst! Radfahren auf dem Gehsteig kostet 50 bis 200 Euro.

Straßenkünstler
Straßenmusiker dürfen in Zukunft nicht mehr unmittelbar vor Geschäften, Denkmälern und historischen Gebäuden musizieren, wenn so der Zugang zu diesen verhindert oder erschwert wird. Außerdem müssen sie sich an die Ruhezeiten halten (22 bis 10 Uhr, in der Altstadt 21 bis 10 Uhr, und 14 bis 17 Uhr). Besonders laute Instrumente sind gänzlich verboten (Schlagzeuge, Trommeln, Trompeten). Aufgrund des heftigen Widerstandes der Straßenkünstler gegen die neue Stadtverordnung wollen sich die Stadtobersten im Sommer mit diesen an einen Tisch setzen und über ein gesondertes Regelwerk diskutieren.